Freisinger Stadtrat:Gegenwind bei der Haushaltsberatung

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Immer teurer ist in den Jahren seit dem Bürgerentscheid der Bau der Westtangente durch das Freisinger Moos geworden. Unter anderem deshalb haben acht Stadträte jetzt gegen den Haushalt für 2020 gestimmt. (Foto: Marco Einfeldt)

Acht Stadträte stimmen vor allem wegen der Kostenexplosion beim Bau der Westtangente gegen den Etat der Stadt Freising für das Jahr 2020. OB Tobias Eschenbacher zeigt sich darüber verärgert.

Von Kerstin Vogel, Freising

Der Freisinger Stadtrat hat am Mittwoch den Haushalt für 2020 verabschiedet - und dabei weniger über dessen Inhalt als über das Abstimmungsergebnis diskutiert. Acht Gegenstimmen hatte es von den Grünen und den beiden Stadträten der Linken gegeben; wegen der jüngsten Kostenexplosion beim Bau der Westtangente wollten sie mit der Ablehnung ein Zeichen setzen. Ein etwas verärgerter Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher konnte das ebenso wenig nachvollziehen wie die anderen Fraktionen.

Die Eckdaten des 2020er Etats waren bereits im November im Finanzausschuss präsentiert worden, Kämmerer Matthias Nogly fasste die Zahlen am Mittwoch im Plenum noch einmal zusammen. Im Verwaltungshaushalt stehen, ähnlich wie für 2019, knapp 133,7 Millionen Euro. Der Vermögenshaushalt hat sich von etwa 71,5 Millionen im Jahr 2019 auf jetzt 138 Millionen Euro nahezu verdoppelt. Die Mindestzuführung vom Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt kann 2020 nicht erwirtschaftet werden. Stattdessen müssen 7,5 Millionen aus dem Vermögens- in den Verwaltungshaushalt überführt werden, um diesen auszugleichen.

Außerdem werden knapp 70 Millionen Euro aus den Rücklagen entnommen, die damit aufgebraucht sind. Und auch wenn man 2020 noch einmal ohne Kreditaufnahmen auskommt, werden sich in den Jahren 2021 bis 2023 fast 177 Millionen Euro an neuen Schulden auftürmen. Bei den Einnahmen wird die Gewerbesteuer wieder einen großen Posten ausmachen. Sie wird auf 37 Millionen Euro veranschlagt - eine vorsichtige Schätzung, wie betont wurde. Etwa genauso viel Geld soll 2020 der Einkommensteueranteil in die Kassen der Stadt spülen.

Dank "Steuerdusche" sei genug Geld da, quasi alle Wünsche und Antrage der Fraktionen seien durchgegangen

Schon im Vorfeld der Stadtratssitzung war zu hören gewesen, dass bei den Haushaltsberatungen große Einigkeit geherrscht habe. Durch die zuletzt sehr hohen Gewerbesteuereinnahmen - Finanzreferent Ulrich Vogl (ÖDP) kreierte dafür am Mittwoch den Begriff "Steuerdusche" - sei genug Geld da und die Wünsche und Anträge aus den Fraktionen seien quasi alle durchgegangen, verriet einer, der dabei gewesen ist. Doch trotz dieser Harmonie, die auch Grünen-Sprecher Sebastian Habermeyer in seiner Haushaltsrede festgestellt hatte, sah seine Fraktion - mit Ausnahme von Bürgermeisterin Eva Bönig - durch die Entwicklung bei der Westtangente "eine rote Linie" überschritten.

Hatten Grüne, Linke und ÖDP kurz zuvor bereits die jüngste Erhöhung der Projektkosten für den Bau der Umgehungsstraße um 25,6 auf nun fast 134 Millionen Euro nach hitziger Debatte abgelehnt (), nahm Habermeyer das wenig später zum Anlass, auch eine Ablehnung des gesamten Haushalts anzukündigen. Die Grünen kehren damit zu ihrer Haltung früherer Jahre zurück, in denen zumindest Teile der Fraktion aus Protest gegen die Westtangente regelmäßig gegen den Etat gestimmt hatten - tatsächlich hatte mit Manfred Drobny der letzte Grünen-Stadtrat diese Art des Protestes erst im vergangenen Jahr aufgegeben.

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"Wenn jeder den Haushalt ablehnt, weil ihm eine einzelne Maßnahme nicht passt, wird die Stadt handlungsunfähig"

Es gebe auch ein paar andere Punkte, "wo die Grünen-Fraktion nicht so ganz glücklich ist", sagte Habermeyer am Mittwoch - und nannte etwa den Stillstand beim Ausbau der Unterführung am Bahnposten 15 sowie die Forderung, bei den Investitionen endlich eine längerfristige Betrachtung einzuführen. "Wo, wenn nicht an dieser Stelle kann man seinem Unmut denn mal Ausdruck geben?" Linken-Sprecher Guido Hoyer, der zuvor ebenfalls die "recht angenehme Haushaltsberatung" gelobt hatte, kritisierte auch die Forderungen aus der Kämmerei, freiwillige Leistungen zu kürzen, und bat darum, das dann bitte auch richtig zu definieren. Schließlich sei der Ausbau der Innenstadt ebenfalls eine freiwillige Leistung. Es sei "eine schwierige Entscheidung, wie man über den Haushalt abstimme, sagte er, "aber wir stimmen amoi dagegen".

Vor allem diese etwas flapsige Formulierung war es, die OB Eschenbacher "schockierte". Das klinge nicht nach einer gut überlegten Entscheidung, kritisierte er. Für diese Haltung wie auch die Argumentation der Grünen habe er keinerlei Verständnis, sagte er, denn: "Wenn jeder jetzt den Haushalt ablehnt, weil ihm eine einzelne Maßnahme darin nicht passt, dann wird die Stadt handlungsunfähig." In seiner eigenen Haushaltsrede hatte Eschenbacher die Arbeit des Stadtrats zuvor ausdrücklich gelobt: "Wir können zu Recht stolz darauf sein, viele große Projekte auf den Weg gebracht zu haben und zukunftsorientiert zu planen."

© SZ vom 06.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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