Landgericht Landshut:"Nur ruhig reden"

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Im Sitzungssaal fünf des Landshuter Landgerichts muss sich seit Donnerstag ein 56-Jähriger aus Eching wegen versuchten Doppelmords und besonders schwerer Brandstiftung verantworten. (Foto: oh)

Im Prozess gegen einen 42-Jährigen aus Kanada, der seinen Schwager in Moosburg mit einem Hammer attackiert haben soll, sagt die Frau des Angeklagten aus. Sie beschreibt ihren Mann als besonnenen Vermittler im Ehestreit seiner Schwester.

Von Alexander Kappen, Landshut/Moosburg

Er soll im November vergangenen Jahres versucht haben, seinen Schwager vor dessen Wohnhaus in Moosburg mit einem Hammer zu töten. Deshalb muss sich ein 42-jähriger, in der Türkei geborener, in Deutschland aufgewachsener und seit vielen Jahren in Kanada lebender Handwerker seit Ende Mai vor der als Schwurgerichtskammer tagenden ersten Strafkammer des Landshuter Landgerichts verantworten. Ihm wird versuchter Mord und - das Opfer erlitt unter anderem eine Fraktur der Schädelkalotte - gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Weil für den Angeklagten viel auf dem Spiel steht, waren für den ursprünglich bis Mitte Juni terminierten Prozess zusätzliche Verhandlungstage angesetzt und weitere Zeugen geladen worden. Aber nicht alle sagten bei der Fortsetzung der Sitzung am Donnerstag auch aus.

Hintergrund der körperlichen Auseinandersetzung, die der Angeklagte gar nicht abstreitet, war ein Familienzwist. Seine in Moosburg lebende Schwester befand sich in einem Scheidungsverfahren, dabei kam es zu Vermögensstreitigkeiten mit ihrem Noch-Mann. Der Angeklagte wollte vermitteln, wie er sagte, und reiste deshalb aus Kanada an. Da sein Schwager offenbar nicht an einer Aussprache interessiert war, habe er einen Hammer mitgenommen, "um ein Gespräch zu erzwingen", wie er zum Prozessauftakt im Mai gesagt hatte.

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Nach seiner Darstellung begann der Schwager mit der Rangelei, als er den Hammer in der Hand des Angeklagten erblickte. Die Staatsanwaltschaft dagegen wirft dem 42-Jährigen Heimtücke vor. Laut Anklage lauerte er seinem Schwager um kurz nach sechs Uhr vor dessen Haus auf und schlug mit der spitzen Seite eines Zimmerer-Hammers "ohne rechtfertigenden oder entschuldigenden Grund aus dem Hinterhalt" gegen dessen Kopf.

Für Donnerstag war die Schwester des Angeklagten, die nur Türkisch und kaum Deutsch spricht, mit einer Dolmetscherin als Zeugin geladen. Die Verteidigung hatte ihre Vernehmung am vorangegangenen Verhandlungstag beantragt: Für den Angeklagten gehe um sehr viel, da sei volle Aufklärung nötig. Mit dieser Aufklärung war es dann nicht weit her, der "Einsatz" von Zeugin und Dolmetscherin war schnell beendet. Als nahe Verwandte des Angeklagten machte die Schwester von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

Die Schwester des Angeklagten macht von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch

Einverstanden war sie aber damit, ihre Polizeivernehmung im Prozess zu verwerten. Darin hatte sie gesagt, dass am Tattag ihr Sohn bei ihr im Zimmer gestanden sei und gesagt habe: "Dein Bruder ist da mit Handschuhen und Hammer, um deinen Mann umzubringen." Ihr Mann habe ihr in 25 Jahren Ehe "alles weggestohlen" und bei der Scheidung auch die beiden gemeinsamen Häuser nicht untereinander aufteilen wollen. Ihre Familie und ihre Söhne seien auf der Seite ihres Mannes gestanden. Deshalb bat sie ihren Bruder um Hilfe. Bei der Polizei sagte sie, ihr Bruder "würde meinen Mann nicht umbringen wollen", vielleicht mal hinfahren, um ihm Angst zu machen, aber mehr nicht.

Die Ehefrau des Angeklagten, die aus Kanada angereist war und vor Gericht auch aussagte, bestätigte, dass ihr Mann als Vermittler im Ehestreit zwischen Schwester und Schwager nach Deutschland gekommen war: "Er wollte schlichten und ruhig reden. Das hat er auch früher schon gemacht und mein Mann und sein Schwager haben sich immer gut verstanden." Aber als ihr Mann gesagt habe, bevor sein Schwager es zur Zwangsversteigerung der Häuser kommen lasse, kaufe er selbst eines, "hat das den Schwager richtig sauer gemacht". Darum habe dieser auf weitere Gesprächsangebote wohl nicht mehr reagiert. Dass ihr Mann beim Aufeinandertreffen am Tattag "einen Hammer in der Hand hatte, kann ich mir nicht vorstellen, davon wusste ich auch nichts". Der Prozess wird fortgesetzt.

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