Kommunale Finanzlage:Eine klamme Stadt in der Klemme

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Es läuft gut auf der Baustelle der Grundschule Vötting. Der Gesamtfertigstellungstermin zum Schuljahr 2024/25 ist nach derzeitigem Stand nicht gefährdet. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Sanierung des Asamgebäudes kostet 64,5 Millionen Euro, die Vöttinger Schule 46,5 Millionen Euro. Das neue Stadtmuseum wird einmal sehr schön, bringt aber kein Geld. Die Kämmerei hebt mahnend den Finger und so mancher im Stadtrat blickt sorgenvoll in die Zukunft.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Vier Euro. So viel kostet einmal der Eintritt ins neue Freisinger Stadtmuseum. Auszubildende und Rentner zahlen nur zwei Euro. Die Jahreskarte gibt es für zehn Euro. 47,85 Millionen Euro. So viel kostet mittlerweile die Erweiterung und Sanierung der Grundschule in Vötting. 64,5 Millionen Euro. Das kostet jetzt die Generalsanierung des Asamgebäudes. Was diese Zahlen miteinander zu tun haben? Sehr viel, denn sie zeigen auf, in welcher Klemme die klamme Stadt Freising gerade steckt. Den Sparhaushalt für 2023 hat die Stadt nach dem Veto der Rechtsaufsicht gerade erst verabschiedet, um überhaupt handlungsfähig bleiben zu können.

Die Haushaltsberatungen für 2024 starten jetzt und die Lage wird nicht besser werden. Sie ist im Moment sogar so schlecht, dass die Kämmerei bei der Preisgestaltung des neuen Stadtmuseums mahnend den Finger gehoben hat, weil ein großer Personenkreis freien Eintritt haben soll. Schüler natürlich, Kinder und Jugendliche unter 18, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Freising, die Freisinger Stadtführer und Lehrer, die ihre Klassen begleiten. Am Dienstag, dem Abendöffnungstag von 15 bis 21 Uhr, sollen aus Werbezwecken alle Besucher umsonst eingelassen werden.

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"Die Kämmerei sieht den Kreis der Personen, die freien Eintritt bekommen sollen, kritisch", heißt es dazu in der Vorlage der Verwaltung, die am Dienstag dem Kulturausschuss vorgelegt wurde. "Dieser ist so groß gefasst, dass kaum Einnahmen erwartet werden können. Insbesondere sollte über den freien Eintritt am Dienstag und für Mitarbeiter der Stadt Freising diskutiert werden", heißt es weiter. Dazu muss man feststellen, dass diese zusätzlichen Einnahmen, man spricht von 1000 Euro, die man so generieren könnte, Peanuts sind. Außerdem waren Stadtmuseen und andere kulturelle Einrichtungen noch nie dafür bekannt, große Geldbringer für Kommunen zu sein. Freibäder übrigens auch nicht. Aber sie machen das Leben schöner.

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Der Vorschlag zur Preisgestaltung im neuen Freisinger Stadtmuseum wurde vom Kulturausschuss mehrheitlich abgesegnet. Einzig Jürgens Mieskes, CSU, nahm die Mahnung der Kämmerei ernst und verweigerte seine Zustimmung. Im Vergleich zu den zwei Millionen Euro, welche die Stadt nun für die Sanierung der Grundschule Vötting draufschlagen muss, sind die Einnahmen aus dem Stadtmuseum allerdings zu vernachlässigen. Von den zusätzlichen 5,5 Millionen Euro für das Asamgebäude ganz zu schweigen. Angefangen hatte man da 2016 bei 46,4 Millionen Euro. Jetzt sind es also 64,5 Millionen Euro. Bei Grundschule Vötting stand man 2o21 bei 39,85 Millionen Euro, nun sind es Gesamtprojektkosten von 45,85 Millionen Euro. Da kann einem schwindelig werden.

Rasante Kostenentwicklung am Bau, die nach dem Ukrainekrieg noch einmal angezogen hat.

Hauptkostentreiber ist sowohl bei der Vöttinger Schule als auch beim Asamgebäude die rasante Kostenentwicklung am Bau, die mit Beginn des Ukrainekrieges noch einmal angezogen hat. Beim Asamgebäude kam es überdies zu erheblichen Bauverzögerungen und in der Folge wieder zu Kostensteigerungen beim Baumaterial, weil der Baustellenbetrieb während der Pandemie schwer beeinträchtigt war. Verschiedene Firmen hatten zeitweise überhaupt nicht arbeiten können, weil ihre Monteure aus dem Ausland wegen Corona nicht einreisen durften. Persönliche Meetings konnten nicht stattfinden, was bei einem solchen Großprojekt wichtig ist. Oder es konnte nur mit verringertem Personal gearbeitet werden, weil ein Teil der Belegschaft krankheitsbedingt ausgefallen war.

Die Stadt kann also nichts dafür und kommt aus der Nummer jetzt auch nicht mehr raus. Die Aufträge sind vergeben, die Vöttinger Schule wird dringend gebraucht und das Asamgebäude steht kurz vor der Fertigstellung. Einfach aufhören kann man nicht. "Wir sind auf der Zielgeraden und ich kann Ihnen versprechen, das Asam wird gut ", versicherte Projektsteuerer Helmut Grepmair.

"Es wird gut", verspricht der Projektsteuerer. (Foto: Marco Einfeldt)

Auch einen Fertigstellungstermin gibt es schon, den 31. Dezember 2023. Dann können alle, die hinein müssen, einziehen und sich einrichten. Das wird wohl bis April 2024 dauern. Dann soll das Asamgebäude seiner Bestimmung übergeben werden. Endlich. Ein Tag, den Freisings Kulturreferentin Susanne Günther, Grüne, "voller Vorfreude" erwartet, trotz der Mehrkosten. "Im Vergleich mit der Elbphilharmonie sind wir ja noch ganz gut weggekommen", sagte sie scherzhaft. Der Empfehlungsbeschluss an den Stadtrat, die gestiegenen Kosten im Fall der Vöttinger Schule und des Asamtrakts zu akzeptieren, fiel einstimmig aus. "Da müssen wir durch, es trifft alle," beschrieb Monika Riesch, Freisinger Mitte, die Ausweglosigkeit, in der sich die Stadt befindet.

"Ich würde mir nur wünschen, dass wir die Freigiebigkeit, die wir beim Asam zeigen, später auch bei den freiwilligen Leistungen haben", sagte Teresa Degelmann von der SPD. Das Unbehagen, das ihr die Gesamtsituation bereitet, ist ihr am Tag nach der Sitzung des Kulturausschusses noch anzumerken. "Aber wenn ich dem Asam jetzt nicht zustimme und es zu weiteren Bauverzögerungen kommt, dann wird es ja noch schlimmer, denn es wird dann noch teurer." Die Stadträte und Stadträtinnen machten es sich bei diesen Entscheidungen nicht leicht. "Natürlich habe ich dabei Bauchschmerzen, wenn ich sehe, dass hier so viel Geld ausgeben wird und an anderer Stelle fehlt es dann." Teresa Degelmann blickt mit einiger Sorge in die Zukunft.

"Wenn wir mit dem Haushalt unter Aufsicht gestellt sind, und die nächsten Haushaltsberatungen stehen an, sind es immer die freiwilligen Leistungen, an denen gespart wird. Da muss man frühzeitig dagegen steuern", warnte sie. Noch stehe da nichts zur Debatte, das müsse man ganz klar sagen. "Aber je schwieriger die Haushaltslage wird, umso wahrscheinlicher sind Streichungen in diesem Bereich." Man wird sehen.

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