SZenario:Wenn Edgar Selge Lippenstift auflegt

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Eindeutig im eigenen Körper: die Schauspieler Edgar Selge und Dimitrij Schaad mit Regisseur Alex Schaad (von links). (Foto: Florian Peljak)

Das Ich im fremden Körper: Der Science-Fiction-Liebesfilm "Aus meiner Haut" feiert Premiere in München.

Von Josef Grübl

Für Schauspieler ist es die normalste Sache der Welt, für den Rest eine Herausforderung: Wie fühlt es sich an, wenn man im Körper eines oder einer anderen steckt? Um diese Frage geht es am Montagabend im City-Kino, dort feiert der deutsche Science-Fiction-Liebesfilm "Aus meiner Haut" Premiere. Im Innenhof des Kinos stecken vor Vorstellungsbeginn alle noch in ihren eigenen Körpern: Das Münchner Produzentenduo Tobias Walker und Philipp Worm, die Filmemacher-Brüder Alex und Dimitrij Schaad, der Schauspieler Edgar Selge. Auch die Premierengäste, darunter viele Bekannte, Verwandte und Verbündete der Filmemacher, wirken recht geerdet und in sich ruhend. Es ist eine familiäre Veranstaltung ohne den üblichen Premieren-Klimbim, ohne kreischende Fans, brüllende Fotografenhorden oder roter Auslegeware.

Großes Kino ist es trotzdem, denn der Film braucht die Leinwand, den dunklen Raum und ein aufnahmebereites Publikum. Gleich zu Beginn sieht man Selge, wie er zur Leiche einer jungen Frau zärtlich "Papa" sagt. Was bedeutet das? Seine Filmtochter ist gestorben, hat aber vor dem Tod noch den Körper mit ihrem Vater getauscht. In dessen menschlicher Hülle steckt also eine Jüngere, dabei sieht er aus wie Edgar Selge. Bis auf den Lippenstift vielleicht. Irritationen solcher Art gibt es hier einige - und obwohl man den Film dem sogenannten Body-Switch-Genre zuordnen kann, hat er nichts mit US-Körpertauschkomödien wie "Big", "Switch" oder "30 über Nacht" zu tun.

Wer bin ich, wer bist du? Eine Szene aus dem Film "Aus meiner Haut" mit Edgar Selge und Maryam Zaree. (Foto: Walker Worm/X-Verleih)

"Die Frage ist, wie weit man sich in einen anderen Menschen hineinversetzen kann", erzählt Selge nach dem Fototermin im Café des Kinos. Da geht es schon längst nicht mehr um Schauspieler oder Nicht-Schauspieler, sondern um Kommunikation und Identifikation - um Themen also, die uns alle etwas angehen. In Zeiten, in denen Schreihälse, Sprücheklopfer und Rechthaber unterschiedlichster Couleur die Aufmerksamkeit an sich reißen, gilt das sogar mehr denn je. Edgar Selge schreit natürlich nicht, ganz ruhig und besonnen spricht er über seine Arbeit, auch mit einem aufdringlichen Autogrammjäger weiß er gelassen umzugehen. Er freut sich über die Aufmerksamkeit und lobt seine jungen Kollegen: "Die sind alle besser ausgebildet, als ich es jemals war."

Damit meint er auch die Macher: Alex Schaad ist der Regisseur des Films, sein Bruder Dimitrij spielt eine Hauptrolle, gemeinsam haben sie das Drehbuch geschrieben. Beide studierten auch in München, Alex an der HFF, Dimitrij an der Theaterakademie August Everding. Als vielbeschäftigte Künstler sind sie mittlerweile in der ganzen Republik unterwegs. "Ich zahle aber immer noch meine Miete in München", sagt Alex Schaad. Sein fünf Jahre älterer Bruder Dimitrij erzählt, wie schizophren die Trennung zwischen Schauspielerei und Autorentätigkeit manchmal sei: "Ich frage mich oft, was ist, wenn ich mich irre."

Zumindest an diesem Abend scheinen sich die beiden aber nicht geirrt zu haben. Mehr als 300 Gäste sind gekommen, der Kinosaal ist bis auf den letzten Stuhl besetzt. So könne es gerne weitergehen, freut sich der Produzent Tobias Walker. Der bundesweite Kinostart von "Aus meiner Haut" ist am 2. Februar.

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