Kommunalpolitik in Eching:Als wäre nichts gewesen

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"Business as usual" auch zur Inthronisation des Faschingsprinzenpaars beim Schwarz-Weiß-Ball der Heidechia: Bürgermeister Sebastian Thaler übergibt den Rathausschlüssel an das neue Prinzenpaar, Julia I. und Andreas VI.. (Foto: Johannes Simon)

Zum ersten Mal seit seiner "Wutrede" bei der Weihnachtsfeier sitzt Bürgermeister Thaler wieder mit Gemeinderäten an einem Tisch. Erwähnt wird der Eklat nur in Schriftform.

Von Klaus Bachhuber, Eching

Der Bürgermeister sagt öffentlich, dass er Teile des Gemeinderates "in gewisser Weise verachtet", attestiert dem Gremium "unmenschliches Vorgehen", zeigt sich von den Kollegen "regelrecht angewidert" und verlässt die gemeinsame Weihnachtsfeier, weil er mit solchen Leuten "nicht am Tisch sitzen" wolle. Und dann, vier Wochen später, sitzen alle zusammen wieder am gleichen Tisch und machen weiter, als wäre nichts gewesen: Kommunalpolitik in Eching.

Die erste öffentliche Sitzung eines Gemeindegremiums nach dem Eklat bei der Weihnachtsfeier des Gemeinderats mit der Wutrede von Bürgermeister Sebastian Thaler fand am Dienstag statt, es tagte der Bauausschuss. Die einzig wahrnehmbare Reaktion auf den Hass-Ausbruch des Sitzungsleiters exakt 28 Tage zuvor war ein zum Sitzungsbeginn versandter "öffentlicher Brief" der Grünen, in dem sie eine Entschuldigung von Thaler fordern. Nach der Sitzung, und damit offenbar nach der Erkenntnis, dass der Bürgermeister nichts von seiner Wutrede zurückgenommen hatte, veröffentlichte auch die SPD eine Stellungnahme, in der sie das Verhalten des Bürgermeisters verurteilt.

Die Grünen fordern in einem Brief eine Entschuldigung

In dem Brief der fünfköpfigen Grünen-Fraktion an Thaler steht: "Nach den von Ihnen geäußerten Vorwürfen und Unterstellungen stellen wir fest, dass die Arbeitsgrundlage zwischen dem Gemeinderat und dem Bürgermeister neu erstellt werden muss." Thalers Vorwürfe, "der Gemeinderat würde unmenschlich gegen Sie vorgehen, nicht zum Wohle der Gemeinde arbeiten, oder nicht das Gespräch mit Ihnen suchen, sehen wir nicht als gerechtfertigt an", so die Grünen: "Wir fordern Sie daher auf, sich zu entschuldigen." Als Gemeinderäte würde man sich ehrenamtlich für die Gemeinde engagieren "und gerne zur Sacharbeit zurückkehren".

Die SPD-Fraktion nennt in ihrer Stellungnahme die Rede Thalers eine "unangemessene Frustrede" und zur Weihnachtsfeier "eine schöne Bescherung". Auch bei Verständnis für dessen angestauten Ärger: "So geht es nicht!" Derartige Rundumschläge würden auch die treffen und verärgern, "die sich an den Schmutzkübeleien nicht beteiligen, die sich um eine sachliche Aufarbeitung der Vorwürfe gegen den Bürgermeister bemühen, die seine Leistungen für die Gemeinde Eching zu würdigen wissen und dabei selbst mit Schmutz beworfen werden".

Anders, als vom Bürgermeister dargestellt, habe "unsererseits permanent das Angebot zur gemeinsamen, sachlichen Aufarbeitung der erhobenen Vorwürfe bestanden", versichert die SPD: "Wirklich angenommen wurde es nicht." Erlebt habe man vom Bürgermeister "eher das Gegenteil: Mauern und Abblocken." Fazit der SPD: "Niemand hat die Wahrheit für sich gepachtet, auch ein Bürgermeister nicht". Thaler wird von den Genossen "ehrliche Selbstreflexion" empfohlen.

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Offenbar war im Vorfeld der Sitzung ein gemeinsames Vorgehen aller Rats-Gruppierungen sondiert worden, was aber wohl nicht zustande kam. CSU-Sprecher Georg Bartl beschrieb auf Anfrage das Dilemma des Gremiums: "Wir sind gewählt für eine Aufgabe", sagte er, "wenn wir auch so reagieren wie der Bürgermeister, ist Eching unten durch". Man könne die Zusammenarbeit mit Thaler etwa nicht boykottieren, es müsse "das Notwendigste an Maßnahmen bearbeitet werden". So sehe er für eine wirksame Reaktion die Hände gebunden, auch wenn das Verhalten Thalers "jenseits aller Grenzen" gewesen sei.

FW-Sprecher Christoph Gürtner hatte im Vorfeld der Sitzung betont, es werde "schwierig, sich noch gemeinsam an einen Tisch zu setzen". Seine Gruppierung würde "eine Entschuldigung des Bürgermeisters erwarten". In irgendeiner Form reagiert hat die FW bislang allerdings nicht. Der Gemeinderat in kompletter Besetzung tritt voraussichtlich am Dienstag, 31. Januar, wieder zusammen.

Thaler hatte bei der Weihnachtsfeier seine Wut ohne Differenzierung, Präzisierung oder Benennung konkreter Kritikpunkte auf dem gesamten Gemeinderat abgelassen. Auch inhaltliche Nachfragen zu seiner Wutrede ließ er unbeantwortet. Möglicherweise bezog sich ein Teil des Ärgers darauf, dass ihm das Gremium in den letzten Tagen des Jahres eine Leistungsklage zugestellt hatte, mit dem der Gemeinderat ausgegebenes Geld für das Gerichtsverfahren um einen Streit Thalers am Echinger See 2018 zurückholen will. Alle Aufforderungen des Gemeinderats, an diesen Bemühungen mitzuwirken, Stellung dazu zu beziehen oder zuletzt zumindest einen Verjährungsverzicht zu erklären, hatte Thaler ignoriert.

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