Elektromobilität im Landkreis Freising:Die Zukunft ist elektrisch

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Wer die Energiewende schaffen will, muss auch bei der Mobilität umdenken. Im Landkreis Freising machen Elektroautos erst knapp ein Prozent der gemeldeten Fahrzeuge aus. Doch die Nachfrage steigt

Von Gudrun Regelein, Freising

Bis 2035 soll der gesamte Landkreis ausschließlich mit erneuerbaren Energien versorgt werden. So heißt es zumindest im Energiewendebeschluss, den der Kreistag im März 2007 verabschiedet hat. Ein Baustein im "großen Vorhaben Klimaschutz" sei die Elektromobilität, sagte jüngst Landrat Helmut Petz, als er drei neue Elektroautos präsentierte, die nun den Fuhrpark des Landratsamts verstärken. Sukzessive sollen dort alle Fahrzeuge ausgetauscht werden. Auch zwei E-Bikes hat man bereits angeschafft, weitere sollen folgen. Pläne gibt es einige: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können künftig ihre eigenen E-Fahrzeuge kostenlos betanken, gleiches soll dem Personal der kreiseigenen Schulen angeboten werden.

Die SZ Freising fragte bei Protagonisten nach, wie es - 14 Jahre vor der Energiewende - im Landkreis um die Elektromobilität bestellt ist.

Der Energiebeauftragte

Insgesamt 161 152 Fahrzeuge sind (Stand 1. Januar 2021) im Landkreis Freising zugelassen, davon haben 1279 Autos und 73 Lastwagen einen reinen Elektroantrieb. Mit Hybrid fahren 2418 Personen- und ein Lastwagen. Im Jahr 2018 waren es noch 627 E-Fahrzeuge - ihre Zahl wuchs bis 2020 auf 1231 an. Dennoch fährt noch immer gerade einmal ein knappes Prozent aller Fahrzeuge im Landkreis mit Strom. "Das ist aber nur eine Momentaufnahme", sagt Moritz Strey, der Energiebeauftragte am Landratsamt Freising. Allein schon aus wirtschaftlichen Gründen werde es künftig viel mehr E-Fahrzeuge geben, versichert er. Dann nämlich, wenn die Batteriepreise sinken - und gleichzeitig die Spritpreise hoch bleiben oder steigen. Die Betriebskosten von E-Autos seien günstig, werde auch die Anschaffung noch günstiger, sei das für viele ein Kaufgrund. "Das E-Auto ist das Auto der Zukunft, da bin ich mir zu 100 Prozent sicher." 2015 habe man für das Landratsamt das erste Elektrofahrzeug angeschafft, inzwischen gibt es dort fünf. Mit der Reichweite sei es kein Problem: "Batterien und Ladeleistung sind ausreichend", berichtet Strey.

Ein großes Piktogramm weist an der Ismaninger Straße in Freising auf die Stromladesäulen für Elektrofahrzeuge am Parkplatz "Savoyer Au" hin. (Foto: Marco Einfeldt)

Die erste Ladesäule im Landkreis war die der Stadtwerke Freising, die 2011 installiert wurde und anfangs kostenlos genutzt werden konnte. Aber bereits zuvor war ein Aufladen an Steckdosen in den Freisinger Parkhäusern möglich, berichtet Strey. Derzeit werde nun das Netz der Ladestationen ausgebaut, die Bürger-Energie-Genossenschaft Freisinger Land eG wurde damit beauftragt. In Zukunft, so Strey, werde das "Tanken" privater E-Fahrzeuge aber hauptsächlich zu Hause - bestenfalls mit einer PV-Anlage auf dem Dach - oder beim Arbeitgeber geschehen.

Ernad Hadzic, Betriebsleiter beim Freisinger Autohaus Renault Müller

130 bis 200 E-Autos stehen derzeit auf dem Gelände des Autohauses, sagt Hadzic. "Wir waren die ersten Händler im deutschsprachigen Raum." Renault brachte 2013 den "Zoe" auf den Markt, eines der ersten hundertprozentig elektrischen Stadtautos für eine breite Öffentlichkeit. Hadzic ist sich sicher, dass sich die E-Autos durchsetzen. Sie seien hocheffizient - und Strom gebe es überall. Die Reichweite der neuen Generation betrage mittlerweile bis zu 550 Kilometer. Das Autohaus liefere in alle Ecken Deutschlands, aber nur relativ wenige blieben im Landkreis. "Das liegt wahrscheinlich daran, dass es hier noch zu wenige Ladestationen gibt, meint Hadzic. Auch würden die lokalen, zusätzlichen Subventionen beim Kauf eines E-Autos fehlen.

"Solarer Vorreiter": Werner Hillebrand-Hansen. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Bürger Energie Genossenschaft - Freisinger Land eG

Es war Anfang der 1990er-Jahre, als Werner Hillebrand-Hansen, einer der beiden Vorstände der Genossenschaft, mit seinen Brüdern und Andreas Henze, dem zweiten Vorstand, ein Solarmobil selbst baute - aus einer italienische Ape. Mit dem Fahrzeug nahmen sie dann an der inoffiziellen Weltmeisterschaft "Tours de Sol" in der Schweiz teil - flogen aber aus der Wertung, da ihr Solarmobil zu viel Energie verbrauchte.

