Energiewende:Die Chance nutzen

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In Kammerberg erzeugt das Windrad der Bürger-Energiegenossenschaft Freisinger Land bereits seit Jahren Strom. Künftig könnte so eine Anlage vielleicht auch in Kirchamper bei Moosburg entstehen. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Regionale Planungsverband hat Moosburg als nicht geeignet für Windenergie eingestuft. Dem zum Trotz möchte die Stadt bei Kirchamper ein Vorranggebiet ausweisen lassen und mit der Bürger-Energiegenossenschaft eine Windkraftanlage bauen.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Bayern hat bei der Windkraft noch Aufholbedarf. Das Windflächenbedarfsgesetz verpflichtet den Freistaat, 1,8 Prozent der Landesfläche bis Ende 2032 für die Windenergie auszuweisen. Und der Regionale Planungsverband München (RPV) gibt in der Teilfortschreibung seines Regionalplans vor, mindestens 1,1 Prozent der Regionsflächen als Vorranggebiet festzulegen. Windkraftanlagen vor der eigenen Haustür stehen in der Beliebtheitsskala bei den Menschen allerdings selten ganz oben. Wo ein Windrad gebaut werden soll, ist die Bürgerinitiative, die sich dagegen wehrt, meistens nicht weit.

Insofern hätte man sich im Moosburger Rathaus eigentlich beruhigt zurücklehnen können, angesichts der Planungen des RPV, der zwar im Landkreis Freising und Umgebung rund 2244 Hektar Vorrangflächen vorsieht, im Stadtgebiet von Moosburg jedoch keine. Doch der Stadtrat möchte das ändern und empfahl dem RPV in der Sitzung am Montagabend mit großer Mehrheit, im Bereich des Ortsteils Kirchamper ein Vorranggebiet für Windenergie auszuweisen. Die Stadt möchte dort zusammen mit der Bürger-Energiegenossenschaft Freisinger Land (BEG) ein Windrad bauen. Sogar Vorverträge mit betroffenen Grundstückseigentümern wurden bereits geschlossen.

Im aktuellen Regionalplan ist lediglich ein Vorranggebiet in der Nähe von Moosburg enthalten, das Flächen in einer Größe von etwa 62 Hektar in den Kommunen Gammelsdorf, Hörgertshausen, Mauern, Nandlstadt und Wang vorsieht. Nach einer Potenzialstudie des Landkreises im Jahr 2023 hat die Stadt Moosburg jedoch "eine zusätzliche Detailbetrachtung sowie ein Windgutachten für die relevanten Flächen erstellen lassen", heißt es aus der Rathausverwaltung. Aufgrund des eigenen Energiewendebeschlusses aus dem Jahr 2007 und der aktuellen Bestrebungen im Bereich Klimaschutz will die Stadt "die Chance nutzen" und mit der BEG ein eigenes Windrad bauen.

Zwei andere Areale im Stadtgebiet waren offenbar auch noch in der engeren Auswahl. Aber im Ortsteil Thonstetten "ist in dem Bereich der Wind nicht so gut", berichtete Bürgermeister Josef Dollinger (FW) am Montag. Und am anderen Standort bei den Stauweihern "haben wir Probleme mit den Vögeln". Deshalb wollte man dem RPV nun das Gebiet bei Kirchamper melden. "Ob es angenommen wird, wissen wir nicht", so der Bürgermeister.

Klar sei aber: "Nur mit Sonnenenergie geht es nicht, wir brauchen einen Energie-Mix. Und wir wollen das mit der Bürger-Energiegenossenschaft machen, nicht dass noch irgendwo ein Investor aus Dubai daherkommt". Die BEG, die bereits das Windrad in Kammerberg betreibt, verfüge über die nötige Erfahrung, so Dollinger. Ihm sei wichtig, "dass wir schon Abstimmungsgespräche mit den Grundstückseigentümern geführt und mit einigen Vorverträge geschlossen haben, damit keiner von außen reingrätscht".

Gegenwind bekommt der Bürgermeister aus den eigenen Reihen

Gegenwind verspürte der Bürgermeister vom Fraktionssprecher seiner eigenen Partei. Reinhard Lauterbach bekannte, sich vom Befürworter zum Gegner einer solchen Windkraftanlage gewandelt zu haben. Er habe sich näher damit befasst "und sehe jetzt viele negative Aspekte, sodass ich da nicht zustimmen kann". Er sprach von dem Material für den Bau der Anlage, "die Teile werden aus ganz Deutschland hergefahren". Man sehe zudem anderenorts, "dass Windräder abgeschaltet werden, weil die Infrastruktur fehlt". Man müsse "lieber über Speichermöglichkeiten für den Strom nachdenken, ob für Solar- oder Windenergie ist dann ja egal". Und Lauterbach führte auch möglicherweise schädlichen "Feinstaub durch den Abrieb der Rotorblätter" ins Feld.

Neben Gerhard-Michael Welter von der AfD ("Windräder sind Vogelschredder") reihte sich auch der zuständige Ortssprecher Lorenz Huber (CSU) in die Riege die wenigen Kritiker ein. Er wies auf die Gefahr von Rotorblattbränden hin, die die Ernte ganzer Felder vernichten könnten. Zudem bemängelte er, dass die Stadt gar keine eigenen Flächen im betreffenden Gebiet besitze und von den Privateigentümern "sind manche dafür, manche dagegen". Auch das Vorgehen bei den Informationsgesprächen kritisierte er. Es habe geheißen, wer den Vorvertrag unterschreibe, bekomme Geld - und wer nicht unterschreibe, bekomme nichts, auch wenn das Windrad dann gebaut werde.

Johannes Becher (Grüne) wollte klären lassen, wer denn so etwas gesagt habe und wie hoch die Gefahr großer Rotorblattbrände in Wirklichkeit sei. Er bat darum, "in Ruhe und aller Sachlichkeit die Diskussion auf Grundlage von Fakten zu führen, ich bin dazu gerne bereit". Im Lauf eines mehrjährigen Genehmigungsverfahrens werde ohnehin alles abgeklopft. Der Beschlussvorschlag der Verwaltung sei "sinnvoll und bedacht", die Wertschöpfung bleibe hier "und die Leute können Anteile kaufen, das steigert die Motivation und Zustimmung spürbar, wenn es im eigenen Geldbeutel ein bisserl klingelt". Gegen die Stimmen von Manfred Tristl, Ludwig Haberl (beide CSU), Lauterbach und Welter wurde der Verwaltungsvorschlag mit 18:4 angenommen.

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