Inhabergeführte Geschäfte:"Kasdandlerin" aus Leidenschaft

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Vor fast zwei Jahren ist Marianne Lang mit ihrem Käseladen vom Marienplatz an die Obere Hauptstraße gezogen. Die Räumlichkeiten finden sie und ihr Team perfekt, was ihr jedoch ein wenig Angst macht, sind die Bauarbeiten für die Moosachöffnung, die 2020 beginnen sollen. (Foto: Marco Einfeldt)

Marianne Lang betreibt in der Freisinger Innenstadt seit 1997 einen Käseladen. Über 150 Sorten hat sie im Sortiment. Mit den Baustellen in der Innenstadt hat sie sich abgefunden, aber vor der Moosachöffnung graust ihr, denn dann verschwindet der Laden hinter Brettern

Von Petra Schnirch

Der Umbau der Freisinger Innenstadt läuft auf Hochtouren. Für die Geschäftsleute bedeutet das harte Zeiten mit wechselnden Baustellen oft direkt vor der Tür und teilweise ausbleibende Kundschaft. Beim Werbeverein Aktive City baut man darauf, dass vor allem die traditionsreichen, inhabergeführten Geschäfte der Altstadt die bevorstehenden schwierigen Monate gut überstehen und dann vom neuen Ambiente ebenso profitieren werden, wie die Bürgerinnen und Bürger. Die Freisinger SZ stellt diese Geschäfte in den kommenden Wochen in loser Folge vor. Einen Käseladen zu eröffnen, sei immer ihr Traum gewesen, sagt Marianne Lang. Dass diese Idee sie nicht losgelassen hat, verwundert sie aus heutiger Sicht selbst ein wenig, da sie von Käse damals wenig Ahnung hatte, wie sie selbst zugibt. Schon in der Metzgerei der Eltern stand sie oft an der Käsetheke, bevor sich vor mehr als zwei Jahrzehnten die Möglichkeit ergab, sich selbständig zu machen.

Im März 1997 öffnete Marianne Lang ihr Geschäft in bester Lage am Freisinger Marienplatz, ihr Vorgänger Stephan Gruber war umgezogen, auch er verkaufte weiterhin Käse. "Es ist ein harter Start gewesen", erinnert sie sich. Ihr sei Misstrauen entgegen geschlagen. Am einfachsten wäre es vermutlich gewesen, wenn sie sich einen Bart angeklebt hätte, sagt Marianne Lang heute. Inzwischen zweifelt niemand mehr an ihrer Fachkompetenz. 2012 hat sie diese auch bei der Ausbildung zur Käse-Sommelière unter Beweis gestellt.

Etwa 150 Sorten hat sie im Sortiment. Sie setzt auf handwerklich hergestellte Produkte - und ihre Kunden schätzen das, wie sie sagt. Seit fast zwei Jahren befindet sich der Laden wegen der Sanierung des Asam-Komplexes an der Oberen Hauptstraße. Marianne Lang wäre damals fast weggegangen aus Freising. Sie habe sich bereits in Erding und Murnau umgesehen, erzählt sie, weil sie zunächst keinen Ersatz fand. Zufällig erfuhr sie dann, dass die Geschäftsräume an der Oberen Hauptstraße frei wurden - ihr Vorgänger dort war wiederum "Kaserer" Stephan Gruber, der endgültig aufhörte. Den Umzug beschreibt sie als Glücksfall, zurück ins Asamgebäude will sie mit ihrem Team - insgesamt zehn Mitarbeitern - nicht mehr.

"Die Milch ist das A und O"

Was macht einen guten Käse aus? "Die Milch ist das A und O", erklärt Lang. Die Wiese, das Futter machten viel aus. Hinzu komme die Pflege und Kultur im Reifekeller. Das alles hat seinen Preis. "Ein Käse für 99 Cent kann kein gutes Produkt sein", sagt die Freisinger Geschäftsfrau entschieden. In ihrer Freizeit geht die 60-Jährige immer wieder auf Entdeckungstouren, teilweise gemeinsam mit anderen Käse-Sommeliers. Wenn sie von den Besuchen in kleinen Sennereien oder auf Almen erzählt, leuchten ihre Augen. "Wenn man auf einem Berg sitzt und den Kühen zuschaut - die Milch muss doch einfach in Ordnung sein." Sie komme dann von ihren Ausflügen zufrieden zurück, oft mit neuer Ware im Gepäck. Im Laufe der Jahre sei sie eine richtige Käseliebhaberin geworden, sagt Lang. Sie selbst mag am liebsten Hartkäse, im Sommer eher mild-fruchtig, im Winter würzig. Angeeignet hat sie sich ihr Wissen anfangs über "Bücher, Bücher, Bücher" und Probieren. In der Ausbildung zur Sommelière komplettierte sie ihr Wissen über Milch, Sensorik, die richtige Kombination von Käse mit Wein oder Bier und auch darüber, wie man mit Käse kocht. Im Laden gibt sie den Kunden immer wieder Tipps.

Überhaupt, der Ratsch im Laden ist ihr wichtig. Darin sieht Marianne Lang neben der Qualität der Produkte und der Beratung auch die Stärke des Einzelhandels. Trotz der wiederkehrenden Baustellen in der Innenstadt ist sie nach wie vor zufrieden. "Die Kunden aber sind inzwischen sehr grantig", erzählt sie, weil die Busse nicht in die Stadt fahren. Gerade ältere Leute hätten damit ein Problem. Sie wünscht sich dauerhaft einen kleinen Pendelbus. Den Überblick, was in der Innenstadt wann gebaut wird, hat auch Marianne Lang längst verloren. Von der Stadt würde sie sich regelmäßige Informationen per E-Mail oder aber durch Flyer wünschen, dafür wäre sie dankbar. Ins Internet schaue sie abends nach Geschäftsschluss und wenn die ganze Bürokratie erledigt ist, nicht mehr.

Mit unguten Gefühlen sieht Marianne Lang den Bauarbeiten zur geplanten Moosach-Öffnung entgegen, die mittlerweile auf 2020/21 verschoben worden sind. Wenn sie sich vorstelle, dass ihr Geschäft dann hinter einer Bretterwand verschwinden werde, mache ihr das Angst. "Sehr enttäuscht" ist Marianne Lang vom Ergebnis der Umgestaltung in der Heiliggeistgasse. Vor allem etwas Grün vermisst sie dort. Auf die Frage, was sie sich von der Fertigstellung der Oberen Hauptstraße erwarte, zuckt Marianne Lang mit den Schultern. "Ich glaube, ich bin bis dahin in Rente", sagt sie und lacht. Ans Aufhören denkt sie derzeit aber noch nicht.

© SZ vom 17.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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