Im Freisinger Stadtrat:Heftiger Streit um die Westtangente

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Der Bau der Westtangente kostet jetzt 133,8 Millionen Euro. (Foto: Marco Einfeldt)

Im Stadtrat geht es um die jüngsten Kostensteigerungen für die Umgehung. Gegner des Projekts und die Verwaltung mit Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher an der Spitze liefern sich einen verbalen Schlagabtausch.

Von Kerstin Vogel, Freising

Ein heftiger Streit ist am Mittwoch im Stadtrat einmal mehr um den Bau der Westtangente und die jüngsten Kostensteigerungen entbrannt. Gegner des Projekts und die Verwaltung mit Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher an der Spitze lieferten sich einen verbalen Schlagabtausch, den das Gremium in dieser Form lange nicht erlebt hat - und der auch nicht allen Kollegen gefiel. Eigentlich hätte im Plenum lediglich der Beschluss zur bereits bekannten, neuerlichen Erhöhung der Projektkosten um 25,6 auf jetzt 133,8 Millionen Euro gefasst werden sollen, doch elf Stadträte von Grünen, ÖDP und Linken verweigerten ihre Zustimmung.

Projektleiter Franz Piller hatte zuvor sinngemäß erklärt, man hoffe, dass das Ende der Fahnenstange nun erreicht sei. Das allerdings rief Grünen-Stadtrat Jürgen Maguhn auf den Plan. Er könne kaum an sich halten, wenn er höre: "Wir hoffen, wir hoffen. Was sie uns heute hier präsentieren, ist ein Hammer." 2013 sei vor dem Bürgerentscheid eine Kostenberechnung von 86 Millionen Euro präsentiert worden. "Da hieß es, das sei solide und seriös, aber sie haben doch gewusst, dass der Untergrund in Vötting schwierig ist und das teurer wird", sagte er an die Adresse Pillers.

Das Gutachten, das die Tangentengegner vorgelegt hätten und in dem schon damals die Rede von 130 Millionen gewesen sei, sei jedoch "vom Tisch gewischt worden". Wenn das so weiter gehe, sei man in einem Jahr bei 160 Millionen Euro, empörte sich Maguhn und zeigte eine Grafik, auf der er die Kostensteigerung fortgeschrieben hatte: "Das ist eine komplette Bankrotterklärung des Projektmanagements."

Die Grafik sei unseriös, konterte Oberbürgermeister Eschenbacher, man könne die Entwicklung nicht einfach linear weiter nach oben zeichnen. Piller erklärte, er könne die Verärgerung der Tangentengegner nachvollziehen, "aber nicht die Wortwahl". Man könne nicht einfach einen "Risikofaktor" auf eine Kostenberechnung aufschlagen, wie es Maguhn gefordert hatte - und den erzeugten Eindruck, dass die Experten der Stadt bei der Planung stümperhaft oder amateurhaft gearbeitet hätten, weise er zurück, sagte Piller unter dem Applaus zahlreicher Stadträte.

Finanzreferent Ulrich Vogl zog sich den Unmut einiger Kollegen zu, als er "zur verbalen Abrüstung" aufrief und das eher an Piller als an Maguhn adressierte. Der Stadtrat habe die Pflicht, die Arbeit der Verwaltung und die Kosten zu kontrollieren, sagte Vogl weiter: "Und das hier ist der Supergau." Wenn man seit den zum Bürgerentscheid vorgelegten Zahlen eine Kostensteigerung um 50 Millionen Euro zu verantworten habe, müsse man schon ein wenig Demut walten lassen: "Das dürfte ein Allzeitrekord in 1300 Jahren Stadtgeschichte sein", sagte Vogl, und verwies auch gleich noch auf die "mit Abstand größte Naturzerstörung in 1300 Jahren", die man im Freisinger Moos angerichtet habe: "Da kommen mir die Tränen."

Wie Maguhn und Vogl stellte auch Grünen-Sprecher Sebastian Habermeyer die Frage in den Raum, wo das alles enden solle. Es werde suggeriert, dass es das jetzt gewesen sei mit der Kostensteigerung: "Aber das stimmt doch gar nicht, das wird doch noch mehr", sagte Habermeyer und warnte schon einmal: "Erwarten sie nicht, dass wir dann unkommentiert zustimmen."

Wahlkampftaktische Gründe vermutete dagegen Reinhard Fiedler hinter dem, was sich Piller da nun anhören müsse: "Ich finde das unerhört und möchte mich im Namen meiner Fraktionskollegen dafür entschuldigen." Auch Peter Warlimont (SPD) erklärte, es sei "völlig inakzeptabel", wie hier fast schon ein Bild des Versagens gezeichnet und die Integrität des Fachamts und des Fachamtsleiters in Frage gestellt worden sei. Peter Geiger (CSU) sprach von unverschämter Rhetorik", während Benno Zierer (Freie Wähler) dann doch einräumte, es hätten "alle gewusst, dass es teurer wird. Alles andere wäre scheinheilig."

Die Frage, wo denn nun tatsächlich das Ende der Fahnenstange erreicht sei, konnte am Ende auch der Oberbürgermeister nicht beantworten. Nach dem jedoch lediglich eine Summe von 13 Millionen Euro noch nicht ausgeschrieben ist, kann man sich laut Robert Weller (FW) etwa ausrechnen, "wo an der Fahnenstange wir uns befinden. 80 bis 90 Prozent sind dann ja schon ausgegeben".

© SZ vom 06.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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