Frau im Männerfußball:"Das war jetzt kein PR-Gag"

Lesezeit: 3 min

Lena Zaindl ist die erste Frau im Landkreis Freising, die in einer Männermannschaft mitgespielt hat. Ermöglicht hat das Debut die neue Spielordnung des Bayerischen Fußballverbands. (Foto: Renate Schmidt)

Weil der Reservemannschaft des FCA Unterbruck Spieler fehlten, wurde Lena Zaindl in der 70. Minute eingewechselt. Was lange undenkbar schien, macht eine neue Spielordnung des Bayerischen Fußballverbands möglich. Und wie lief's?

Von Matthias Vogel, Unterbruck

Lena Zaindl ist wichtig für ihr Team, ach, was sagt man, für den ganzen Verein. Denn die 22-jährige Stürmerin vom FCA Unterbruck hat kürzlich ihre Fußballschuhe auch für die zweite Männermannschaft geschnürt. Premiere im Landkreis, aber noch viel mehr: Ein großer Klecks Kitt für das Vereinsleben fiel auch noch ab.

Es war die 70. Minute im A-Klassen-Spiel der abstiegsbedrohten Brucker Reserve am 6. November gegen den SV Dietersheim, als Coach Christian Gruber Lena Zaindl aufs Feld schickte, um die Offensive noch einmal zu beleben. 3:5 lag seine Truppe zurück und fast hätte sein weiblicher Joker gestochen. "Sie hatte mehrere gute Aktionen. In einer schießt sie nach einer Hereingabe von außen sofort und hätte fast getroffen", berichtete Gruber. "Das wäre natürlich ein richtiges Highlight gewesen." Auch wenn die Partie schlussendlich mit 3:6 Toren verloren ging - Gruber würde Zaindl wieder bringen - unter den gleichen Voraussetzungen.

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In Ermangelung an einsatzfähigen Kickern hatte er am Donnerstag vor der Begegnung aus Jux einen Spieler der Alten Herren angehauen: "Kannst am Sonntag spielen." Und weil Lena Zaindl gerade daneben stand, trieb er den Scherz weiter und warf ihr zu: "Und Du auch gleich!"

Vermutlich haben sie sich dann kurz angesehen und festgestellt, dass diese Idee gar nicht so schlecht war. Jedenfalls haben Gruber und Zaindl ihren Spartenchef Christian Stanglmeir für den Versuch in die Spur geschickt, beim Verband das entsprechende Zweitspielrecht zu erwirken. Der hatte Anfang Juli - also pünktlich zum Start der aktuellen Spielzeit - seine Spielordnung geändert. Fortan, so verkündete er, dürften Frauen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr im Amateurbereich auch in Männer-Teams mitspielen.

Zuvor hatte Lena Zaindl das Unterbrucker Frauenteam zum Sieg geschossen

Stanglmeir hatte Erfolg und Gruber hatte eine Offensivoption mehr auf der Bank. "Ihm gilt da wirklich der Dank, weil er so schnell gehandelt hat", sagte der Coach. Zaindl stieß dann erst zur zweiten Hälfte zum Kader, vorher war sie noch für die Kreisliga-Frauen des Vereins im Gastspiel beim FC Moosinning im Einsatz. Der FCA entführte wichtige drei Zähler aus dem Nachbar-Landkreis: 2:1, Siegtorschützin? Na klar! Lena Zaindl.

Am Ende des anstrengenden Tages und dem 20-minütigen Einsatz bei den Männern war Zaindl auf der einen Seite glücklich, auf der anderen Seite immer noch geerdet. "Das war schon cool. Das Spieltempo ist höher als bei uns, und auch bei dem einen oder anderen Zweikampf habe ich den Unterschied bemerkt. Und alle waren zwei bis drei Köpfe größer als ich. Aber es hat großen Spaß gemacht." Abschätzige Bemerkungen habe sie nicht gehört. "Ein paar Spieler von Dietersheim haben ein bisschen geschmunzelt oder mussten zweimal hinsehen, wer da jetzt aufs Feld kommt. Die waren aber auch alle voll lieb und ich glaube, sie sind in den Duellen gegen mich nicht ganz so ruppig eingestiegen."

"Ich kann ja nicht fünfmal ins Training gehen. Das wird mir zu anstrengend"

Für sie sei das eine tolle Erfahrung gewesen, sagt sie. Und bevor in Zukunft ein Spiel aus Personalmangel abgesagt werden müsse, stünde sie auf jeden Fall wieder zur Verfügung. "Ob das dauerhaft was für mich wäre, weiß ich aber nicht. Kann ja auch nicht fünfmal ins Training gehen. Das wird mir zu anstrengend." Ihr Fokus liege ganz klar auf ihrer eigenen Mannschaft, die sich ebenfalls im Abstieg befindet. "Wenn alle fit sind bei uns und im Training sind, kann ich ihnen natürlich Lena nicht vor die Nase setzen", sagte auch Gruber, gab Zaindl aber Bestnoten mit: "Nur, dass das klar ist. Das war jetzt kein PR-Gag oder so. Lena ist technisch top und in dieser Spielklasse wirklich zu gebrauchen."

Mit der Änderung der Spielordnung wollte der Bayerische Fußball-Verband Frauen ermöglichen, mal bei den Männern mitzuspielen, was bis dato nicht möglich war. Der Zugang zum Fußball soll niederschwellig sein, auch für Frauen, die bei Männern spielen wollen. Der FCA Unterbruck hat davon profitiert, auch weil Zaindls Einsatz nach Grubers Einschätzung das vereinsinterne Verhältnis zwischen dem Frauen- und den Männer-Teams fördert. "Ihr Team stand geschlossen am Spielfeldrand und hat sie und uns angefeuert. Alleine deshalb finde ich die Regelung schon gut."

Nationalmannschafts-Ass Lena Oberdorf hat heuer den "Fußballspruch des Jahres" rausgehauen: "Frauenfußball, Männerfußball. Es ist ein Fußball." Auf dem Platz sind also alle gleich. Der FCA Unterbruck hat einen sehr schönen Beweis dafür geliefert.

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