Sie zählt zu den prägenden Gebäuden in Hohenkammer. Mit ihren beiden Türmchen und dem geschwungenen, gemauerten Balkon ist die Baroness-Villa ein Blickfang im Ortskern, nur wenige Schritte vom Rathaus entfernt. Künftig wird das historische Gebäude den Bürgerinnen und Bürgern offen stehen, denn die Gemeinde hat es im Frühjahr gekauft. Zuerst werden Kinder das Haus für sich erobern - nach den Sommerferien wird die neu gegründete Mittagsbetreuung den ersten Stock nutzen. In erster Linie soll das Gebäude aber Vereinen zur Verfügung gestellt werden. Für Bürgermeister Mario Berti (CSU) ist es ein absoluter Glücksfall, dass die Gemeinde die Villa kaufen konnte.
Eigentlich hatte der Gemeinderat schon die Weichen gestellt, um neben dem Sportplatz ein "Haus der Vereine" zu bauen. Durch den Kauf hat sich nun eine neue Option eröffnet. Die Schützenvereine planen mittlerweile ohnehin anders und wollen gemeinsam mit dem SV Hohenkammer für sich eine Lösung im Sportheim realisieren. Für Musikschule, Liederhort Fidelitas, Blaskapelle und einige weitere Gruppierungen aber soll die Villa eine neue Heimat werden. Sie verfügt über drei Stockwerke, die Räume im Dachgeschoss sind bisher sehr klein und verwinkelt. Ein Konzept müsse noch erarbeitet werden, sagt Berti.
Hinter dem historischen Bauwerk befindet sich ein moderner Holzanbau, den das Architekturbüro Brückner und Brückner 2005 errichtet hat und der sich gut in das große Gelände einfügt. 2007 erhielten die Architekten dafür als Anerkennung den Holzbaupreis. Bisher wurde der etwa 70 Quadratmeter große Raum für Tagungen genutzt. Ein weiterer kleinerer Neubau auf dem Gelände sei möglich, so Berti. Vor allem die Blaskapelle werde etwas Platz benötigen.
Erbauen ließ die Villa Mechthild Freiin von Vequel-Westernach, die zuvor im Schloss Hohenkammer wohnte. Nachdem der einzige Sohn der Familie im Ersten Weltkrieg gefallen war, verkauften seine drei Schwestern das Schloss 1917 an die Landwirtschaftliche Zentralgenossenschaft in Regensburg. Mechthild, die nie heiratete, blieb in Hohenkammer und bezog 1920 die auf einem 16 000 Quadratmeter großen Grundstück errichtete Villa neben dem Schloss-Areal. Die Türmchen ihres neuen Hauses erinnerten sie ein wenig an das Schloss ihrer Kindheit, wie es in einem kurzen geschichtlichen Abriss der Schloss Hohenkammer GmbH heißt.
Im Dorf war sie einfach "die Baroness". Bis zu ihrem Tod 1975 lebte sie in dem prächtigen Gebäude, die Leute schätzten sie. Noch heute erzählten ältere Gemeindebürger davon, dass sie jedes Jahr die Krippe dort bewundern durften, erzählt Mario Berti, denn die Baroness mochte Kinder sehr gerne. 2003 kaufte die Munich Re Schloss, Baroness-Villa und Gut Eichethof.
Der Charme der alten Villa ist im ersten Obergeschoss, trotz des funktionalen grauen Teppichbodens, noch immer zu spüren. In den großen zentralen, gut 50 Quadratmeter großen Raum führt eine Flügeltür. Ein alter Kamin ist noch erhalten. Die schönen Sprossenfenster verleihen dem Gebäude ebenfalls Atmosphäre. Zwölf Kinder sind für die neue Mittagsbetreuung angemeldet, die künftig als Ergänzung zum Hort angeboten wird. Im neuen Schuljahr können sie hier spielen, für die Hausaufgabenbetreuung gibt es ein separates Zimmer.
Er sei strikt dagegen gewesen, die Kinder provisorisch in einer Containeranlage unterzubringen, sagt Berti. "Die Kinder sollen sich wohlfühlen." Die Gemeinde wolle ihnen etwas bieten. Deshalb ist er froh über diese Lösung. Sie sollen in der Villa bleiben, bis die Erweiterung der Schule erfolgt ist. Das aber wird noch Jahre dauern.
Die Villa ist "ein Stück Geschichte von Hohenkammer", sagt Berti. Es sei wichtig, dass sie erhalten werde. Der Vorbesitzer wollte das Gebäude nicht mehr behalten und die Gemeinde nutzte diese einmalige Gelegenheit. Die Resonanz auf den Kauf und die geplante Öffnung als Haus der Vereine sei sehr positiv, schildert der Bürgermeister. Einige kleinere Arbeiten müssen bis zum Herbst noch erledigt werden. Eine Wand im ersten Stockwerk weist an einer Stelle Feuchtigkeitsschäden auf. Ob im Dachgeschoss eventuell Räume zusammengelegt werden, das wird sich zeigen, wenn der genaue Bedarf der Vereine ermittelt ist.