Filmpremiere in München:Liebe ist... einen schönen Film zu machen

Lesezeit: 3 min

Filmpremiere mit Okapi: die Hauptdarsteller in "Was man von hier aus sehen kann" Luna Wedler, Karl Markovics und Corinna Harfouch (von links). (Foto: Stephan Rumpf)

"Was man von hier aus sehen kann" feiert Premiere im Arri. Vor dem Weihnachtsbaum posieren so einige Dreamteams.

Von Josef Grübl

Liebe ist: Wenn er über Jahre hinweg immer wieder aufs Neue versucht, ihr einen Liebesbrief zu schreiben. Oder: wenn sie die Welt für ihn erfindet, ebenfalls immer wieder aufs Neue. So kann man das in Mariana Lekys 2017 erschienenem Roman "Was man von hier aus sehen kann" nachlesen, so ist es auch in der fünf Jahre später entstandenen Verfilmung von Aron Lehmann. Beide, die Schriftstellerin und der Regisseur, stellen den Film am Montagabend bei der Weltpremiere im Arri-Kino vor.

Liebe ist: Wenn man über 800 000 Exemplare eines Buchs verkauft hat, in dem viel geliebt und noch mehr gestorben wird, in dem eine Frau von Tod bringenden Okapis träumt und ein ganzes Dorf danach in hellem Aufruhr ist. In dem ein junges Mädchen sich von ihrem Freund immer wieder hochheben lässt, ihn aber dann nicht festhalten kann. Die Geschichte lässt sich nicht so leicht nacherzählen, sie lebt von ihren Figuren, von vielen sonderbaren Begebenheiten und Begegnungen. Das macht ihren Reiz aus, deshalb wird sie von der Leserschaft so sehr geliebt. Stellt sich nur die Frage: Wird sie das Kinopublikum ebenfalls lieben?

Dreamteam: "Was man von hier aus sehen kann"-Autorin Mariana Leky und Regisseur Aron Lehmann. (Foto: Stephan Rumpf)

Liebe ist daher auch: Wenn Filmemacher im Doppelpack erscheinen. So wie Leky und Lehmann etwa, die im echten Leben kein Paar sind, hier aber Arm in Arm auftreten. Bei der Arbeit an diesem Film wurden sie zu einer Art Dreamteam - was auch daran liegen könnte, dass er Sohn eines Buchhändlers ist und sie sein gutes Gespür für die literarischen Nuancen in ihrem Roman lobt. Der Münchner Regisseur und Drehbuchautor ist mit der Schauspielerin Rosalie Thomass verheiratet, die ebenfalls mitspielt. Nur erkennt man sie kaum, sie mimt eine grantige Einzelgängerin mit Lidrandentzündung. Auf dem roten Teppich ist sie wieder eindeutig Rosalie Thomass, die sich bei der Hauptdarstellerin Luna Wedler unterhakt. Thomass' Liebe geht an diesem Abend noch weiter, kurz vor Vorstellungsbeginn läuft sie mit einem Gast durch den vollbesetzten Kinosaal und sucht für ihn einen Platz: "Entschuldigung, ist bei euch noch was frei?"

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Liebe ist an diesem Premierenabend auch, sich nicht entmutigen zu lassen: Ein offenbar nicht ganz so bekanntes Paar stellt sich vor dem Eintreffen der Stars selbstbewusst ins Scheinwerferlicht - und als niemand Anstalten macht, sie abzulichten, erledigen sie das selbst, im Selfie-Modus. "Die wollen das Foto nicht haben", sagt auch die zehnjährige Ava Petsch zu ihrem gleichaltrigen Filmpartner Cosmo Taut, als die Fotografen sich über die zu große Gruppenaufstellung des Filmteams beschweren. Im Doppelpack sind die beiden Kinder aber hinreißend, auf der Leinwand und als Fotomotiv vor einem Christbaum.

Ava Petsch und Cosmo Taut haben die Kinderrollen übernommen. (Foto: Stephan Rumpf)

Liebe ist am stärksten: Wenn sie unerfüllt bleibt. Behauptet zumindest der Wiener Schauspieler Karl Markovics und meint damit das Kino und die Literatur. Der Mann muss es wissen, schließlich ist er auch ein ausgezeichneter Regisseur. In "Was man von hier aus sehen kann" gibt er den eingangs erwähnten Liebesbriefschreiber, seine Herzensdame spielt Corinna Harfouch. Die beiden gehen ebenfalls als Dreamteam durch: "Wir kannten uns vorher nicht", sagt sie. "Doch, wir hatten vor zehn Jahren einmal in Wien eine Lesung", erwidert er. Da könne sie sich nicht mehr daran erinnern, sagt sie lachend - um dann doch sehr genau von eben jener Lesung zu berichten.

Liebe ist: Wenn sie nicht behauptet werden muss, wenn es so aussieht, als sei sie schon immer dagewesen. Sagen Harfouch und Markovics später noch unabhängig voneinander. Und als unbeteiligter Premierengast stellt man fest: Da ist was dran, zumindest in diesem Film von den Münchner Produzenten Jakob Claussen und Uli Putz, die viel Erfahrung mit Literaturadaptionen haben ("Heidi", "Der Räuber Hotzenplotz"). Ihr neuer Film bleibt nahe an Lekys Roman und findet doch seinen eigenen Sound, er begeistert vor allem mit seinem exzellenten Ensemble. Es ist ein Fest der Liebe, selbst wenn es für das wahre Fest der Liebe etwas zu spät kommt: In den Kinos startet diese Bestsellerverfilmung am 29. Dezember.

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