Inhabergeführte Geschäfte:Eintauchen in die Welt der bunten Stoffe

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Bettwäsche, Vorhänge, Matratzen, Handtücher und Möbel - im Geschäft von Heinz Jordan gibt es so ziemlich alles zur Verschönerung des Zuhauses. "Betten Jordan" bekommt aber zu spüren, dass in Freising zurzeit nicht viel gebaut wird. (Foto: Marco Einfeldt)

Heinz Jordan hat das Textilgeschäft von seiner Mutter übernommen, seit 69 Jahren gehört es fest zur Freisinger Innenstadt, wenn auch an wechselnden Orten. "Es ist schwierig geworden in unserer Branche", sagt der 75-Jährige, der Hausbesuche bei allen seinen Kunden macht.

Von Laura Dahmer, Freising

Schon draußen vor dem Geschäft sind Stoffe ausgestellt, mit Blumenmustern, gestreift, in lila, grün, beige. Durch das Schaufenster laden zwei große Betten mit bunten Bettbezügen ein, sich kurz darauf niederzulassen. Der geräumige Laden von Heinz Jordan beherbergt außerdem unzählige Gardinen, deren Stoffe im hinteren Teil der Räumlichkeiten fein säuberlich aufgereiht sind. "Betten Jordan" ist ein echtes Urgestein in Freising, seit 69 Jahren ist das Textilgeschäft Teil der Innenstadt.

"Eigentlich hätte ein Mädchen den Laden übernehmen sollen, aber dann musste halt ich ran", bemerkt Inhaber Heinz Jordan und lacht herzlich. Denn vor ihm war Betten Jordan fest in Frauenhand: Seine Mutter Katharina hatte den Einzelhandel 1950 gegründet. "Sie hatte das damals nach dem Krieg mit ihrer Mutter, meiner Großmutter, angefangen." Schon als Heinz Jordan als kleiner Junge im Laden seiner Mutter saß, war klar, dass er ihn mal übernehmen würde: "Damals war das halt so, einer in der Familie wurde darauf hin getrimmt", stellt er fest. Sein älterer Bruder hatte zu gute Noten, er ging studieren und wurde Tieramtsdirektor. Eine Schwester gab es nicht. Und so musste Heinz Jordan das Vermächtnis seiner Mutter übernehmen - und das schon früher, als ihm lieb war. "Ich steckte noch mitten in meiner Ausbildung in München", erinnert sich der heute 75-Jährige. Damals war Jordan bei dem renommierten Kaufhaus Beck in der Münchner Innenstadt. Aber seine Mutter war krank und litt an Diabetes. "Das ist immer schlimmer geworden, irgendwann ging es dann nicht mehr mit dem Laden." Deshalb kam Jordan 1969 zurück nach Freising, "und wenn man einmal hier ist, kommt man eben nicht mehr weg".

Das Sortiment hat Heinz Jordan weitestgehend übernommen, aber über die Jahre weiter ausgebaut: Von Vorhängen und Matratzen über Bettwäsche, Handtücher und Möbel, die Auswahl ist groß. Der Laden an der Bahnhofstraße hat entsprechend Platz, 270 Quadratmeter sind es insgesamt. "Wir haben mehrere Umzüge hinter uns", bemerkt der Inhaber. Bahnhofstraße 1, Obere Hauptstraße 19, im ersten Stock des alten Rathauses, Obere Hauptstraße 45 - die Liste ist lang. "Irgendwann sind wir dann hierher, in das alte Verwaltungshaus gekommen und die ewige Tauscherei hatte ein Ende", brummt Jordan.

Das Geschäft in der Freisinger Bahnhofstraße. (Foto: Marco Einfeldt)

"Ist ein Haus einmal eingerichtet, brauchen Kunden für 20 Jahre nichts mehr"

Dass sein Geschäft sich über all die Jahre hat halten können, wundert den 75-Jährigen selbst ein wenig. "Es ist schwierig geworden in unserer Branche. Wir leben von der Bautätigkeit, und in Freising wird ja fast nichts mehr gebaut", sagt Jordan. Vom Ladengeschäft leben könne man nicht, Großaufträge werden international ausgeschrieben und selbst Stammkundschaft alleine reicht mittlerweile nicht mehr. "Ich mache bei allen Kunden Hausbesuche, um sie zu beraten. Aber ist das Haus einmal eingerichtet, brauchen sie für 20 oder 30 Jahre nichts mehr." Wie zur Bestätigung verlässt gerade eine Kundin den Laden. "Ich ziehe bald um, dann komme ich mal wieder bei Ihnen vorbei. Ich brauche nämlich neue Gardinen, meine jetzigen sind von 2002", sagt sie zu Heinz Jordan. Der nickt betrübt, ein Vorhanggeschäft nach dem anderen habe er über die Zeit zumachen sehen. Dabei, könnte man meinen, läuft es für Betten Jordan gar nicht so schlecht. Zehn Mitarbeiter beschäftigt der 75-Jährige, zu dem Textilhandel gehören auch eine Werkstatt und eine Näherei, "auf dem ehemaligen Bauernhof der Großeltern".

Einer der letzten Großaufträge kam vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan, das zahlreiche Gardinen und Vorhänge orderte. Nichtsdestotrotz, das Geschäft werfe immer weniger ab, sei "arbeitsintensiv und aufwendig", bilanziert Jordan. "Ich bin alleine zehn Mal bei jemandem zu Hause, bis wir uns für eine Vorhangfarbe entschieden haben," Und trotzdem: "Wenn ich das alles nicht gerne machen würde, wäre ich nicht mehr hier", fügt er lächelnd hinzu.

© SZ vom 02.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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