Gefälschte Werbung:Fund-Koffer zu Spottpreisen? Leider nicht

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Am Flughafen im Erdinger Moos wird immer wieder herrenloses Gepäck gefunden. Wenn der Besitzer nicht ausfindig gemacht werden kann, landet es bei Josef Rankl im Fundbüro und wird nach einer Frist versteigert. (Foto: Marco Einfeldt)

Auf Facebook und Instagram tauchen immer wieder Anzeigen auf, dass der Flughafen und die Lufthansa herrenlose Koffer äußerst billig anbieten würden. Doch die Webseiten sind gefälscht.

Von Petra Schnirch, Flughafen

Auf den ersten, flüchtigen Blick klingt das Angebot verlockend: Für nur zwei Euro sind Fund-Koffer zu haben. Der Inhalt: eine große Überraschung. Auf Facebook tauchen solche Posts gerade wieder vermehrt auf, eingestellt angeblich vom Flughafen München und der Lufthansa. Auf deren offiziellen Homepages sucht man nach solchen Offerten dagegen vergeblich. Kein Wunder, denn es handelt sich um Fake-Webseiten. Abgesehen hätten es die Täter per Phishing auf persönliche Daten wie Kreditkartennummern, warnt das Polizeipräsidium Oberbayern Nord.

In den sozialen Medien erstmals aufgetaucht sind die vorgeblichen Schnäppchen im Januar 2022. Die Flughafen München GmbH (FMG) habe bei der Kripo in Erding Anzeige gegen unbekannt erstattet und Facebook beziehungsweise den Meta-Konzern kontaktiert, schildert Robert Wilhelm von der FMG-Pressestelle. Auch Betroffene hätten sich gemeldet, die auf die Anzeigen hereingefallen sind. "Aber auch die können wir nur an die Kripo verweisen."

Wer sich die Fake-Angebote genauer anschaut, bekommt schnell Hinweise, dass hier etwas nicht stimmt. Ein Eintrag vom 10. März, 23.15 Uhr, stammt von "Flughafen-Munchen", ein anderer von "Internat1onaler Flughafen Lufthansa". Schreibweisen und Bezeichnungen, die bereits Zweifel wecken sollten.

Auch ein Blick auf die Profile der angeblichen Käufer und Käuferinnen sollte stutzig machen. Fast keines ist älter als vier, fünf Monate. Die ältesten Einträge auf deren Seiten sind häufig in kyrillischen Buchstaben verfasst. Die Kommentare nach den angeblichen Käufen klingen etwas geschraubt und es zeigen sich immer wieder leichte Schwächen bei der deutschen Grammatik, die auf ein mittelmäßiges Übersetzungsprogramm hinweisen könnten. Einige Beispiele: "Insgesamt war ich mit dem Kauf zufrieden, obwohl ich nichts sehr Wertvolles darin gefunden habe, aber die Badetücher haben mir gefallen. Der Rest gab zu meiner Mutter, es kokaya Kleidung ihrer Größe, sie ist glücklich". "Habe mein Glück für 2€ versucht, und war angenehm überrascht. Es hatte eine Markenuhr und ein Band Kleidung." Oder: "Ich kam am 3. Tag, der Koffer ist in gutem Zustand."

Vergleicht man die Kommentare unter mehreren dieser Anzeigen, fällt zudem auf, dass sich die Urheber nicht einmal besonders viel Mühe gemacht haben. Die immer gleichen Satzbausteine werden jeweils anderen Namen zugeordnet.

Die Seiten sind im Ausland registriert

Die Identifizierung der Täter sei bisher nicht möglich gewesen, sagt Reinhard Kolb, Pressesprecher des Polizeipräsidiums. Der Meta-Konzert, zu dem Facebook und Instagram gehören, sei da "sehr zurückhaltend". Immerhin seien die gemeldeten Seiten abgeschaltet worden. Auch die FMG teilt mit: "Nach unseren Informationen sind die Seiten im Ausland registriert." Die Verantwortlichen seien "schwer oder gar nicht zu greifen".

Solche Phishing-Versuche seien immer wieder zu beobachten, sagt Lufthansa-Sprecher Michael Lamberty. "Deshalb informieren wir unsere Kundinnen und Kunden, sobald wir von solchen gefälschten Seiten erfahren und lassen sie konsequent vom Netz nehmen." Der allgemeinen Lebenserfahrung nach verhindere dies nicht, "dass neue Ausspähversuche zu verzeichnen sind". Dies belegten parallele Fälle bei anderen Fluggesellschaften.

Wie kann man sich vor einem Datenklau am besten schützen? Kolb rät zu gesundem Misstrauen: "Was zu attraktiv ist, hat oftmals einen Haken." In solchen Fällen sollte man versuchen, weitere Informationen einzuholen, etwa per Google, um zu prüfen, ob es sich um seriöse Angebote handele.

Auch Skurriles wie eine Motorsäge landet schon mal im Flughafen-Fundbüro. (Foto: Marco Einfeldt)

Für die FMG lohnt es sich gar nicht, in den sozialen Medien um Interessenten für Fund-Koffer zu werben. 50 bis 60 Stück würden pro Jahr, meistens auf Volksfesten in der Umgebung, versteigert, erklärt Wilhelm. Dies seien Gepäckstücke, die am Flughafen gefunden wurden. Für liegengebliebenes Reisegepäck seien die Airlines zuständig. Zunächst würden "alle möglichen Versuche gestartet, die Besitzer ausfindig zu machen". Danach würden Koffer und andere Fundstücke im Fundbüro am Flughafen laut den gesetzlichen Vorschriften aufbewahrt und nach einer Frist versteigert. Bargeld und verbotene Inhalte wie Drogen würden zuvor entfernt.

Mitunter findet sich Skurriles in verloren gegangenem Gepäck. Auch eine Motorsäge oder ein Glasauge waren schon dabei - und sogar ein Brautkleid, das nie abgeholt wurde. Die Preise, die bei den Auktionen erzielt werden, sind ganz unterschiedlich. "Bei einfachen Taschen geht es bei 80 Euro los und teure Markenkoffer können schon 400 Euro oder mehr bringen", schildert Wilhelm. Auch die Lufthansa lässt Koffer, die sich nicht zuordnen lassen, nach der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist durch professionelle Auktionsanbieter versteigern.

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