Sagen und Mythen:Fluch der unschuldig Verbrannten

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Arnold IV. von Massenhausen soll seine junge Ehefrau Els und ihren angeblichen Geliebten Engelmar selbst verurteilt und auf den Scheiterhaufen gebracht haben. (Bild: Symbolische Darstellung eines Hexenprozesses im Hexenmuseum in Ringelai. (Foto: dpa)

Seine junge, schöne Frau Els soll Arnold IV. von Massenhausen selbst zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt haben. Ihr Fluch hat sich der Sage nach erfüllt.

Von Alexandra Vettori, Neufahrn

Wo jetzt das Kinderhaus im Neufahrner Ortsteil Massenhausen ist, oben auf dem Berg, in der Mitte des kleinen Dorfes, stand in früheren Jahrhunderten eine Burg. Der Graben ist noch da, in ihm kraxeln die Kinder umher, er gibt der Adresse des Kinderhauses den Namen, "Am Schlossgraben 1". Herrscht heute auch fröhliches Treiben auf dem Burgberg, birgt er doch dunkle Erinnerungen an das Schicksal der früheren Burgherrin, das die Sage von der unschuldig Verbrannten erzählt.

Auch der Neufahrner Ortschronist Helmut Modlmayr ist bei seinen Recherchen zu Massenhausen auf die schöne junge Elisabeth gestoßen. Sie lebte im 14. Jahrhundert, da war Massenhausen schon einige hundert Jahre alt. Erste Dokumente stammen von 887 bis 895, da wird der Wohnsitz Massinhuson erwähnt. Ab Mitte des 12. Jahrhunderts gibt es Aufzeichnungen, wonach der Edle Hruodperht, der Kleriker Willihalm und Wolfolt de Massinhusin als Ahnen der späteren Burgherren der Hofmark Massenhausen gelten. Näheres ist aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts über Arnold I. von Massenhausen bekannt.

Wegen seiner entstellten Gesichtszüge nannte man ihn "den Nasenlosen"

Tragische Berühmtheit aber sollte sein Nachfahre erlangen, Arnold IV., den man wegen der entstellten Gesichtszüge "den Nasenlosen" nannte. Ob ihm die Nase von Geburt an fehlte oder er sie während der vielen Fehden verlor, in die er zeitlebens verwickelt war, haben die Chronisten nicht berichtet. Irgendwann um 1300 jedenfalls übernahm "Arnold der Nasenlose" die Herrschaft im Schloss, genoss großes Ansehen beim Hochstift Freising, war Berater der bayerischen Herzöge, Marschall in Ober- und Niederbayern, sowie Vertrauter des Kaisers Ludwig des Bayern.

Nun trug es sich zu, dass Arnold 1318 eine junge schöne Frau ehelichte, Elisabeth von Greifenberg, in den Chroniken auch "Els, Herrn Ott des Greiffen von Greiffenberg am Amper-See Tochter" genannt. Das Paar bekam einen Sohn mit Namen Wilhelm. Kurz vor dem Jahr 1323 zog ein Vetter von Arnold auf die Burg, Engelmar, weil er nach einem Streit aus dem elterlichen Hause verstoßen wurde und Zuflucht auf der Burg seines Vetters suchte. Arnold von Massenhausen war freilich viel unterwegs, um im Namen des Herzogs Recht zu sprechen und um die vielen Scharmützel im Lande auszutragen. Und weil er der Sage nach ein misstrauischer und aufbrausender Mensch war, unterstellte er auch seiner jungen Frau Untreue.

"Der Nasenlose" unterstellte seiner jungen, hübschen Ehefrau Untreue

Auf die ständigen Vorwürfe hin beteuerte Elisabeth ihre Unschuld immer und immer wieder. Sie bat um Einsicht und Erbarmen, wenn schon nicht ihretwillen, dann wenigstens wegen des Sohnes Wilhelm. Doch in der Wut auf seinen jungen Vetter Engelmar und in der blinden Eifersucht auf seine hübsche Frau ließ sich Arnold nicht von ihrer Unschuld überzeugen. Als Richter und Pfleger zu Kranzberg verurteilte er seine Frau zum Tode. Am 5. Dezember 1323 wurde sie zusammen mit ihrem angeblichen Geliebten Engelmar auf dem Scheiterhaufen oben auf der Burg Kranzberg verbrannt. Bevor sie starb, verfluchte sie das Geschlecht der Massenhauser, dem nie wieder ein Sohn geboren werden sollte.

