Nachhaltige Lebensmittel:Wirtschaft in den Startlöchern

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Eine nachhaltige Lebensmittelversorgung und Landnutzung liegt Andreas Jändl am Herzen. Auf diesem Bild zeigt er, wie eine Bodenprobe genommen wird. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Freisinger Andreas Jändl erarbeitet mit der Firma Ecozept Vermarktungskonzepte für regionale Produkte. Von der Politik wünscht er sich mehr Impulse.

Interview von Melanie Katschko, Freising

Immer mehr Menschen wollen umweltbewusst leben, nachhaltige Unternehmen werden zunehmend beliebter. Das deutsch-französische Beratungs- und Forschungsunternehmen Ecozept mit Sitz in Freising hilft bei einer nachhaltigen Umsetzung in der Lebensmittelversorgung und Landnutzung.

SZ: Was steckt hinter dem Unternehmen Ecozept?

Andreas Jändl: Wir arbeiten im Bereich der nachhaltigen Land- und Lebensmittelwirtschaft. Dies ist zum einen der Bereich Landwirtschaft und Trinkwasserschutz. Hier arbeiten wir mit Landwirten in Wasserschutzgebieten zusammen und beraten sie, wie sie die Landwirtschaft grundwasserschonender gestalten können. Von den Wasserversorgern bekommen die Landwirte dann Ausgleichszahlungen.

Zum anderen haben wir den Marktbereich. Auch hier geht es darum, die Land- und Lebensmittelwirtschaft möglichst umweltschonend zu gestalten. Wir erarbeiten Vermarktungskonzepte für lokale oder regionale Produkte, analysieren und optimieren Wertschöpfungsketten. Wir bieten unsere Dienstleistungen auf allen Ebenen an, das beginnt bei einem einzelnen Landwirt oder einer Erzeugergemeinschaft und geht über mittelständische Firmen im Handel bis hin zu Institutionen auf EU-Ebene.

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Ecozept gibt es an zwei Standorten. Der erste Standort ist in Freising, das ist das größere Büro. Hier arbeiten sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ich. In Montpellier ist der zweite Standort. Dort sitzt Mitgeschäftsführer Burkhard Schaer mit zwei weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir haben auch ein Netzwerk von Partnerinnen und Partnern. Das können eben Beratungsbüros, Lehrstühle an Universitäten und mehr sein.

Hinter welchen Grundwerten steht Ecozept?

Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass die Land- und Lebensmittelmarktwirtschaft insgesamt umwelt- und sozialverträglich gestaltet wird. Es gibt schon sehr viele tolle Entwicklungen auf diesem Gebiet, aber wir möchten noch mehr erreichen. Da muss in Zukunft auch noch mehr passieren.

Was zeichnet Nachhaltigkeit für Ihr Unternehmen aus?

Wir wollen in unserer Arbeit und in unseren Projekten möglichst ressourcenschonend arbeiten. Das muss bereits in der Planung geschehen und konsequent bis zu Ende gedacht werden. Trotzdem muss das Ganze so stimmen, dass es wirtschaftlich bleibt. Das ist eine ganz große Herausforderung.

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Von Melanie Katschko

Wer sind Ihre Kunden?

Zu unseren Kunden zählen all diejenigen, die auf dem Bio- und Lebensmittelmarkt nachhaltige Produkte unterbringen und fördern wollen. Das können private Unternehmen oder auch politische und öffentliche Institutionen sein. Wir bringen Angebot und Nachfrage im Bio-Markt zusammen. Wo haben diese Produkte die besten Chancen? Das ist unsere Stärke, wir kennen die entsprechenden Märkte lokal, regional aber auch international.

Welche Projekte gibt oder gab es bisher in Freising?

Andreas Jändl: In Freising und im Landkreis haben wir langjährige Projekte. Im Moment läuft ein Projekt zum Erhalt und Förderung von Streuobstbeständen im Landkreis Freising. Auftraggeber ist hier der Landschaftspflegeverband Freising und wir erarbeiten ein Vermarktungskonzept für verschiedene Produktgruppen wie zum Beispiel Apfelsaft, Apfelmus oder Apfelschorle. Ein weiteres Projekt ist unser erfolgreiches Wasserschutzprojekt im Wasserschutzgebiet Freising. Von Freising aus beraten wir auch immer wieder bayerische Institutionen, zum Beispiel, wenn es um die Gestaltung der Landespolitik für Bio-Landwirtschaft geht.

Wie weit fortgeschritten ist Freising bei der Nachhaltigkeit im Bereich der Land- und Lebensmittelwirtschaft?

Im Bereich der Land- und Lebensmittelwirtschaft gibt es hier einige Vorzeigeunternehmen. Es gibt schon lange Biolandwirtinnen und -landwirte im Landkreis Freising, die besonders innovativ sind. Es gibt die Tagwerk-Genossenschaft, den Bio-Großhändler Eco-Plus und den Naturkost-Süd e.V.. Ich finde, dass wir für eine im Verhältnis kleine Stadt einiges zu bieten haben. Mit den Unternehmen und Netzwerken vor Ort arbeiten wir auch immer wieder zusammen. Das ist auch sehr schön.

Was ich auch noch hervorheben möchte ist das Engagement der Freisinger Stadtwerke für den Wasserschutz. Da waren die Stadtwerke einer der ersten Wasserversorger in Bayern, die begonnen haben, über freiwillige Kooperationen mit den Landwirten zum Wasserschutz beizutragen. Das war im Jahr 1994. Die Stadtwerke engagieren sich bis heute konsequent für den Wasserschutz. Das finde ich vorbildlich.

Glauben Sie, dass sich der Stellenwert von Umweltschutz und Nachhaltigkeit in der Gesellschaft verändert hat?

Der Stellenwert hat sich auf jeden Fall geändert, zumindest in der Wahrnehmung. Das Bewusstsein zur Umweltproblematik war schon zu meinen Studienzeiten vorhanden. Bereits damals haben wir über dieselben Dinge diskutiert wie heute. Lange Zeit ist kaum etwas umgesetzt worden und wir haben uns in einem Nischenbereich bewegt. Andererseits haben wir in der langen Zeit die Möglichkeit bekommen, viel aufzubauen und Akzente zu setzen. Im Bereich der Land- und Lebensmittelwirtschaft wird es noch mehr Veränderungen geben müssen und da müssen wir andauernd innovativ bleiben. So etwas wie das Volksbegehren zur Biodiversität in Bayern hat viel bewegt, aber einen derartigen Schwung brauchen wir überall.

Was wünschen Sie sich für Ihr Unternehmen in der Zukunft?

Wir wünschen uns auf politischer Ebene noch mehr Impulse und Regeln in Richtung einer umwelt- und sozialverträglicheren Land- und Lebensmittelwirtschaft. Die Wirtschaft, also die Unternehmerinnen und Unternehmer, steht ja vielfach bereits in den Startlöchern und wartet nur auf eindeutige politische Signale. Darum sind wir auch Mitglied in einem nachhaltigen Unternehmensverband, einer "nachhaltigen Lobby". Wir möchten noch mehr zur nachhaltigen Umsetzung anstoßen und selber mitgestalten.

© SZ vom 28.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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