Grundstücksverkauf an Verwandte:"Ein völlig üblicher Vorgang"

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Bürgermeister Sebastian Thaler in seinem Büro. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Familie der Schwester des Echinger Bürgermeisters Sebastian Thaler kauft ein Grundstück im vergünstigen Wohnbaumodell. Obwohl das Bewerberverfahren offenbar korrekt ablief, gibt es kritische Stimmen.

Von Klaus Bachhuber, Eching

Auch nach über einem Jahr ist immer noch keine Verhandlung zum Strafbefehl gegen Echings Bürgermeister Sebastian Thaler wegen Untreue angesetzt. Der Strafbefehl im Kontext von Zahlungen um einen verlorenen Zivilprozess Thalers war im März 2022 erlassen worden, Thaler legte im Mai 2022 Widerspruch ein. Seither ist die Verhandlung ausstehend.

Der Bürgermeister, der seit Monaten im Zentrum einer hitzigen Auseinandersetzung im Ort um mögliche Verfehlungen steht, gibt sich völlig unbelastet. In diesem "business as usual"-Modus hat die Gemeinde nun ein Grundstück im vergünstigten Wohnbaumodell an die Familie der Schwester Thalers verkauft.

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Thaler sagte der SZ auf Anfrage, dies sei ein völlig üblicher Vorgang, die Familie habe sich "ganz normal" im Vergabeverfahren beworben. Im gleichen Vergabe-Prozess sei auch ein enger Verwandter eines Gemeinderats-Mitglieds zum Zuge gekommen. Die Vergaberichtlinien der Gemeinde schließen das nicht aus.

Thalers Schwester und ihr Ehemann, die beide in Eching weder leben noch arbeiten, hatten sich im Wohnbaumodell beworben und eine Parzelle im Gemeindeteil Dietersheim erhalten.

Zwar steht in dessen Präambel ausdrücklich, dass mit dem aus Echinger Steuergeld gesponserten Grundstücken "einheimischen Bürgern" Wohnbaugrundstücke zur Verfügung gestellt werden sollen. Nach EU-Recht ist dies jedoch kein bindendes Kriterium mehr und folglich auch in den formalen Vergabe-Kriterien der Gemeinde nicht enthalten.

Auf welchem Platz die Bewerbung gestanden habe, sei vertraulich

Als Nicht-Echinger müssen Bewerber freilich auf mindestens 65 Punkte von maximal etwa 150 bei der Festlegung der Reihenfolge zur Vergabe der Grundstücke verzichten. Entsprechend scheint auch die Bewerbung der Familie auf einem abgeschlagenen Rang im Ranking von 178 Bewerbern gelandet zu sein, der üblicherweise eher nicht zum Zugriff auf eine der 59 ausgeschriebenen Parzellen berechtigt. Auf welchem Platz deren Bewerbung gestanden habe, sei vertraulich und dürfe nicht weitergegeben werden, betont der Bürgermeister auf Anfrage. Definitiv war es keiner der ersten 59 Plätze, da die Familie laut Thaler als "Nachrücker" zum Zuge kam.

Bereits im April hatten laut damaliger Veröffentlichung der Gemeinde schon 105 Bewerber auf den vorderen Plätzen den Grundstückskauf abgelehnt, weil die momentane Situation am Baumarkt plus steigender Kreditzinsen die Situation gegenüber der Bewerbung komplett verändert hatten. So wurden die Kaufangebote bis auf die allerhintersten Plätze in der Bewertung durchgereicht und damit irgendwann auch zur Familie der Schwester Thalers.

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Das Ranking der Bewerber hatte die Gemeindeverwaltung anhand der formalen Kriterien erstellt. Ein Vergabeausschuss des Gemeinderats, dem Vertreter aller Fraktionen angehören, akzeptierte diese Liste dann und auf dessen Empfehlung stellte sie der Gemeinderat dann fest. Thaler war im Ausschuss nicht dabei, im Gemeinderat hat er wohl mitgestimmt - die Abstimmung war nichtöffentlich - und die Verwandtschaftsbeziehung dabei nicht offen gelegt.

Das sei "formal nicht korrekt", rügte CSU-Sprecher Georg Bartl auf Anfrage. Der Bürgermeister sagt auf Anfrage hingegen, nach interner rechtlicher Prüfung sei er stimmberechtigt gewesen, da die Vergabe nach "klaren rechtlichen Kriterien" erfolgt sei und es daher keinen Ermessensspielraum gegeben hätte. Bei der Erstellung des Rankings in der Gemeindeverwaltung sei "die Verwandtschaftsbeziehung bekannt gewesen".

Bei der Beurkundung des Verkaufs wurde die Gemeinde dann von Zweitem Bürgermeister Axel Reiß vertreten. Das habe sich angesichts der verwandtschaftlichen Beziehungen des Bürgermeisters empfohlen, sagte Reiß auf Anfrage. Die zuständige Abteilungsleiterin im Rathaus fehlte wegen Krankheit.

"Ein reines Verwandtschaftsverhältnis kann nicht von einer Bewerbung ausschließen"

Er habe die Beurkundung übernommen, da er die Vergabe für legitim halte, betonte Reiß: "Ein reines Verwandtschaftsverhältnis kann nicht von einer Bewerbung ausschließen und die Bewerbung war objektiv nach sachlichen Kriterien bewertet worden."

Thaler rügte im Gespräch mit der SZ, dass ein derartiger Verwaltungsvorgang überhaupt veröffentlicht und damit in Frage gestellt werde. Wenn es Bedenken an der Korrektheit des Verfahrens gebe, könne man sich an den Rechnungsprüfungsausschuss des Gemeinderats wenden. Im Falle einer Veröffentlichung drohte er rechtliche Schritte an.

Zu den diskutierten Verfehlungen des Bürgermeisters gehört es, dass Thaler in den Jahren 2019/20 Aufträge der Gemeinde an ein Unternehmen vergeben hatte, das dem Bruder seiner Ehefrau gehört. Diese nach den amtlichen Vergabevorschriften untersagte Vergabe an enge Verwandte liegt seither bei der Landesanwaltschaft Bayern zur Bewertung, die allerdings erst nach Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens wegen Untreue tätig werden kann.

Kritik ausgesetzt sah sich Thaler zudem, weil er für seine Familie eine Wohnung in Eching deutlich unter Verkehrswert erworben hatte. Der damals hochbetagte Verkäufer starb kurz darauf und hinterließ sein Erbe der Gemeinde Eching. Zu dem Kauf der Wohnung ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Wucher gegen Thaler, stellte die Ermittlungen aber ein.

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