Flugverkehr:Beladen mit ultrafeinen Partikeln

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Die Ultrafeinstaub-Belastung im Flughafenumland ist hoch, das zeigen die Messungen des Bürgervereins. (Foto: Lex Rayton/imagebroker)

Vor allem wenn der Wind aus Richtung Flughafen weht, ist die Schadstoffbelastung in der Luft sehr hoch. Das zeigen die Messungen des Bürgervereins Freising. Er fordert die Politik deshalb auf, endlich zu handeln.

Von Petra Schnirch, Freising

Die Studie der Universität Bayreuth zu den Ultrafeinstaub-Belastungen im Flughafenumland lässt wohl noch länger auf sich warten. Die Ergebnisse seiner eigenen Messungen konnte der Bürgerverein Freising am Montag aber endlich präsentieren. Und diese zeigen: Vor allem wenn der Wind aus Richtung Flughafen kommt, sind die Partikelzahlen teils sehr hoch - und übersteigen den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als kritisch angesehenen Wert vielerorts deutlich.

Dann sei der Wind "mit ultrafeinen Partikeln beladen", sagte Oswald Rottmann, Schriftführer des Vereins. Der Vorstand fordert von der Politik deshalb, endlich Maßnahmen zu ergreifen und nicht länger zu warten. Knapp sieben Monate lang, von Anfang Juli bis Anfang Dezember 2021 sowie im Februar und März 2022, hat der Bürgerverein im Zuge des Forschungsprojekts die ultrafeinen Partikel (UFP) an sechs Orten ermittelt.

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Am höchsten waren die Werte in Achering in etwa sechs Kilometer Entfernung vom Tower, in der Achse der Startbahnen. Wehte der Wind aus Richtung Flughafen und das war laut Rottmann an 42 Prozent der Tage der Fall, waren es in dieser Zeit im Mittel 21 249 UFP-Partikel pro Kubikzentimeter Luft. Die Weltgesundheitsorganisation sieht Werte von 10 000 Partikeln und mehr als gefährliche Konzentration an.

Selbst nachts, zwischen Mitternacht und sechs Uhr, wenn kaum geflogen wird, kam der Bürgerverein bei entsprechender Windrichtung noch auf 10 356 Partikel. Besser sieht es aus, wenn der Wind zum Flughafen weht. Dann waren es tagsüber im Mittel 6553 Partikel. In Attaching waren es tagsüber - jeweils bei Wind aus Flughafenrichtung - 14 410 Partikel (24 Prozent der Tage), in Eitting 14 942 (47 Prozent der Tage), in Massenhausen - elf Kilometer vom Airport entfernt - sogar 15 980 (26 Prozent), in Hallbergmoos 13 924 (40 Prozent). In Freising war die Situation am besten mit 10 241 Partikeln pro Kubikzentimeter Luft und das auch nur an 14 Prozent der Tage. Das sei vielleicht auch auf die Bebauung zurückzuführen, vermutete Rottmann.

Mit solchen Partikelzählern, Discmini genannt, hat der Bürgerverein die Ultrafeinstaub-Belastung an sechs Punkten gemessen. Reinhard Kendlbacher (l.) und Vorsitzender Wolfgang Herrmann beteiligten sich mit anderen Ehrenamtlichen an den Erhebungen. (Foto: Johannes Simon)

Insgesamt 169 Messtage verzeichnete der Bürgerverein. Da diese in die Zeit der Pandemie fielen, war die Zahl der Flugbewegungen nur etwa halb so hoch wie im Vor-Corona-Jahr 2019. Bereits bei 400 Flugbewegungen pro Tag werde die von der WHO genannte kritische Grenze gerissen, erklärte Rottmann. 2019 gab es bis zu 1020 Starts und Landungen. Mit einer dritten Startbahn würden die Werte noch einmal erheblich ansteigen. Der Flughafen sei "die dominante lokale UFP-Quelle". Die Geräte waren zu Beginn der Messungen in Zusammenarbeit mit dem Helmholtz-Institut geprüft worden. Der Freistaat unterstützte den Bürgerverein mit 67 000 Euro für das Nebenprojekt.

"Ohne den Bürgerverein gäbe es die offiziellen Messstellen bis heute wahrscheinlich nicht", glaubt Vereinsvorsitzender Wolfgang Herrmann. Die Präsentation im Freisinger Lindenkeller nannte er einen "bedeutenden Meilenstein" für den Verein. Seit Jahren nehmen die Mitglieder immer wieder Messungen vor, deren Ergebnisse anfangs von den Verantwortlichen am Flughafen und in der Staatsregierung in Zweifel gezogen wurden. 2020 stieg auch der Landkreis in die Erhebungen ein. Man habe erreicht, dass die Ultrafeinstaub-Belastung "ein politisches Thema" geworden sei, sagte Landrat Helmut Petz in einem Grußwort.

Dass die ultrafeinen Partikel gesundheitsschädlich sind, daran besteht kein Zweifel mehr. "Das ist wie Passivrauchen", sagte Kathrin Wolf vom Helmholtz Munich. Sie listete auf, dass die Schadstoffe in die Lunge, den Magen-Darm-Trakt, in Blutkreislauf und Herz sowie über den Geruchsnerv sogar ins Gehirn gelangen. Es gebe aber noch viel zu wenige Studien, gerade zu langfristigen Belastungen.

Auch am Flughafen selbst würde der Bürgerverein gerne Messungen vornehmen

Bis auch der Bericht der Universität Bayreuth vorgestellt wird, dürfte noch einige Zeit vergehen. Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (FW) hat das Forschungsprojekt gerade um drei Jahre verlängert. Die beiden offiziellen Messstellen der Universität Bayreuth befinden sich in Freising auf dem Areal der Stadtgärtnerei und am Volksfestplatz in Hallbergmoos, beide also seitlich der Startbahnen. Auf den Achsen sei die Belastung höher, sagte Rottmann. Glauber hatte am Montag erste Zwischenergebnisse bekannt gegeben.

Demnach sind die UFP-Konzentrationen im unmittelbaren Umfeld des Flughafens nach seinen Worten "vergleichbar mit urbanen Gebieten wie Augsburg, Regensburg und München". In Freising und in Hallbergmoos seien im Jahresmittel UFP-Anzahlkonzentrationen zwischen 7800 und 8400 Partikel pro Kubikzentimeter gemessen worden.

Messen würde der Verein auch gern auf dem Flughafengelände selbst, um die Belastungen für die Beschäftigten und die Kindertagesstätte zu ermitteln. "Das aber wird uns verweigert", kritisierte Rottmann. Die Bürgerverein bekräftigte seine Forderungen nach dem Einsatz von schwefelarmem Kerosin und Taxibots, mit denen Flugzeuge ohne laufende Turbinen zur Start- oder von der Landebahn gezogen werden können. Damit ließen sich laut Rottmann am Münchner Flughafen etwa 50 000 Tonnen Kerosin pro Jahr einsparen - und 1100 Tonnen Luftschadstoffe.

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