Bibliotheken:Nicht nur für Bücherwürmer

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Die Moosburger Stadtbücherei wurde 2023 75 Jahre alt. (Foto: Marco Einfeldt)

Bibliotheken in den Landkreisen Freising und Erding sind angesagt: Die Besucherzahlen steigen wieder, die Veranstaltungen sind gut besucht. Was macht sie so beliebt?

Von Francesca Polistina, Freising/Erding

Im Sommer 2022, gleich nach der Pandemie und mitten in der Gaskrise, äußerte sich der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) kritisch zu den Spekulationen über kürzere Öffnungszeiten von Bibliotheken. "Bibliotheken sind Zufluchtsorte in der Krise", so der Verband in einer Stellungnahme, die an die Kommunen adressiert war. "Sie werden gebraucht, und es nutzt niemandem, sie zu schließen."

Zwei Jahre später haben bisher nicht alle Büchereien in den Landkreisen Freising und Erding die Zahlen vor Corona erreicht, aber die meisten sind auf einem guten Weg dorthin. Und die Leiterinnen zeigen sich mit den Besucherzahlen zufrieden.

Zum Beispiel die Bibliothek in Neufahrn. 2023 wurden in der Gemeindebücherei 125 713 Medien ausgeliehen und es waren 2834 aktive Nutzer, im Vergleich zum Jahr 2022 bedeutet dies einen Anstieg von 23 Prozent bei den ausgeliehenen Medien und von sechs Prozent bei den aktiven Nutzern. Zwar gab es in den ersten Monaten des Jahres 2022 noch Corona-Einschränkungen, sodass ein Vergleich schwierig ist, aber die Zahlen zeigen, dass die Einrichtung sich inzwischen gut erholt hat.

"Wir sind ein lebendiger Treffpunkt und der wichtigste, nicht-kommerzielle Bildungs- und Kulturort der Gemeinde Neufahrn", sagt Leiterin Michaela Reidel. Mit ihren 400 Veranstaltungen inklusive Kita- und Schulbesuchen belegt die Einrichtung den ersten Platz unter den bayerischen Bibliotheken in Gemeinden vergleichbarer Größe. Bemerkenswert ist aber nicht nur die Anzahl der Initiativen, sondern auch deren Erfolg. "Die Kindertheaternachmittage mit 100 Plätzen sind innerhalb kurzer Zeit ausgebucht. Auch bei den Bastelnachmittagen und Workshops sind die Plätze in ein bis zwei Tagen weg", betont die Leiterin. Die Abendveranstaltungen seien ebenfalls oft ausgebucht. Die Bibliothekarin möchte gerne manche Veranstaltungen zweimal anbieten, aber "leider fehlen uns da die Ressourcen, sowohl finanziell als auch personell".

Michaela Reidel leitet die Bibliothek in Neufahrn. (Foto: Marco Einfeldt)

In der Bibliothek in Freising steigt die Zahl der ausgeliehenen Medien nur langsam wieder: 2023 wurden 258 838 Medien ausgeliehen, die Zahl der aktiven Nutzer lag bei 4892, ein minimaler Anstieg gegenüber dem Vorjahr. "Leider haben wir das Vor-Corona-Niveau noch nicht wieder ganz erreicht", sagt Leiterin Susanne Beck. Auffallend ist aber, dass die Besuche laut Besucherzähler um 28 Prozent gestiegen sind, nämlich von 64 725 (im Jahr 2022) auf 83 389 (2023). Besonders die Veranstaltungen für Kinder, wie etwa die Vorleseangebote, seien beliebt, "hier kommen meist auffällig mehr Teilnehmer als vor der Corona-Pause", sagt die Leiterin. Auch das "Vorlesen an besonderen Orten" außerhalb der Bibliothek, wie demnächst auf dem Uferlos im Nachhaltigkeitszelt, wird gut angenommen. Wieder etabliert hat sich der Lesekreis, allerdings mit ganz anderen Teilnehmern als vor Corona.

In Erding zeigt sich Stadtbücherei-Leiterin Ingrid Müller-Heß "sehr zufrieden". 202 252 Medien wurden im Jahr 2023 ausgeliehen, die Zahl der aktiven Nutzer lag bei 4984 - ein leichtes Plus von rund zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Zahl der Besucherinnen und Besucher, die nur die Angebote vor Ort nutzen (zum Beispiel Zeitung lesen oder für die Schule lernen), werde statistisch nicht erfasst, erklärt die Leiterin. Aber: "Nach Corona haben wir auf jeden Fall mehr Leser im Haus als früher." Denn die kommunale Bibliothek in Erding hat sich in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Lernort entwickelt, viele Jugendliche gehen dorthin, weil sie sich auf "neutralem Boden" treffen und etwa die Abschlussprüfungen vorbereiten wollen, sagt die Leiterin.

Ingrid Müller-Heß ist Leiterin der Stadtbücherei in Erding. (Foto: Renate Schmidt)

Die Gründe für den Erfolg der Bibliotheken sind vielfältig. Bibliotheken sind nicht nur kulturelle Einrichtungen, sondern auch soziale Treffpunkte, die allen Schichten und Altersstufen offenstehen. Besonders in kleinen Gemeinden oder Dörfern, wo das kulturelle und Freizeitangebot reduziert ist, gewinnen sie an Wichtigkeit. Und dann ist da noch der finanzielle Aspekt: Bibliotheken gelten als einer der letzten konsumfreien Orte, an denen man so lange sitzen kann, wie man möchte, ohne dafür bezahlen oder sich erklären zu müssen. Gerade im Winter sind sie ein bisschen wie eine "warme Stube".

Linda Kotzer, Leiterin der Bücherei in Moosburg, sagt, ihre Einrichtung organisiert inzwischen mehr Veranstaltungen und macht mehr Werbung als in der Zeit vor Corona, aber auch die gestiegenen Buchpreise tragen ihrer Meinung nach zum Erfolg der Büchereien bei. In ihrer Bibliothek hat sich vor allem der Kinderbereich gut entwickelt: "2023 hatten wir im Kinder- und Jugendbuchbereich 10 000 Ausleihen mehr als vor Corona", sagt sie. Nach der Pandemie haben mehr Eltern angefangen, mit den Kindern in die Bibliothek zu gehen - vielleicht aus finanziellen Gründen, vielleicht um die Leseleistungen der Kleinen zu fördern oder um eine Veranstaltung zu besuchen. Eines ist sicher: Bibliotheken sind längst nicht mehr nur ein Ort für Bücherwürmer. Erst recht nicht in schwierigen Zeiten.

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