Prozess um Drogenhandel in Freisinger Studentenheim:Sachverständige empfehlen Unterbringung

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Die drei Angeklagten sind laut Gutachten selbst abhängig und therapiebedürftig. Das Verfahren gegen eine Mitangeklagte wird eingestellt.

Von Alexander Kappen, Landshut/Freising

Im Prozess gegen drei Männer, die mit Hilfe von zwei als Rauschgift-Depots genutzten Appartements in einem Studentenwohnheim in Freising einen Drogenhandel im großen Stil betrieben haben sollen, ist am Freitag am Landshuter Landgericht eine der Beihilfe beschuldigte Frau von der Anklagebank entlassen worden. Der 53-Jährigen, Mutter von einem der Angeklagten, war vorgeworfen worden, Bargeld aus dem Drogenhandel bei einer Bank eingezahlt und dann mittels Überweisungen wissentlich "gewaschen" zu haben. Vorsitzender Richter Andreas Wiedemann verkündete nun, dass das Verfahren gegen die Frau aus Ismaning gegen eine Geldauflage in Höhe von 7500 Euro vorläufig eingestellt wird.

Derweil legten am Freitag drei Sachverständige ihre Gutachten über eine mögliche Drogensucht der drei geständigen Angeklagten im Alter von 28, 30 und 36 Jahren vor. Alle drei Sachverständigen kamen zu dem Schluss, dass während des Strafvollzugs eine Unterbringung in einer Drogentherapieeinrichtung angebracht sei.

Dass sie den ihnen zur Last gelegten Drogenhandel betrieben haben, hatten die drei Angeklagten bereits am vorangegangenen Verhandlungstag eingeräumt. Zuvor hatten ihre Anwälte mit Staatsanwaltschaft und Gericht eine Verständigung erzielt und Strafen zwischen gut viereinhalb und etwas über sechs Jahren ausgehandelt.

Nach 22 Semestern wird er exmatrikuliert - und beginnt ein neues Studium

Vom 36-jährigen Angeklagte wurde am Freitag in dem Gutachten das Bild eines "Berufsstudenten" gezeichnet. Er habe sich selbst als "Feier-Student" bezeichnet, sagte der Sachverständige. 2018 sei er nach 22 Semestern als Gartenbaustudent exmatrikuliert worden, ehe er später ein neues Studium aufgenommen habe. Er sei im vierten Semester gewesen, als er im März 2021 verhaftet wurde. Der Gutachter attestierte dem 36-Jährigen eine multiple Substanzabhängigkeit. Seine Drogenkarriere begann laut Gutachten bereits im Alter von 13 Jahren mit dem Konsum von Cannabis. Später kamen andere Drogen wie LSD, Kokain und Amphetamine dazu. Zuletzt habe er 2000 Euro im Monat für Drogen aufwenden müssen, berichtete der Sachverständige. Da der Angeklagte auch therapiewillig sei, seien die Voraussetzungen für eine Unterbringung gegeben.

Ähnliches berichtete der Gutachter des 28-Jährigen. Sein Proband, der zum Zeitpunkt seiner Verhaftung ein Masterstudium absolvierte, habe mit 15 Jahren mit Alkohol und Cannabis begonnen und ebenfalls mit anderen Drogen weiter gemacht. Hauptprobleme seien eine Cannabis-Abhängigkeit und der missbräuchliche Konsum von Kokain. Cannabis-Abhängigkeit und schädlicher Gebrauch von Kokain und Alkohol lautete auch die Diagnose der Sachverständigen, die den 30-jährigen Angeklagten untersucht hatte. Der hatte, ohne Ausbildung und nach einem unsteten Berufsleben, zuletzt mit dem Aufbau eines Online-Shops begonnen. Was den Drogenhandel betrifft, den er nebenher betrieben haben soll, "hat er gesagt, dass er das Geld gebraucht hat, um seine Sucht zu finanzieren", so die Sachverständige.

Die Erdinger Kripo spricht vom größten Fund seit Jahrzehnten

Wie seine beiden Mitangeklagten hat er während der Untersuchungshaft bereits Kontakt zur Suchtberatung aufgesucht, um seinen Therapiewillen zu unterstreichen. Die drei Sachverständigen schlugen jeweils Drogentherapien mit einer Dauer zwischen 18 und 24 Monaten vor. Vermindert schuldfähig oder gar schuldunfähig ist laut Gutachten keiner der Angeklagten.

In der Verhandlung wurden auch zwei Beamte der Kripo Erding vernommen, um das Geständnis der Angeklagten zu untermauern. Einer machte noch einmal die Dimension des Drogenhandels klar, der aufgeflogen war, weil andere Studenten Marihuanageruch im Gang des Wohnheims festgestellt hatten und zur Polizei gegangen waren. In einem Appartement wurden 22 Kilo Marihuana gefunden, in dem anderen noch mal rund sechs Kilo Drogen. "Das war der größte Fund, den wir seit Jahrzehnten an unserer Dienststelle hatten", so der Kripo-Beamte. Der Prozess wird fortgesetzt.

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