Sozialpolitik:Freiwillige Leistung durch die Hintertür

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Darf jemand aus dem Landkreis Freising, der soziale Unterstützung bezieht, das Schwimmbad Fresch zu ermäßigtem Eintrittspreis nutzen oder soll diese nur gering verdienenden Menschen aus der Stadt Freising vorbehalten sein? Diese Frage gilt es bei der Einführung des Sozialpasses zu bedenken. (Foto: Marco Einfeldt)

Nicht jeder ist mit der Einführung eines Sozialpasses im Landkreis Freising einverstanden, denn die Kommunen sind zum Sparen aufgerufen. Manche Bürgermeister sind sich nicht im Klaren, welche Angebote sie Geringverdienern zu ermäßigten Preisen machen können.

Von Peter Becker, Freising/Moosburg

Die Geburt eines neuen bürokratischen Monsters und die Finanzierung von freiwilligen sozialen Leistungen durch Hintertür: Einige Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sehen die Einführung eines Sozialpasses im Landkreis Freising durchaus kritisch. Diese Vergünstigung für Menschen mit geringem Einkommen hatte der Kreisausschuss des Kreistags kurz vor der Sommerpause genehmigt. Dem Landkreis obliegt es dabei nur, den Sozialpass auszustellen, mit Leben müssen ihn die Gemeinden erfüllen.

Landrat Helmut Petz (FW) erinnerte während der alljährlichen Dienstbesprechung der Bürgermeister und Bürgermeisterinnen während der Moosburger Herbstschau an entsprechende Anregungen und Anträge seitens des Freisinger Oberbürgermeisters Tobias Eschenbacher (FSM) und der Grünen. Der Sozialpass soll Menschen mit geringem Einkommen mehr Teilhabe ermöglichen. Wie schon im Sozialausschuss des Kreistags angekündigt, wollte Petz während der Dienstbesprechung die Stimmungslage in den Gemeinden erkunden.

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Einige Bürgermeister fürchten nun, dass durch Erfassen der Daten Bezugsberechtigter ein "neues bürokratisches Monster" geboren werde. Doch die Eruierung des in Frage kommenden Personenkreises will das Landratsamt übernehmen. Dieser könnte etwa aus den Bezieherinnen und Beziehern von Sozialleistungen des Jobcenters, Wohngeld oder aus dem Kreis von Asylsuchenden bestehen. Dies wäre zumindest ein Anfang, doch Petz sagte, dass es auch "verschämte Armut" gebe: Menschen, die aus Scham keine sozialen Leistungen in Anspruch nehmen wollen. An diese sei es schwer heranzukommen.

Dem Missbrauch des Sozialpasses gilt es aber entgegenzuwirken. Etwa, wenn jemand aus dem Status der Bezugsberechtigten herausfällt. Dies gilt es von Seiten der Behörde festzustellen. Möglicherweise wird der Sozialpass deshalb jedes Jahr in einer anderen Farbe herausgegeben.

Anita Meinelt (CSU) ist zwar keine Bürgermeisterin mehr, hat aber als Stellvertreterin des Landrats trotzdem eine kritische Einstellung zum Sozialpass. Sie erinnerte daran, dass viele Gemeinden ihren Haushalt mit dem Aufruf zu mehr Sparsamkeit, dem Reduzieren von freiwilligen Leistungen, erhalten haben. "Jetzt gibt es doch wieder ein Schlupfloch", mahnte Meinelt an. Der Sinn des Sozialpasses besteht ja darin, dass Geringverdiener etwa Volkshochschulen oder Sportstätten zu vergünstigten Preisen nutzen können. Dadurch verzichten die Kommunen quasi auf einen Teil ihrer Einnahmen.

In Moosburg könnten Bezugsberechtigte ermäßigten Eintritt in Sportstätten bekommen

Uneins sich sich die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister darin, was und in welchem Umfang sie etwas anbieten können. Hans Daniel aus Paunzhausen (FW) kann sich vorstellen, vieles kostenlos anzubieten. Das kommt für Moosburgs Bürgermeister Josef Dollinger (FW) gar nicht in Frage. Er kann es sich aber vorstellen, dem in Frage kommenden Personenkreis einen ermäßigten Eintritt in Sportanlagen in Aussicht zu stellen. Mauerns Bürgermeister Georg Krojer (FW) fällt spontan gar nichts ein, was die Gemeinde anbieten könnte.

Mit einem breiten Angebot ist in Freising zu rechnen. Eine der Fragen ist aber, wer ermäßigten Zugang zum Schwimmbad Fresch erhalten soll: nur die Bezugsberechtigten aus der Stadt oder auch Bürger und Bürgerinnen aus dem Landkreis. Der Sozialpass soll erstmals zum 1. März 2024 vom Landratsamt ausgestellt werden.

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