Kirchbergers Woche:Das "Monster im Moos" zähmen

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Seit 30 Jahren versucht die Region mit dem Nachbarn Flughafen klarzukommen. Die Stadtjugendpflege hat nun vielleicht einen etwas anderen Weg gefunden.

Kolumne von Johann Kirchberger

Wer das "Monster im Moos" einst erfunden hat, lässt sich heute nicht mehr so genau sagen. Auf jeden Fall macht dieser Begriff die Runde, seit 1992 das erste Flugzeug im Erdinger Moos gestartet ist. Franz Josef Strauß, heißt es, soll das Monster ausgelassen haben, dafür darf es jetzt seinen Namen tragen. Ganze Orte wie Franzheim oder Schwaigermoos hat das Monster schon gefressen und sich aufgebläht von einem beschaulichen Riemer-Ersatzflughafen zu einer vorgeblichen Kathedrale des Fortschritts, zu einem europäischen Drehkreuz der Lüfte. Wo einst Pfefferminze angebaut und Torf gestochen wurde, protzen heute Tower, Terminals, Airport-Center, Logistikzentren und Hotelkomplexe.

Aber dem Monster reicht das nicht, es will noch größer werden, immer weiter wachsen und sich in die Landschaft hineinfressen. Da war es eigentlich nur logisch, dass Pläne für eine dritte Startbahn geschmiedet und letztendlich auch genehmigt wurden. Lange schien sich das Monster durch nichts stoppen zu lassen, bis schließlich ein kleines Virus daherkam und nicht nur den Menschen zusetzte, sondern auch dem Moos-Ungeheuer ein wenig die Luft ausließ.

Doch es bläht sich schon wieder auf, neue Verkehrswege werden gebaut, Terminals werden vergrößert - und jetzt ist auch noch so eine nebulöse Event-Arena im Gespräch. Ob die dem Bau einer dritten Startbahn tatsächlich Vorschub leistet oder eher ein Segen für die Stadt Freising ist, muss allerdings erst noch geprüft werden.

Auch die Idee, die dritte Startbahn aus dem Landesentwicklungsplan zu streichen und stattdessen auf dem freigewordenen, etwa 2,6 Quadratkilometer großen Areal Solarzellen zu errichten, ist mehr als umstritten. Angeblich ließe sich mehr als die Hälfte des Energiebedarfs der Landkreise Freising und Erding durch eine solche Anlage decken. Das klingt doch verlockend. Aber ausgerechnet ein Vertreter der CSU nannte das im Kreisausschuss Gigantismus und schlug vor, lieber auf Windkraft als auf Photovoltaik zu setzen. Das machte selbst die Grünen stutzig, weshalb jetzt zuerst einmal eine Studie erstellt werden muss. Was immer dabei herauskommen mag, das Monster muss gezähmt werden, da sind sich alle einig.

Aber was ist jetzt das? Eine Zeitenwende ist angesagt. Die Stadt Freising hat prompt reagiert und lässt ihren Nachwuchs ausbilden, um mittel- und langfristig über starke Kräfte zu verfügen, die das Monster in Schach halten können. Unter dem Motto "Monsterzähmen leicht gemacht" fährt schon der Spielbus durch die Stadt, gibt Kurse wie "Monsterwissen-leicht-gemacht" oder "Lass dein Monster raus" und ermöglicht es acht- bis zwölfjährigen Buben und Mädchen, ein "Erschreckerdiplom" zu erwerben, das bei einer "Monsterparty" vergeben wird. Ob eine einmalige Ausbildung reicht oder ob es Jahr für Jahr einer Auffrischungsimpfung bedarf, um das Monster dauerhaft zu zähmen, wird man sehen. Die Stadtjugendpflege jedenfalls hat sich entschlossen zu handeln, ohne eine Studie in Auftrag zu geben oder einen kreisrunden Tisch zu bilden. Und das hat doch irgendwie Vorbildcharakter.

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