Der Tank ist voll, die Erwartungen hoch, ein Navi braucht es nicht. Der Weg ist das Ziel, Hauptsache Richtung Zukunft. So in etwa darf man sich das Bild zum Sound der Indie-Pop-Band June Calls vorstellen. Der große Aufbruch, den die fünf jungen Musiker und Musikerinnen aus Freising besingen, lag allerdings im Tiefschlaf, als sie richtig loslegen wollten. Ausgebremst durch die Corona-Pandemie, konnte die Band nicht durchstarten. Da blieb bislang nur das Träumen. Passt aber eh. "In unseren Songs geht es um die Suche nach Freiheit und um die Sehnsucht, dem Alltag zu entfliehen", sagt Yanice Liebig, Leadsänger und Bassist.
Töne, die in der Anfangsphase der fünfköpfigen Band wortwörtlich noch als Zukunftsmusik anklangen, schafften es zwei Jahre später auf die Bühne. Im Mai 2022 spielt June Calls in der Freisinger Kneipe Sammamera bei der Langen Nacht der Musik das erste Mal vor Publikum. Mit Lukas Eispert und Izabella Reichert an den Gitarren, Jakob Eberl an den Drums, Linda Kinzelt am Keyboard und Yanice Liebig hinter dem Mikrofon. "No time for doubts", keine Zeit für Zweifel, singt er zu melancholischen, akustischen Instrumentals. Der Songtext bringt es zum Ausdruck. Für June Calls geht es gerade erst los, von Zweifeln wollen sich die Fünf, alle zwischen 17 und 19 Jahre alt, nicht aufhalten lassen. Erst recht nicht jetzt, da sie für den Tassilo-Preis der SZ nominiert sind.
Einmal in einer Band zu spielen, das haben sie sich alle schon in ihrer Kindheit gewünscht. Gefunden haben sie sich am Freisinger Camerloher-Gymnasium. "Hier ist man mit Musik groß geworden", sagt Izabella Reichert, "aber wir wollten eben nicht nur klassische Musik machen, sondern vor allem Indie und Pop - das hat uns zusammengebracht."
Das Gefühl, nach zwei Jahren Pandemie zum ersten Mal auf einer Bühne zu stehen, war für alle "wie einen Rausch". Live zu performen und direkt Feedback aus dem Publikum zu bekommen, hat ihr musikalisches Gespür und ihren Zusammenhalt als Band gestärkt. "Wir lernen uns auf der Bühne immer besser kennen." Auf den ersten Auftritt folgten weitere Gigs, unter anderem im Lindenkeller und auf dem Uferlos-Festival in Freising. Aber damit haben sie noch nicht genug. "Man wird süchtig", schwärmt Keyboarderin Linda Kinzelt.
"Das Thema Zukunft ist ein wichtiges Motiv in vielen unserer Songs."
Zwei Singles findet man aktuell auf den einschlägigen Streaming-Plattformen. In diesem Jahr will June Calls mit der ersten eigenen EP groß rauskommen - am liebsten live und auf einer eigene Tour. Vielleicht ja sogar in einem alten VW-Bus, passend zur Roadtrip-Stimmung ihrer Single "The Sound". Der Song ist ein Ruf nach Aufbruch, entstanden in einer Zeit, in der alles still stand.
Nachdem es zu Corona-Zeiten lange ruhig gebliebe war im Proberaum des Freisinger Jugendzentrums Vis-A-Vis, freuen sich die Bandmitglieder umso mehr darauf, an neuen Songs zu arbeiten. Um ein möglichst breites Spektrum an Hörerinnen und Hörern zu erreichen, produziert die Band bisher nur englische Musik. "Alle, die wollen, sollen Zugang zu unseren Songs haben, und Englisch ist da einfach die universellere Sprache", sagt Lukas Eispert. Außerdem ginge es ihnen nicht primär um den Text, sondern um die Musik als Gesamteindruck, der eine bestimmte Stimmung transportieren soll. Beeinflusst seien sie dabei von bekannten Indie-Pop-Bands wie den Giant Rooks oder der deutschen Musikgruppe Jeremias.
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Bevor sie irgendwann einmal in den Tourbus steigen, stehen die jungen Musiker und Musikerinnen aber erstmal noch vor großen Umbrüchen. Auf Linda Kinzelt und Izabella Reichert wartet das Abitur, auf ihre Bandkollegen das Studium und Leadsänger Yanice schließt dieses Jahr seinen Bundesfreiwilligendienst ab. Wie es danach weitergeht, was das Leben für sie bereit hält und wo sie sich in ein paar Jahres sehen? All diese Fragen bewegen die Fünf persönlich, aber auch in ihrer Musik. "Das Thema Zukunft ist ein wichtiges Motiv in vielen unserer Songs." Trotz Unsicherheiten steht eins aber fest: Sie wollen Musik machen und das weiterhin zusammen.
Fürs Erste blickt June Calls euphorisch ihrem nächsten Auftritt am 11. Februar im Münchner Feierwerk entgegen - und dem Frühling, als Vorbote wärmerer Temperaturen, heruntergekurbelter Fenster und aufgedrehter Boxen im Auto. Denn, wie der Bandname verspricht: "Unsere Musik ruft nach dem Sommer."