Kommunalwahl im Landkreis Freising:Lieber diskutieren als demonstrieren

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Ob beim Sporteln, im Straßenwahlkampf oder im Zug: Tobias Weiskopf ist gerne unterwegs, oft zwischen Freising, Allershausen und München. (Foto: Marco Einfeldt)

Tobias Weiskopf hat sich schon als Jugendlicher politisch engagiert, nun will er für die FDP Landrat werden

Von Thilo Schröder, Freising

Streng genommen ist er gebürtiger Münchner. In einem Neuhausener Krankenhaus am 28. Januar 1998 geboren, kam Tobias Weiskopf wenige Tage später nach Allershausen. Dort lebt der Sohn eines Polizisten und einer Bürokauffrau bis heute. Verfolgt man seine Social-Media-Aktivitäten, verbringt er aber mutmaßlich genauso viel Zeit in Freising und München. Mal postet der Wirtschaftspädagogik-Student Eindrücke aus der Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität, über einer Seminararbeit brütend, mal von Treffen der Jungen Liberalen, an einer Website feilend.

Weiskopf ist seit 2018 Mitglied der Freien Demokraten, kandidiert als Landrat im Landkreis Freising. Politisch und gesellschaftlich engagiert hat sich der 22-Jährige aber schon als Jugendlicher. Am Josef-Hofmiller-Gymnasium in Freising ist er erst Klassensprecher, später Schülersprecher, Oberstufensprecher, Regionalsprecher, dann Mitglied im Jugendkreistag. Gegen die Schulleitung setzt er durch, dass statt an zwei nur an einem Nachmittag unterrichtet wird, um Freizeitaktivitäten mehr Raum zu geben. Dort lernt er, demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten für sich und andere zu nutzen.

Für ein Gespräch wählt Weiskopf die Lerchenfelder Geschäftsstelle des Kreisjugendrings (KJR), eines der Zentren seines ehrenamtlichen Engagements. "Mein Lebensmittelpunkt ist vielleicht irgendwo zwischen Freising, Allershausen und München, einfach weil ich dort viel mache", sagt er. Im Frühjahr 2016 spricht Weiskopf mit der KJR-Vorsitzenden Ursula Delgado, die zu der Zeit einen Beisitzer sucht. Weiskopf übernimmt, unter einer Bedingung: "Ihm war ganz wichtig, dass wir mehr in die politische Richtung tun, da müsste unbedingt mehr getan werden", erinnert sich Delgado. "Er ist sehr, sehr zielstrebig, weiß genau, was er will."

Kaum im KJR, gründet Weiskopf den AK Jugendpolitik, im September 2016 daneben sein soziales Start-up Juvela, das Kinderbetreuungen für Unternehmen und Projekte der schulbezogenen Jugendarbeit organisiert. Nach dem Abitur arbeitet er als freier Journalist. Er verbindet beides, KJR-Engagement und Arbeit, im Projekt des "orangenen Sofas", bei dem er den Direktkandidaten vor der Landtagswahl 2018 auf den Zahn fühlt. Parallel studiert er seit 2017, beginnt demnächst seine Bachelorarbeit am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre. Darin beschäftigt er sich mit sozialen Innovationen.

Außer im KJR ist Weiskopf mehrere Jahre in der evangelischen Jugend in Allershausen aktiv, organisiert Zeltlager und Kindergruppen, konzipiert eine Schulung für Konfirmandenhelfer. "Er hat Ideen und versucht dann, Leute dafür zu gewinnen", sagt Diakonin Angela Senft. "Manchmal hat das dann geklappt, manchmal halt nicht." Weiskopf dazu: "Man treibt die Leute an und bei denen ist die Motivation dann vielleicht nicht so groß. Und dann steht man manchmal mit seinen Ideen da und muss gucken, dass man das Projekt noch in die richtigen Bahnen bekommt."

Die Jugendarbeit habe ihn geprägt, sagt Weiskopf. "Ich bin sehr, sehr christlich und gläubig aufgewachsen, aber für mich spielt vor allem die Gemeinschaft in der evangelischen Jugend eine wichtige Rolle." Er bezeichne sich heute als "nach wie vor sehr religiös, aber nicht gläubig".

Tobias Weiskopf ist ein Mensch, der für seine Überzeugungen lieber diskutiert als demonstriert, wie er sagt. Er initiiert beispielsweise ein Klimaforum, statt bei "Fridays-for-Future"-Demonstrationen am Kriegerdenkmal in Freising (Partei-)Farbe zu bekennen. Sein Vorgehen stößt zum Teil auch auf Kritik. In Debatten zur Energie- und Verkehrswende schwärmt er von Vorzeigebeispielen aus München, Hamburg oder Kopenhagen, möchte Wasserstoff- und E-Mobilität fördern, zugleich Radweg-, ÖPNV- und U-Bahn-Netz ausbauen. Behördengänge sollten effizient, Schulen fortschrittlich sein. Er wirkt wie jemand, der sehr gerne groß und global, digital und innovativ denkt.

Schon in der Schulzeit, sagt er, hätten ihn Fächer angezogen, in denen diskutiert wird, Sozialkunde und Geschichte etwa. Wirtschaft und Recht und das logische Denken im Mathematikunterricht hätten ihn gleichermaßen interessiert. Zugleich hat er sein Abitur unter anderem im Fach Kunst geschrieben.

Sport, ob Klettern, Rad fahren oder Laufen gehen, ist für ihn Ausgleich. Genau wie die Zeit mit Freunden und Familie im westlichen Landkreis, fernab von Politik und Ehrenamtsgeschäft. "Heimat und Zuhause", ergänzt Weiskopf darum seine Aussage zum Lebensmittelpunkt, "ist für mich Allershausen." Um alles unter einen Hut zu bringen, hat er sich eine Richtschnur zur täglichen Erholung verordnet: "Ich versuche jede Nacht, acht Stunden zu schlafen."

Wo er sich in sechs Jahren, also nach Ablauf der neuen Amtsperiode des Kreistags sehe? "Ich bin jemand, der sich nicht eine Karriere steckt. Sechs Jahre sind für mich als 22-Jähriger eine unglaublich lange Zeit."

© SZ vom 29.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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