Knappe Rohstoffe:Kein Holz mehr vor der Hütte

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Holzofen in einem Wohnhaus: In Neubauten sollen sie künftig nur noch bei der Koppelung mit einer Solaranlage zur Warmwasseraufbereitung verwendet werden können. (Foto: Manfred Neubauer)

Wegen des drohenden Gasmangels im Winter wollen viele auf alternative Heizmöglichkeiten umsteigen. Doch schon jetzt ist der Markt für Öfen und Brennstoffe wie leergefegt.

Von Marie Seifert, Freising/Erding

Die Sorgen über den diesjährigen Winter sind groß. Wird es zu einem Gasmangel in Deutschland kommen? Oder bleibt die Heizung vielleicht sogar komplett kalt? Es herrscht Unsicherheit. Auch wenn bei den derzeitigen Temperaturen überhaupt nicht an Schnee und Kälte zu denken ist, bereiten sich schon viele auf das Worst-Case-Szenario vor. Um sich für die kalten Monate abzusichern und unabhängiger vom russischen Gas zu werden, entscheiden sich immer mehr Menschen für einen Holzofen. Jedoch werden die Mittel bereits jetzt knapp.

Florian Aigner, Bezirksschornsteinfeger in Erding, findet einen Kamin oder Kachelofen als Wärmequelle allgemein sinnvoll. Der nachwachsende Rohstoff Holz sei eine gute Alternative und habe zudem eine sehr gute CO2-Bilanz. Laut Aigner stößt das Holz bei der Verbrennung lediglich so viel CO2 aus, wie der Baum zu Lebzeiten auch aufgenommen hat. Allerdings entstehe vermehrt Feinstaub. Doch weiß der Bezirksschornsteinfeger, dass neue Öfen diesbezüglich streng genormt sind. "Wenn sie richtig beheizt werden, dann ist die Emission auch sehr gering."

"Wenn wir jetzt alle anfangen mit Holz zu heizen, dann tun wir der Umwelt auf Dauer nichts Gutes."

Falsch zu heizen bedeutet zum Beispiel falsch zu lüften oder den falschen oder nicht richtig getrockneten Brennstoff zu benutzen, erklärt Bezirksschornsteinfeger Georg Hiergeist aus Freising. Er stimmt seinem Erdinger Kollegen grundsätzlich zu. Allerdings ist er mit Hinblick auf die extrem steigenden Nachfragen etwas kritischer. "Wenn wir jetzt alle anfangen mit Holz zu heizen, dann tun wir der Umwelt auf Dauer nichts Gutes."

Umweltfreundlich hin oder her. Fakt ist, dass es dieses Jahr sowieso schwierig wird überhaupt noch an einen Ofen heranzukommen. Angefangen bei den Kaminkehrern, die vorab darauf prüfen müssen, ob das Haus überhaupt dafür geeignet ist, einen Ofen zu betreiben. Dabei spielen ganz individuelle Faktoren, wie beispielsweise die Lüftung, eine Rolle, weiß Aigner. Er empfiehlt, sich rechtzeitig beraten zu lassen, denn sowohl in Erding als auch in Freising steigen die Anfragen derzeit. Hiergeist meint: "Es wird langsam schon schwierig, der gravierenden Nachfrage nachzukommen." Er rechnet damit, dass diese auch in naher Zukunft nicht abnehmen wird. Vor allem zum Ferienstart erwartet er einen Anstieg der Anfragen. Infolgedessen könnte es zu erheblich längeren Wartezeiten für die Kundschaft kommen.

Nach dem Okay der Kaminkehrer, kann der entsprechende Ofen angeschafft werden. Hier stößt man aber auf das nächste Problem. Wolfgang Strobl, Ansprechpartner von Ofenbau Strobl in Dorfen, bestätigt: "Für dieses Jahr sind wir so gut wie ausverkauft." Die erhöhte Nachfrage und längere Lieferzeiten seien der Grund. Derzeit dauere es fünf bis sechs Monate, bis ein Kachelofen oder ein Kamin geliefert werden kann. "Wer jetzt bestellt, bekommt den Ofen dann im Januar oder Februar", sagt Strobl. Im Erdinger Hagebaumarkt steht noch der ein oder andere Ofen im Lager, bestätigt Marktleiter Vincenzo Pisani. Aber auch hier interessieren sich immer mehr Kunden sowohl für Öfen, als auch elektrische Heizungen und vor allem Brennstoffen. Lieber möchten sie die Heizung ein paar Grad runter drehen und dafür mit Holz heizen, weiß Pisani.

"Aufgrund einer nie dagewesener Nachfrage sind unsere Brennholz-Bestände bis auf unbestimmte Zeit ausverkauft."

Womit man beim dritten Problem angekommen ist. Denn selbst wenn man den ergatterten Ofen dann im Haus stehen hat, fehlt einem noch ein entscheidender Bestandteil: das Holz. "Der Brennstoff Markt ist schon sehr leergefegt", betont Marktleiter Pisani. Die Menge an Kohle, Brennholz und Briketts, die sie eigentlich gerne hätten, können sie derzeit nicht bekommen. Er versuche alles, um den Nachfragen der Kunden nachzukommen, doch lässt die Situation keine Versprechungen zu: "Was ist heutzutage noch sicher? Es kann sich von heute auf morgen ändern."

Auch der Lieferdienst "Holz in der Hütte", der unter anderem Brennholz, Briketts und Pellets im Großraum München anbietet, muss alle Anfragen dazu derzeit ablehnen. "Aufgrund einer nie dagewesener Nachfrage sind unsere Brennholz-Bestände bis auf unbestimmte Zeit ausverkauft", heißt es auf der Website. Gleiches gilt auch für die Bestände an Holzbriketts. Reservierungen, allerdings nur für Stammkunden, können frühestens Mitte September angenommen werden, heißt es weiter. Das hat auch Auswirkungen auf die Preise: "Leider entwickelt sich die aktuelle Marktlage noch dynamischer als erwartet, was zu massiven Preissteigerungen führt. Das liegt aktuell an den ungebremst steigenden Rohstoffpreisen. Eine Entspannung ist derzeit nicht in Sicht", erklärt die Homepage. Die Kunden werden sogar davor gewarnt, unseriöse Angebote anzunehmen, da Betrüger die aktuelle Notlage wohl ausnutzen.

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