In der Folge scheint dem Nasenlosen sein Handeln leid getan zu haben. Jedenfalls gilt er als Stifter zahlreicher Kirchen und Kapellen in der Umgebung. Wirklich nachgewiesen sind nur die Elisabeth-Kapelle zu Freising im Dom und die St.-Leonhards-Kapelle zu Dießen am Ammersee. Außerdem hat Arnold die Pfarrkirche zu Massenhausen gestiftet und Klöster mit reichen Schenkungen bedacht, vor allem das Kloster Weihenstephan.

Der Fluch der unschuldig gestorbenen Els ging in Erfüllung

Der Sage nach soll Arnold in Weng, ebenso wie in Inhausen und Johanneck je eine Kirche als Sühnebau errichtet haben, angeblich überall dort, wo sein Schimmel einen Kniefall gemacht hat. In Inhausen gibt es dazu die Sage "Der Schimmel gab ihm das Zeichen." Tatsächlich gibt es Zweifel an der Version, auch wenn die drei Kirchen vom selben Typus sind und in einer Geraden stehen. Das Ende des nasenlosen Arnolds von Massenhausen entbehrt jedenfalls nicht der Tragik. Am zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1364 wurde er bei der Schleifung der Burg Arnbach im "Gew" (Gäu) bei Schrobenhausen von den einstürzenden und brennenden Trümmern getroffen und verbrannte bei lebendigem Leibe.

Darüberhinaus ging auch der Fluch der unschuldig gestorbenen Els der Sage nach in Erfüllung. Ihr Sohn Wilhelm von Massenhausen, der sich zuerst mit der Gräfin Petrisse von Preysing und nach deren Tod mit Agnes Ecker vermählt hatte, starb kinderlos. Die Söhne seines Onkels und dessen Bruder starben ohne Nachkommen, die jüngeren Brüder Arnolds des Nasenlosen hatten nur Töchter und die beiden letzten Brüder waren Domherren.

Starb Elisabeth stattdessen bei einem häuslichen Unfall?

Ob das alles wirklich so war, wie es die Sage erzählt, bezweifelt Heimatforscher Ernst Keller, der im Nachbarort Fürholzen wirkt. Immer wieder ist er auf die Geschichte von Arnold dem Nasenlosen und seiner armen Frau gestoßen, die 1842 in den vaterländischen Geschichten des oberbayerischen Archivs veröffentlicht wurde. Er hat sich die Urkunden rund um die Geschichte angesehen und ist zu dem Schluss gekommen, "die Geschichte muss anders gewesen sein." Denn Keller hat einen Schriftverkehr gefunden zwischen Arnold IV und dem Grafen Otto von Greifenberg, dem Vater von Elisabeth, der aus der Zeit nach dem Tod Elisabeths stammt. Darin seien Höflichkeiten ausgetauscht worden, erzählt Keller.

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"Da habe ich mich schon gefragt, warum schreibt der so positiv über Arnold, wenn der seine Tochter verbrannt hat", so Keller. Irgendwann werde er der Sache auf den Grund gehen, "weil es interessiert mich, was wirklich war." Auch der Kranzberger Pfarrer Anton Erber, der vor zehn Jahren eine Chronik geschrieben hat, zweifelt: "Es gibt keinen Beleg für die Verbrennung. Wahrscheinlich ist Elisabeth bei einem häuslichen Unfall verbrannt und weil Arnold ein Raubritter war, hat man ihm das angedichtet."

Das Kinderhaus, das heute an der Stelle der Burg Massenhausen steht, trägt den Namen St. Elisabeth, allerdings nicht nach der armen Els, sondern nach der Heiligen Elisabeth von Thüringen. Diakon Roland Hofmeister erinnert sich aber daran, dass der frühere Pfarrer von Massenhausen den Namen sehr wohl in Anlehnung an die einstige Schlossherrin wählte. Weil sich eine Heilige aber besser als Namenspatronin für eine christliche Einrichtung macht, wählte man Elisabeth von Thüringen. Die hatte auch Ärger mit ihrem gestrengen Ehemann, weil sie den Armen heimlich Brot gab. Als der Gemahl einmal ihren Korb kontrollierte, hatte sich das Brot wundersamerweise in Rosen verwandelt.

© SZ vom 05.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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