Umfrage unter Landwirten:Zusätzliches Standbein, aber viel Bürokratie

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Frisch vom Feld: Verbraucherinnen und Verbraucher schätzen das regionale Angebot in den Hofläden. (Foto: Renate Schmidt)

Eine Studie der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf zeigt, dass Direktvermarkter Zeitaufwand und Umfang der Anträge als belastend empfinden. Auch wünschen sie sich mehr Informationen und eine bessere Vernetzung. Zumindest in diesem Punkt verspricht die Landwirtschaftsministerin schnelle Hilfe.

Von Petra Schnirch, Freising

Die Direktvermarktung ihrer Produkte ist für viele Landwirte inzwischen ein wichtiges Standbein. Häufig geschieht dies in Hofläden, immer öfter mit Selbstbedienung und erweiterten Öffnungszeiten. Allerdings müssen die Landwirte eine ganze Reihe von Hürden überwinden. Eine Studie der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) zeigt, dass vor allem die überbordende Bürokratie viele von ihnen stark belastet. Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber sagte bereits einige Erleichterungen zu.

Mehr als tausend Direktvermarkter - ein großer Teil von ihnen aus Oberbayern - beteiligten sich an der Umfrage. Unter der Leitung von Professorin Tanja Barton wurden sie im Sommersemester 2023 von Studierenden im sechsten Semester des Bachelor-Studiengangs "Wirtschaftsingenieurwesen, Agrarmarketing & Management" befragt. Einbezogen waren auch die Studiengänge "Agribusiness" sowie "Bio-Lebensmittel & Business". Die Bayerische Staatskanzlei förderte die Studie.

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher schätzen regionale Lebensmittel. Sie wissen, wo und von wem diese produziert werden, die Transportwege sind kurz, die Produkte frisch. Der Freistaat ist in Sachen Direktvermarktung gut aufgestellt, auch das belegt die Studie. Doch 60 Prozent der befragten Landwirte klagen über den hohen zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand, 50 Prozent über Zahl und Umfang der Anträge und Meldungen. Zudem seien die Gesetzestexte oft schwer verständlich, kritisierten 40 Prozent der Teilnehmenden.

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Eine der drei Bachelorarbeiten zur Studie befasste sich mit den bürokratischen Hürden und konkreten Lösungsvorschlägen der Direktvermarkter. Groß ist die Belastung für die Hofläden, so eines der Ergebnisse, vor allem beim Verkauf von Fleisch und Fleischerzeugnissen sowie bei Eiern. Einige der Vorschläge vonseiten der Landwirte sind vereinfachte Dokumentationsmöglichkeiten sowie eine Unterscheidung zwischen kleinen und großen Direktvermarktern.

Eine zweite Bachelorarbeit untersuchte, wie Direktvermarkter von staatlicher Seite besser unterstützt werden könnten. Vor allem beim Informationsfluss sahen viele noch Luft nach oben. In den Behörden gebe es zu wenig Personal, mitunter auch zu wenig Fachwissen, kritisierten einige der Landwirte. Viele vermissten einen einfachen Zugang zu gebündeltem Infomaterial und eine klare, verständliche Vermittlung von Neuigkeiten. Auch Vorschriften, die sich schnell ändern, empfinden viele als Ärgernis. 72 Prozent wünschen sich eine digitale Informationsplattform mit Chat-Forum, Checklisten mit konkreten Umsetzungshilfen, Seminare, Merkblätter, Newsletter sowie Netzwerke und eine stärkere Vernetzung untereinander sowie eine reduzierte Bürokratie. Die Kontrollen bewerten die meisten aber als fair und fundiert, das hat eine dritte Bachelorarbeit gezeigt.

Einige Direktvermarkter haben für sich bereits einen Weg gefunden. Im Hofladen des Biohofs Königsfeld in Thalhausen gibt es Gemüse, Eier, Geflügel und Rindfleisch. Zerlegt und verpackt werden Letztere in einer Metzgerei, erzählt Johann Kirchfeld. "Sonst wäre es kompliziert", räumt der Landwirt ein. Würden sie diese Arbeiten auf dem eigenen Hof erledigen, müssten sie die gleichen Hygienestandards einhalten wie eine Metzgerei. Mehr Beratung aber fände auch Johann Kirchfeld positiv, gerade im rechtlichen Bereich, weil nicht immer klar sei, ob es sich noch um eine rein landwirtschaftliche Produktion handele.

Johannes Wimmer empfindet die Belastung in der Landwirtschaft generell als zu hoch. (Foto: Marco Einfeldt)

Johannes Wimmer aus Marzling schimpft generell über die Bürokratie, die Landwirte zu bewältigen haben, nicht nur im Hofladen. "Das ist richtig schlimm", sagt er, das beanspruche viel Zeit. Der Selbstbedienungs-Hofladen in Riegerau mit Gemüse und Obst ist sieben Tage die Woche geöffnet. Das funktioniere gut, sagt der Landwirt.

Auch Mariella Fürmetz vom Doislhof in Pretzen bei Erding findet den Aufwand für den Hofladen - ebenfalls mit Selbstbedienung - im Vergleich etwa zur Düngeverordnung eher überschaubar. Aber natürlich müsse man jeden Tag einen Bericht schreiben. In Erding seien die Direktvermarkter bereits gut vernetzt, schildert sie. Zum Beispiel über die Marke "Echt Erding", zudem kenne man sich untereinander durch die Wochenendmärkte. Eine große überregionale Plattform, auf der alle Hofläden aufgeführt sind, wären in ihren Augen aber begrüßenswert - und auch wenn die Staatsregierung die Direktvermarkter, "die mit Herz und Leidenschaft" produzieren, öfter erwähnen würde.

Auch Staatsministerin Michaela Kaniber weiß, dass Direktvermarkter "eben keine eigene Rechtsabteilung" haben, gleichzeitig aber hohen rechtlichen Anforderungen unterliegen, vom Verbraucherschutz bis zum Wettbewerbsrecht. Deshalb müsse man bürokratische Vorgaben "entschlacken, wo es nur geht". Als ersten Schritt kündigt sie für kommendes Jahr eine neue Informationsplattform "Direktvermarktung und Recht für Landwirtinnen und Landwirte" an.

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