Hillebrand-Hansen zählt zu den Pionieren bei den Themen Energiewende und Solarenergie im Landkreis. Einige Zeit nach der WM gründete er mit seinen Mitstreitern den Förderverein Sonnenkraft, später folgte die Bürger-Energie-Genossenschaft. Momentan ist dort die Ladeinfrastruktur großes Thema, berichtet er. Vom Verkehrsministerium gebe es derzeit nämlich ein Programm zur Förderung der lokalen Ladestruktur, die 80 Prozent der Investitionssumme abdecke. Die Genossenschaft bietet deshalb allen Landkreis-Kommunen an, eine Ladestation aufzustellen und diese für zehn Jahre zu betreiben. Für die Kommunen, die Mitglied in der Genossenschaft sind oder werden, ist die erste Station kostenfrei. Die notwendige Fläche müsse aber natürlich gestellt, das Fundament geschaffen werden, so Hillebrand-Hansen. Die Resonanz ist riesig: "Wir können uns gar nicht vor der Nachfrage retten", sagt er. Neben dem Landkreis sind inzwischen bereits weitere 20 Gemeinden Mitglied der Genossenschaft.

In Freising gibt es bereits eine Ladeinfrastruktur, ähnlich in Moosburg, in Hallbergmoos, Langenbach, Marzling, Allershausen und Paunzhausen. In den anderen Gemeinden ist das aber noch nicht der Fall, und diese hätten nun wohl den Bedarf erkannt, sagt Hillebrand-Hansen. Etwa 30 Säulen gibt es derzeit im Landkreis, mit insgesamt etwa 60 Ladepunkten. Dass sich die Elektro-Fahrzeuge durchsetzen werden, sagt auch Hillebrand-Hansen. Der Markt wachse rasant - bis Mitte der 2020er-Jahre werden mindestens bis zu 80 Prozent der Neuwagen Elektrofahrzeuge sein, meint er. Er selbst fahre seit sechs Jahren nur noch elektrisch, das funktioniere wunderbar. Auch das Aufladen sei kein Problem, es gebe mittlerweile Karten, mit denen auch europaweit Strom "getankt" werden könne.

Die Stadt Freising

Elektromobilität sei ein wichtiges Thema, "das ist gesellschaftlich und politisch zuletzt immer stärker in den Fokus gerückt", sagt Stadtsprecherin Christl Steinhart. Die Stadt wolle mit gutem Beispiel vorangehen, sukzessive wird auch hier der eigene Fuhrpark umgerüstet, werden Altfahrzeuge durch Elektroautos ersetzt. Zehn E-Fahrzeuge und neun E-Bikes gibt es, im Herbst kommen zwei weitere E-Fahrzeuge dazu. Um diese aufladen zu können, wurde die Tiefgarage des Verwaltungsgebäudes in der Amtsgerichtsgasse mit Ladeboxen ausgestattet.

Erfreulicherweise interessieren sich auch immer mehr Bürgerinnen und Bürger für E-Autos oder E-Fahrräder, sagt Steinhart. Diese seien allerdings nur dann klimaneutral, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien stamme. Das sei beim Strom der Stadtwerke Freising, die viele der insgesamt etwa drei Dutzend Ladesäulen in der Stadt betreiben, der Fall. Nun wollen die Stadtwerke ihre Ladesäulen weiter ausbauen - die Zahl der Kunden hat sich vergrößert, die Nachfrage seit Anfang 2018 um mehr als das 20-fache. Im ersten Quartal 2018 zählte man noch 32 Ladevorgänge, bei denen insgesamt 286 Kilowattstunden Strom "getankt" wurden, im ersten Quartal 2020 waren es bereits 775 Vorgänge mit 8552 Kilowattstunden Strom.

Wie wichtig das Thema der Stadt ist, zeige auch der jährliche "Tag der Elektromobilität", der 2020 und 2021 allerdings coronabedingt ausfiel. Daneben bietet die Stadt ein Förderprogramm für E-Lastenfahrräder, allerdings unter der Bedingung, dass das Fahrrad mit Ökostrom geladen wird. Die E-Biker können zudem die Ladestation an der Touristinformation in der Freisinger Innenstadt kostenfrei nutzen.

Die Gemeinde Marzling

In Marzling gibt es bereits seit 2012 eine Ladestation, Betreiber ist das Überlandwerk Erding. "Wir waren eine Art Vorreiter", sagt Bürgermeister Martin Ernst. Auch einige Marzlinger hätten bereits ein E-Auto, die Station an der Grundschule zumindest sei nicht verwaist. Im Juni 2020 wurde die Ladesäule ausgetauscht, seitdem habe es bereits 427 Ladevorgänge gegeben, berichtet der Bürgermeister. Vor Jahren sei bereits im Gemeinderat der Beschluss gefasst worden, bei der Anschaffung eines Dienst- oder Bauhoffahrzeuges zu prüfen, ob das ein E-Fahrzeug sein könne, berichtet Ernst und fügt bedauernd hinzu: "Das war bislang aber noch nicht der Fall."

© SZ vom 26.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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