Dritte Startbahn am Flughafen München:Nun schlägt die Stunde der Anwälte

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Die Gegner der dritten Startbahn wehren sich: Sobald das Planfeststellungsverfahren ausliegt, werden die Juristen ihre Klagen vorbereiten und einreichen. Und auch die katholische Kirche spielt im Abwehrkampf gegen das Bauvorhaben eine wichtige Rolle.

Kerstin Vogel

Mit dem Planfeststellungsbeschluss für die dritte Startbahn - und dessen förmlicher Zustellung nach den Sommerferien - schlägt nun die Stunde der Anwälte. Vier Wochen lang muss die Regierung von Oberbayern ihren Beschluss in den betroffenen Gemeinden auslegen - und in dieser Zeit muss jeder, der vor Gericht dagegen vorgehen will, seine Klage einreichen. Anschließend haben die Juristen noch einmal sechs Wochen Zeit, um diese zu begründen. Zuständig ist der 4. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Zweite Instanz wäre das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

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Grundsätzlich ist jeder Bürger, der sich während des Planfeststellungsverfahrens zu dem Projekt geäußert hat, klageberechtigt, wie der Freisinger Landrat und Vorsitzende der Schutzgemeinschaft, Michael Schwaiger, erklärt. Aussichtsreicher sei das jedoch für die etwa 25.000 Startbahngegner, die sich nicht nur 2007 - gleich zu Beginn des Verfahrens - gegen den Ausbau gewendet, sondern auch im folgenden Ergänzungsverfahren Einwände geltend gemacht haben. Die Schutzgemeinschaft selber setzt auf die Klagen von ausgewählten, besonders stark betroffenen Bürgern.

35 solcher Musterkläger habe man "in der Schublade", sagt Schwaiger: "Wir sind gut vorbereitet." Nun komme es darauf an, was genau im Planfeststellungsbeschluss stehe. Anschließend werde man entscheiden, mit welchen Musterklägern man vor Gericht ziehe. Dass hier den Attachingern eine besondere Rolle zukommen wird, steht außer Frage: Der Freisinger Ortsteil hätte unter der dritten Startbahn besonders zu leiden.

Geeinigt hat man sich inzwischen in der Frage, wer die Musterkläger vor Gericht vertreten wird: Es werden nun doch zwei Juristen sein. Joachim Krauß, der langjährige Anwalt der Schutzgemeinschaft, und Eike Schönefelder, der vor allem das Vertrauen der Attachinger genießt. Weil die Dorfbewohner auch in Schwaigers Augen vor Gericht wohl die "Speerspitze" der Startbahngegner bilden werden, hat man ihrem Wunsch, von dem vertrauten Anwalt begleitet zu werden, nachgegeben. Ursprünglich hatte die Schutzgemeinschaft das - aus Kostengründen - abgelehnt, doch die Empörung, die daraufhin aufbrandete, belehrte den Vorstand eines Besseren: "Die Unstimmigkeiten sind ausgeräumt", sagt Schwaiger.

Krauß selber kann Unterstützung vermutlich gebrauchen, ist er doch auch langjähriger Anwalt der Stadt Freising, die ebenfalls gegen den Planfeststellungsbeschluss klagen wird. Nicht jede Kommune im Umland ist dazu berechtigt, wie Schwaiger erklärt, sie müsse schon in ihrer Planungshoheit beeinträchtigt sein oder überdurchschnittlich durch Fluglärm belastet. Auf die Gemeinde Berglern im Kreis Erding trifft das zum Beispiel zu, aber eben auch auf Freising. Schon jetzt hat man am südlichen Ortseingang ein ursprünglich geplantes Wohngebiet aufgeben müssen, weil es zu nah an der Flugschneise der dritten Startbahn gelegen hätte; stattdessen wird hier nun ein Gewerbegebiet erweitert.

Mit einem eigenen Anwalt, dem Landshuter Ulrich Kaltenegger, wird der Bund Naturschutz gegen die Startbahn vor Gericht ziehen. Er gehört zu den anerkannten Naturschutzverbänden mit Klagebefugnis - und ihm gehört Grund, den der Flughafen dringend benötigt, darunter ein 510 Quadratmeter großes, "zentrales Sperrgrundstück", wie der BN-Kreisvorsitzende Christian Magerl sagt: Es liegt am Kopf der geplanten Startbahn, die ohne dieses Areal nicht realisiert werden könnte. Ein geweihtes Feldkreuz steht hier - als Symbol für den Widerstand gegen die dritte Bahn und den Kampf um den Erhalt der Schöpfung.

Die Kirche spielt im Abwehrkampf gegen die Startbahn allerdings noch eine andere Rolle: Auch sie verfügt über Grundstücke, die für das Projekt benötigt werden - und Freisings Dekan Michael Schlosser hat am Montag zuletzt bekräftigt, dass die Kirche "weder verkauft, noch eintauscht". Im Fall des Falles müsste also die Kirche enteignet werden - wenn es nicht noch schlimmer kommt: Zwar habe man die Möglichkeit, selber gegen die Startbahn zu klagen, ausführlich geprüft, sagt Schlosser.

Man müsste dafür beispielsweise nachweisen können, dass Gottesdienste wegen des Lärms unmöglich würden - und das sei sehr schwierig. Trotzdem sei "das letzte Wort hier noch nicht gesprochen", so der Dekan: "Wir müssen erst einmal sehen, was genau in dem Planfeststellungsbeschluss nun drinsteht."

© SZ vom 27.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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