Moosburger Lokalpolitik:Frischer Wind trifft auf Erfahrung

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Im neuen Stadtrat arbeiten ältere mit ganz jungen Amtsträgern zusammen und bilden mit ihnen zum Teil Ausschussgemeinschaften. Davon könnten beide Seiten profitieren.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Der neue Moosburger Stadtrat trifft sich an diesem Montag zu seiner ersten regulären Sitzung, in der das Gremium mit der Sacharbeit beginnt. Auch wenn einige Dinge wie das Erarbeiten einer neuen Geschäftsordnung nebst Vergabe der Referentenposten noch erledigt werden müssen, wurden die Weichen für die bevorstehenden sechs Jahre bereits vor rund drei Wochen in der konstituierenden Sitzung gestellt. Dabei wurde auch in eine offizielle Form gegossen, was die Zusammensetzung des neuen Stadtrats personell mit sich bringt: die Zusammenarbeit von älteren, erfahrenen Amtsträgern mit jungen, noch unverbrauchten Leuten und deren Ideen, mit denen sie sich künftig konfrontiert sehen.

Konkrete Gestalt nimmt diese Zusammenarbeit in Ausschussgemeinschaften (AG) an, in denen sich die Routiniers der SPD mit den Newcomern von Fresh zusammengetan haben sowie der ebenfalls sehr erfahrene ÖDP-Lokalpolitiker Jörg Kästl mit den Mittzwanzigern Stefan John (Linke) und Philipp Fincke (FDP). Sowohl der dienstälteste Moosburger Stadtrat Martin Pschorr (SPD) als auch Kästl sprechen davon, dass sich das Ganze erst einspielen müsse und doch gewisse Unterschiede erkennbar seien. Aber beide sind auch überzeugt, dass Jung und Alt voneinander profitieren können.

SPD und Fresh sind mit je zwei Stadträten in der komfortablen Situation, die großen Ausschüsse alleine besetzen zu können, in den kleinen bilden sie eine Gemeinschaft. "Ich war nicht der Urheber, aber ich finde die Idee nicht schlecht, das ist eine gute, vernünftige Lösung", sagt Martin Pschorr. Auch wenn es in Ausschussgemeinschaften eher darum geht, sich Sitze in dem jeweiligen Gremium zu sichern und man über eine konkrete inhaltliche Zusammenarbeit "nur schwer was sagen kann", findet Pschorr es "gut und interessant", sich mit den Interessen der jungen Leute auseinanderzusetzen. Man könne selber davon profitieren, "auch wenn das sicher nicht immer meiner eigenen Ansicht entspricht". Unterschiedliche Einstellungen und Ansichten seien ganz normal, "wir sind ja in einer ganz anderen Zeit aufgewachsen". Die neuen, jungen Stadträte, so meint er, "bringen frischen Wind, das bringt das Zeitgeschehen so mit sich". Die jungen Lokalpolitiker seien heute in einer besseren Situation als ihre Kollegen früher, meint Pschorr, starre Hierarchien gebe es nicht mehr: "Die jungen Leute heute sind gut informiert, wissen auch genau, in welche Ausschüsse sie wollen und sagen das." Und sie bekommen auch die Chance, die Posten wirklich zu besetzen. Als er in den Stadtrat gewählt worden sei, "da waren die Posten schon von Anfang an vergeben".

Man lerne im Stadtrat immer dazu, sagt Pschorr

Dennoch müsse die junge Generation erst in die Aufgaben hineinfinden. "Wenn sie am Anfang noch mehr Fragen stellen, ist das normal, weil man erst lernen muss, wie im Stadtrat alles läuft", sagt Pschorr. Dieser Prozess höre übrigens nie auf: "Auch ich lerne im Stadtrat immer noch dazu." Und Martin Pschorr gehört dem Gremium immerhin schon seit 48 Jahren an. Wenn er von den Jungen etwas gefragt werden sollte, "dann gebe ich gerne meine Meinung dazu ab", sagt er. "Aber ich akzeptiere auch, was die anderen denken, man muss nach gemeinsamen Lösungen suchen - ich glaube, das wird ganz gut funktionieren."

Martin Pschorr gehört dem Moosburger Stadtrat seit 48 Jahren an. In der neuen Amtsperiode arbeitet die SPD mit den jungen Vertretern der Liste Fresh zusammen, davon würden beide Seiten profitieren, glaubt er. (Foto: Marco Einfeldt)

Jörg Kästl, seit 1994 als Kommunalpolitiker auf Kreis- und Stadtebene aktiv, sieht in dem "vielfältigen Stadtrat eine Chance". Durch die Mitarbeit mehrerer junger Leute gebe es "jetzt vielleicht neue, kreative Ideen, auf die wir bis jetzt noch gar nicht gekommen sind und für die man jetzt auch eine Mehrheit bekommen könnte".

Er arbeitet in einer Allianz dreier Einzelkämpfer gleich mit zwei jungen Stadträten in einer Ausschussgemeinschaft zusammen. Mit Stefan John bildete er bereits in der vergangenen Amtszeit ein Gespann, Philipp Fincke ist neu hinzu gekommen. Generell, so Kästl, "glaube ich, dass ich mit jungen Menschen gut umgehen kann". Mit John habe er inhaltlich mehr Überschneidungen als mit Fincke: "Er hat halt ein bisserl andere Ansichten." In dieser Dreier-AG habe man sich "erst finden müssen, aber mittlerweile haben wir uns gefunden". Und dabei gehe es ja auch gar nicht so sehr darum, "dass wir inhaltlich so eng beisammen sind, es ist halt eine Zählgemeinschaft, um die Ausschüsse zu besetzen", sagt auch Kästl.

Der ÖDP-Stadtrat hat ebenfalls festgestellt, "dass die Jungen nicht zurückhaltend sind, sondern sich gewissenhaft und intensiv vorbereitet haben: Die machen sich ganz viel selber schlau, holen sich Infos, Daten und Fakten". Daraus ergebe sich "eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, das finde ich gut". Natürlich gebe es mal unterschiedliche Meinungen und Standpunkte. "Dann muss man sich finden und einigen, es ist ein Geben und Nehmen - das gehört dazu."

© SZ vom 25.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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