Corona im Landkreis Freising:"Die Fallzahlen gehen durch die Decke"

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Die Anzahl der Corona-Patienten bereitet dem Freisinger Klinikum keine Schwierigkeiten. Schlimmer ist der krankheitsbedingte Ausfall beim Personal. (Foto: Johannes Simon)

Der Freisinger Landrat Helmut Petz berichtet von komplett belegten Intensivbetten im Klinikum. Die Inzidenz steigt am Donnerstag auf 373,8. Bei der Kontaktnachverfolgung hofft das Landratsamt auf Hilfe durch die Bundeswehr.

Von Petra Schnirch, Freising

Auch im Landkreis Freising spitzt sich die Corona-Situation zu. Die Fallzahlen "gehen durch die Decke", sagte Landrat Helmut Petz (FW) am Donnerstag bei einen Pressegespräch. Die Kontaktnachverfolgung hinkt Tage hinterher. Die Intensivstation im Klinikum ist komplett ausgelastet, acht der zehn Plätze sind laut Christian Fiedler durch Corona-Patienten belegt, sie alle müssen beatmet werden - alle sind ungeimpft und zwischen 40 und 60 Jahre alt. Ärztesprecher Georg Miedl appellierte an alle, sich impfen zulassen. Nur mit Beachtung der Aha-Regeln (Abstand, Maske, Hygiene) werde man auf Dauer "nicht durchkommen".

Anders als während der ersten und zweiten Corona-Welle seien nicht fehlende Geräte das Problem, sondern der Personalmangel, schilderte Fiedler, Hygiene- und Pandemiebeauftragter im Klinikum. Das Krankenhaus verfüge inzwischen über 16 moderne Beatmungsgeräte, wegen des Fachkräftemangels könnten aber nur zehn der zwölf Intensivbetten belegt werden. Ein elfter Patient, auch er hat Corona, musste am Donnerstag nach Meran verlegt werden - in ganz Bayern war kein Platz verfügbar. Auch das sei anders als 2020. Drei weitere Patienten würden auf der Normalstation versorgt, obwohl sie besser auf Intensiv aufgehoben wären. "Wir müssen unglaublich jonglieren", sagte Fiedler. Noch sei es noch möglich, alle so zu behandeln wie nötig. Doch er befürchtet, dass auf volle Krankenhäuser nun "eine Welle" zusätzlicher Patienten zurollt. Hinzu kommt: Wer schwer an Corona erkrankt, bleibt oft sechs bis acht Wochen auf der Intensivstation.

Neun Tage Rückstau bei der Kontaktnachverfolgung

Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg im Landkreis am Donnerstag auf 373,8. Allein am Mittwoch seien 174 neue Fälle gemeldet worden, sagte Brigitta Denk, die neue Leiterin des Gesundheitsamtes. Für jeden brauche das Contact-Tracing-Team eine Stunde. Derzeit gibt es laut Petz einen Rückstau von neun Tagen, obwohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sieben Tage die Woche von 8 bis 19 Uhr im Einsatz seien. Der Landkreis habe bereits einen Antrag gestellt, dass die Bundeswehr das Team erneut unterstütze. Auch im Landratsamt werde dafür geworben, dass Beschäftigte aushelfen. Vorerst kümmerten sich die Kontaktnachverfolger vorrangig um vulnerable Gruppen, also Coronafälle in Seniorenheimen, im Krankenhaus, aber auch in Schulen und Kindergärten, sagte Denk. "Das verstehen einige Leute leider nicht."

Keine Engpässe gibt es dagegen beim Impfen. 170 bis 180 Termine würden derzeit täglich gebucht, zu 75 bis 80 Prozent seien es Drittimpfungen, sagte Hubert Böck, stellvertretender BRK-Kreisgeschäftsführer. Mit kurzem Vorlauf seien wieder bis zu 500 Impfungen täglich möglich. An dem Prinzip der Terminvergabe über das Online-Portal Bayimco oder telefonisch über das Callcenter wolle man festhalten, um den Leuten längere Wartezeiten in der Kälte zu ersparen. Ärztesprecher Miedl spricht sich vehement dafür aus, Corona-Tests wieder kostenlos für alle anzubieten, damit Infektionen frühzeitig entdeckt werden.

Patienten werden teils bis Regensburg gefahren

Probleme bereitet die Auslastung der Krankenhäuser auch dem Rettungsdienst. "Wir können die Patienten nicht mehr in nahegelegene Kliniken fahren", sagte Böck. Teilweise seien sie bis Regensburg, Rosenheim oder Oberstdorf unterwegs. Die Fahrzeuge stünden dann für weitere Notfälle womöglich nicht bereit. Mit Ausrufung des Katastrophenfalls in Bayern würden nun wieder "Strukturen hochgefahren", um hier reagieren zu können, sagte Dominik Ternes, im Landratsamt für den Katastrophenschutz zuständig.

© SZ vom 12.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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