Flughafen München:So spart der Staat Abgaben

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efm. Streik, Warnstreik am Flughafen München / Verdi / Terminal 2 / Vorfeld (Foto: Marco Einfeldt)

Was Luxemburg kann, kann der deutsche Staat schon lange: Die staatliche Firma, die für die Sicherheit am Münchner Flughafen zuständig ist, lieh sich bei Subunternehmern Mitarbeiter aus - um Lohnsteuer und Sozialabgaben zu sparen. Ein Gericht muss entscheiden, ob das strafbar ist.

Von Bernd Kastner, München

Alle Welt redet von Luxemburg und seinen Steuersparmodellen. Doch was Luxemburg kann, kann der deutsche Staat schon lange. Vielleicht nicht in dieser Dimension, aber doch kreativ: Der Staat trickst sich selbst aus. Er spart Millionen Euro an Steuern und Sozialabgaben - auf Kosten des Staates. So geschehen am Flughafen München, so nachzulesen in einer Anklage, die von Donnerstag an vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Landshut verhandelt wird.

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Im Zentrum eine Firma, die von zentraler Bedeutung für den Flughafen ist: Die CAP GmbH sorgt mit rund 500 Mitarbeitern für Sicherheit am Airport. Heute gehört die CAP komplett der Flughafengesellschaft FMG, die wiederum im Besitz von Freistaat, Bund und Stadt München ist. 2009, als die CAP-Tricksereien ruchbar wurden, besaß die FMG 76,1 Prozent der CAP-Anteile.

Die eigenen Mitarbeiter ausgeliehen

Wenn es viel zu tun gab, und das war fast immer der Fall, lieh sich die CAP bei drei Subunternehmen Mitarbeiter aus. Die waren dort als Minijobber auf 400-Euro-Basis angestellt. Das Besondere daran: Die Minijobber waren im Hauptberuf bei der CAP angestellt. Sie leisteten ihre Überstunden aber nicht als CAP-Mitarbeiter ab, sondern als Minijobber der Subunternehmen. Für ihren Nebenjob mussten sie weder Dienstort noch Dienstkleidung noch Dienstausweis wechseln, sie erledigten dieselbe Arbeit wie in ihrem Vollzeitjob. Das lohnte sich für die CAP, denn für Minijobber sind weniger Lohnsteuer und Sozialabgaben zu zahlen. Auf gut 3,4 Millionen Euro beziffert die Anklage den Schaden, der Finanzamt und Sozialkassen entstanden sein soll.

Fast fünf Jahre dauerten die Ermittlungen, untersucht wurde der Zeitraum von 2004 bis 2009 von den Schwarzarbeitsfahndern des Zolls und von der Staatsanwaltschaft Landshut. Diese hält das Lohnmodell von CAP für strafbar und hat drei Manager der beteiligten Firmen angeklagt wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sowie Steuerhinterziehung; und obendrein vier Manager wegen Beihilfe dazu. Die CAP sitzt als juristische Person mit auf der Anklagebank, ihr wird eine Verletzung der Aufsichtspflicht vorgeworfen, das wäre eine Ordnungswidrigkeit.

Ist das Modell strafbar?

Das kreative Lohnmodell wurde wohl seit den 90er-Jahren praktiziert, alles vor 2004 aber ist verjährt. Bestritten haben die Verantwortlichen das Lohnsplitting, zumindest in den Grundzügen, nicht. Vor Gericht werden Ankläger und Verteidiger aber wohl darüber diskutieren, ob das Modell strafbar ist. Die Angeklagten könnten sich auf "Irrtum" berufen und sich dabei zum Beispiel auf ein Rechtsgutachten stützen. Das hat man vor Jahren bei einem Anwalt eingeholt, und der erkannte nichts Rechtswidriges. Die Staatsanwaltschaft dagegen hat zumindest einen Flughafen-Juristen ausgemacht, der ihrer Ansicht ist.

Der Mitarbeiter der Personalabteilung hatte schon 2004 intern auf den Chefebenen von CAP und der FMG das Modell als illegal bewertet. Er wies auch darauf hin, dass die Mitarbeiter, die vermeintlich vom Lohnsplitting profitierten, weil auch sie weniger an die Sozialkassen abgeben müssen, sich ins eigene Fleisch schneiden: Wenn der Arbeitgeber weniger Rente einzahlt, gibt es später auch weniger Rente. Allein, der Flughafen-Jurist fand kein Gehör bei seinen Chefs.

© SZ vom 17.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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