Energiewende:"Eine Biogasanlage wird bewertet wie ein Atomkraftwerk"

Lesezeit: 2 min

Ein Milchviehbetrieb lässt sich energieautark bewirtschaften. Wie das funktioniert, weiß Landwirt Anton Westermeier aus Hohenbercha. (Foto: Marco Einfeldt)

Anton Westermeier stellt seinen energieautarken Milchviehbetrieb während der zweiten Klimakonferenz des Landkreises Freising vor. Diese widmet sich ganz der Landwirtschaft und ihrem Beitrag zur Energiewende.

Von Peter Becker, Freising

Der Milchviehbetrieb von Anton Westermeier aus Hohenbercha ist ein Paradebeispiel dafür, wie die Landwirtschaft ihren Beitrag zur Klimawende leisten kann. Seit 30 Jahren tüftelt der Landwirt an Möglichkeiten, seinen Hof so energieeffizient wie möglich zu betreiben. Mittlerweile ist er energieautark. Den mühsamen Weg dorthin hat Westermeier an diesem Freitag in der zweiten Klimakonferenz des Landkreises geschildert. Denn die Bürokratie hat es dem Landwirt nicht leicht gemacht. "Eine Biogasanlage wird bewertet wie ein Atomkraftwerk", schilderte er eines der Hindernisse, die sich ihm in den Weg stellten.

Angefangen hat alles im Kuhstall. Westermeier hält dort im Haupterwerb zwischen 120 und 130 Milchkühe. Vor 30 Jahren hat der Landwirt begonnen, die Wärme der frischen Milch zum Erwärmen von Wasser zu nutzen. 3000 Liter erhitzte er auf eine Temperatur von 30 Grad. Das Wasser wird zu Reinigungszwecken gebraucht. Natürlich bestückte Westermeier die Dächer seiner Betriebsgebäude mit Photovoltaik.

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2017 kam eine Hofbiogasanlage dazu. Diese wird zu 80 Prozent mit Gülle und Mist befüllt, zu 20 Prozent mit Mais oder anderen Pflanzen. "Durch Strom aus Eigenerzeugung erspart man sich einen Riesenbatzen Geld", verdeutlichte Westermeier. Mit einem großen Anteil der Abwärme heizt er 40 Wohnungen, mit dem Rest hält er die Biogasanlage am Laufen.

Der findige Landwirt hat eine Apparatur entwickelt, mit der er seine Milchkühe füttert. Betrieben wird sie durch selbst erzeugten Strom. Würde er einen 120 PS starken Schlepper dafür einsetzen, dann bräuchte dieser bis zu 70 000 Liter Diesel im Jahr. 2019 verfeinerte Westermeier die Technik zum Ausbringen von Gülle. Die lässt sich dadurch gezielter und sparsamer einsetzen. Deshalb konnte er zumindest im vergangenen Jahr auf Mineraldünger verzichten, der wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine extrem teuer geworden war. Auf diese Weise sparte Westermeier 40 000 Euro ein. Der Landwirt arbeitet weiter daran, seinen Betrieb so energieeffizient wie möglich zu bewirtschaften.

Westermeier ist nicht der einzige Landwirt aus dem Landkreis, der etwas zur Energiewende beitragen will. Josef Wimmer experimentiert in seinem Hopfengarten bei Au mit Photovoltaik. "Da haben wir die Erprobungsphase erstritten", sagte Landrat Helmut Petz, der die zweite Klimakonferenz einberufen hatte.

Werden Niedermoore wieder bewässert, dann werden weniger Treibhausgase in die Atmosphäre ausgestoßen. (Foto: Christian Endt)

Den Landwirten im Landkreis bietet sich eine weitere Möglichkeit, zur Energiewende im Landkreis Freising beizutragen, nämlich in der Bewirtschaftung der Niedermoorlandschaften. Liselotte Unseld vom Deutschen Verband für Landschaftspflege sagte, ihnen biete sich die Möglichkeit, als "Moosklimawirt" tätig zu werden.

Dazu gehört die Bewirtschaftung von Moorlandschaften wie dem Freisinger Moos. Durch die Bewässerung trockengelegter Feuchtgebiete lasse sich der Austrag von Treibhausgasen reduzieren. "Das ist günstiger Klimaschutz mit wenig Geld", sagte Unseld. Die Landwirtschaft müsste dafür nur die Bewirtschaftung der Flächen mit speziellen Pflanzen an die Bodenverhältnisse anpassen. Doch offenbar gibt es da noch eine psychische Hemmschwelle. Die Bäuerinnen und Bauern müssten das Gefühl haben, dass das, was sie tun, auch noch etwas mit Landwirtschaft zu tun hat. Und die findet hierzulande traditionell auf trockenen Böden statt.

Auf dem Weg in ein klimaschonendes Wirtschaften lauern allerdings oft die Fußangeln der Bürokratie. So dauert es bis zu zwölf Jahre, bis das Wasser in einem Niedermoor endlich steigen kann. Ähnlich sieht es bei anderen Formen der sauberen Energieerzeugung aus. So dürfe es künftig nur noch drei Jahre anstatt aktuell sechs dauern, bis ein Windrad stehe, forderte der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber. Und im Hauruck-Verfahren gehe schon gleich gar nichts. Bürgerinnen und Bürger müssten auf dem Weg zur Energiewende behutsam mitgenommen werden.

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