Freisinger Kopf:"Ich kann es mir nicht leisten, enttäuscht zu sein"

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Joseph Popp unterwegs mit seinem großen Hovawart Baltico und "Yannah von der Autobahn", die vor sieben Jahren bei Neufahrn ausgesetzt worden war. (Foto: Marco Einfeldt)

Schon sehr lange wartet Joseph Popp, Vorsitzender des Tierschutzvereins Freising, auf die Baugenehmigung für das Tierheim. Auch fehlen für die Ausstattung noch mindestens 100 000 Euro.

Interview von Alexandra Vettori, Mauern

Noch in diesem Jahr soll mit dem Bau des Tierheims auf einem Grundstück zwischen Neufahrn und Dietersheim begonnen werden. Aufgrund der knappen Finanzmittel braucht der Tierschutzverein aber noch viel zusätzliches Geld für die Innenausstattung und Einrichtung des Tierheims. Das will er in diesem Jahr noch über Spenden und Sponsorengeld einnehmen. Obwohl die politische Ebene lange gebraucht hat, bis sie sich zu einer geregelten Unterbringung durchringen konnte, mag der Vorsitzende des Vereins, Joseph Popp, jetzt nicht mehr in der Vergangenheit wühlen. Er schaut nach vorne und wartet auf die Genehmigung.

Wie ist der aktuelle Stand in Sachen Tierheim?

Wir haben am 27. Dezember 2015 den Bauantrag eingereicht und rechnen für Ende Mai, Mitte Juni mit der Genehmigung. Auch das Landratsamt hat schon Wohlwollen signalisiert.

Wie viele Fundtiere gibt es jährlich im Landkreis und wie werden sie momentan untergebracht?

Im Moment kümmern wir uns im Jahr um ungefähr 350 Haustiere aller Art. Vergangenes Jahr waren es 15 Hunde, 130 Katzen, 135 Kastrationskatzen, 50 Kleintiere, ein paar Wasserschildkröten und Vögel. Unterbringen können wir momentan sechs bis sieben Hunde, 30 Katzen und 30 Kleintiere. Die übrigen Tiere versuchen wir in anderen Tierheimen unterzubringen, soweit die dazu bereit sind. Außerdem sind wir noch bei vielen Vermittlungen beteiligt, die in der Statistik gar nicht auftauchen. Die Tierzahlen der Stadt Freising und die der Gemeinden, die bei anderen Tierschutzvereinen Verträge haben, kennen wir nicht. Im neuen Tierheim rechnen wir mit 550 Tieren pro Jahr.

Kommen die meisten Fundtiere wieder zu ihrem Besitzer?

Nein, nur ungefähr 20 Prozent. Die Tiere bleiben bis zur Vermittlung in unseren privaten Pflegestellen. Sie müssen aber so schnell wie möglich weiter vermittelt werden, weil wir die Plätze ja für Neuankömmlinge brauchen. Für die Gnadentiere, die nicht mehr vermittelbar sind, suchen wir immer Stellen, wo sie auf Dauer bleiben können.

Das Tierheim ist also dringend nötig. Eigentlich hätte auch schon im Vorjahr mit dem Bau des Tierheims begonnen werden sollen ...

Ja, vieles war früher geplant, das werde ich aber hier nicht alles aufzählen, dafür brauche ich Stunden.

Das Hauptproblem war ja die Finanzierung, viele Gemeinden im Landkreis wollten nicht mitzahlen. Hat Sie das persönlich enttäuscht?

Die ersten drei Jahre haben wir ein Grundstück für das Tierheim gesucht, dann ein Jahr lang geplant und dann haben weitere drei Jahre die Verhandlungen um die Finanzierung gedauert. Was die Enttäuschung anbelangt: Ich kann es mir nicht leisten enttäuscht zu sein, sonst hätte ich längst den Vorsitz niedergelegt und wäre gegangen.

Jetzt, wo es bald los geht, wie groß wird das Tierheim?

Es sind sechs Hundezwinger, fünf Katzenzimmer, drei Kleintierzimmer und wahrscheinlich ein medizinischer Tierarzt- und Tierpflegetrakt geplant. Auf die Betriebswohnung müssen wir wahrscheinlich verzichten, was schade ist, weil so nicht permanent jemand vor Ort ist.

Der jüngste Schlag war das drohende Aus bei der Reptilienauffangstation, die eigentlich neben dem Tierheim entstehen sollte. Macht Ihnen das jetzt ernsthaft Probleme?

Das Aus ist noch nicht endgültig, das entscheidet sich erst in ein paar Monaten. Aber die Auffangstation wäre natürlich ein wichtiger Partner, nicht nur, was die Betriebskosten anbelangt.

Sie sind seit zehn Jahren im Tierschutzverein Freising aktiv, seit Mai 2008 Vorsitzender, 20 bis 30 Stunden in der Woche widmen Sie allein dieser Tätigkeit. Warum?

Was Sie für Fragen stellen - weil es einen tiefen Sinn hat, Tieren, die schließlich unsere Mitgeschöpfe sind, und die leiden und in Not sind, zu helfen. Die haben keine Lobby. Wer würde ihnen den sonst beistehen, wenn nicht die Tierschutzvereine?

Der Tierschutzverein selbst sammelt schon lange Geld für das Tierheim. Wie viel ist beisammen?

Wir nehmen immer mehr Spenden ein, brauchen aber für den Innenausbau und die Beschaffung von Gerätschaften noch mindestens 100 000 Euro. Wir haben eine Patenschaftsaktion gestartet, mit der man die Einrichtung der Katzenzimmer, Hundezwinger, Krankenräume oder die Futterküche, aber auch für einzelne Quarantäneboxen, Kratzbäume, Katzentoiletten oder Terrarien übernehmen kann.

Generell ist in Sachen Tierschutz schon einiges erreicht worden. Wo sehen Sie die dringendsten Probleme?

Wir fordern endlich eine Förderung des Tierschutzes und der Tierheime in Bayern. Bei einem Haushaltsvolumen von 51 Milliarden Euro ist kein Cent für den Tierschutz dabei. Wir fordern ein Verbandsklagerecht, den Hundeführerschein, eine Kastrationspflicht für Katzen, das Wildtierverbot in Zirkussen und vieles mehr.

Wie läuft die Unterbringung von Fundtieren derzeit im Landkreis Freising?

Wir nehmen auf, was wir können. Was mit den anderen Tieren passiert, weiß ich nicht. Das müssen Sie schon die Gemeinden fragen.

Die Frage darf nicht fehlen. Was ist Ihr Lieblingstier?

Mein großer Hovawart Baltico, der mit mir und meiner Frau sein Leben teilt und natürlich "Yannah von der Autobahn", die vor sieben Jahren bei Neufahrn ausgesetzt worden war und die wir behalten haben. Ich mag alle unsere Tiere, auch die neun Gnadenkatzen, die neben unseren drei eigenen Katzen bei uns wohnen. So was geht nur, wenn man im Außenbereich lebt.

© SZ vom 09.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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