Landwirtschaft und Tierschutz:Wie Rehkitze vor dem Mähtod gerettet werden können

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Jetzt beginnt die Mähsaison und damit eine gefährliche Zeit für junge Wildtiere, die oft im Grünland oder in Feldfutterflächen Schutz suchen. (Foto: Leonhard Simon)

An der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft forscht ein Team an Maßnahmen - etwa den Einsatz von Sensoren.Nach der effektivsten Methode wird immer noch gesucht.

Von Charline Schreiber , Freising

Jetzt beginnt die Mähsaison und damit eine gefährliche Zeit für junge Wildtiere, die oft im Grünland oder in Feldfutterflächen Schutz suchen und denen die Maschinen zum Verhängnis werden. In den vergangenen drei Jahren hat die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Freising verschiedene Maßnahmen zur Wildtierrettung getestet - zum Beispiel den "Sensosafe", ein System, das die Jungtiere während des Mähen ausfindig macht und so vor Verletzung und Tod bewahrt werden kann.

Auf dem "Sensosafe" liegt in diesem Jahr der Fokus der LfL. Der Sensorbalken ist im August vergangenen Jahres auf den Markt gekommen. Das Assistenzsystem ist das erste, das die Wildtiere während des Mähens ausfindig machen kann, erklärt Projektkoordinator Stefan Thurner. Angebaut ist der Balken direkt am Mähwerk des Traktors. Reagiere das System auf ein mögliches Rehkitz, hebe sich das Frontmähwerk aus und der Traktorfahrer müsse unmittelbar anhalten. Anders als die Drohnen, die aufgrund der Wärmebildkamera nur in den Morgenstunden eingesetzt werden können, ist der Sensosafe 24 Stunden am Tag einsatzbereit. Das bringe einen Vorteil mit sich, sagt Thurner.

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"Wir brauchen alle Maßnahmen, die Wirkung zeigen"

Seit Anfang 2020 begleiten die Wissenschaftler das System mit. Weil das Projekt in diesem Jahr für die LfL endet, können bisher angewandte Maßnahmen, wie die Drohnensuche, tragbare Wildretter und Wildscheuchen mit Ton und Lichtsignalen, nicht gleichermaßen erneut getestet und in die Analyse mit einbezogen werden. Aber auch, weil der Senosafe neu auf dem Markt ist und Landwirte noch keine Erfahrungen mit dem System haben, sei es wichtig, nun repräsentative Daten zu sammeln. "Wir brauchen alle Maßnahmen, die Wirkung zeigen."

Für den Sensosafe wird nun erprobt, wie sich Bestandsdichte oder Maulwurfshügel darauf auswirken, wie die Wildtiere aufgespürt werden können. So sollen Empfehlungen erarbeitet werden, wie das System in Zukunft bestmöglich eingesetzt werden kann. Es gebe derzeit keine Methode, die am effektivsten ist, sagt Thurner. Es sei das Zusammenspiel aller Methoden notwendig, um die Rehkitzrettung voranzutreiben.

Der Sensosafe ist für Landwirte ein kostspieliges Unterfangen. Besteht überhaupt ein konkretes Interesse für Landwirte, in eine solche Technik zu investieren? Thurner sagt "Ja". Das Tierschutzgesetz regelt, dass Tieren kein Schmerz, Leiden oder Schaden zugefügt werden darf. Er betont, dass der Mähtod von Wildtieren, neben der psychischen Belastung für die Landwirte, eine Straftat ist, die teilweise mit einer Geldstrafe oder sogar einer Freiheitsstrafe verbüßt werden muss.

Hinzu kommt, dass Tierkadaver beim Konservieren durch Silieren ein Leichengift produzieren können, das sogenannte Botulinumtoxin. Tiere, die solches Futter fressen, laufen somit Gefahr, vergiftet zu werden. Eine genaue Zahl, wie viele Kitze im Jahr dem Mähtod zum Opfer fallen, kann laut Stefan Thurner nicht ausgegeben werden. Er betont aber, dass mehr Kitze gerettet werden.

Um Erkenntnisse aus der Praxis zu erlangen, hat die LfL Landwirte und Jäger befragt

Um ein genaues Bild zu erhalten, hat die LfL Umfragen zu Erfahrungen mit Wildrettungsmaßnahmen gemacht. Daran teilgenommen haben 315 Landwirte, davon waren 254 aktive Wildretter, und 290 Jäger, hier haben 255 als aktive Wildretter eigene Maßnahmen durchgeführt. Eine Vielzahl von ihnen kommt aus Bayern. Eine weitere Umfrage soll für die Gruppe der Lohnunternehmer folgen, die als Fahrer auf dem Traktor für das Wohl der Tiere mitverantwortlich sind. Aber auch ehrenamtliche Wildretter, die laut Thurner seit Pandemiebeginn sehr viel mehr geworden sind, sollen mit einbezogen werden.

"Wir haben schon einiges dazu gelernt und sind diejenigen, die die Erfahrungen, auch über die Landwirte und Jäger, sammeln", sagt der Projektkoordinator. In Zukunft soll den Landwirten die richtige Wahl der jeweiligen Maßnahmen nachhaltig erleichtert werden. Und Thurner betont: Die LfL sei die erste Landesanstalt in Deutschland, die sich aus wissenschaftlicher Sicht mit der Thematik des Mähtods beschäftigt und Erkenntnisse empirisch belegt.

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