Kultur:Das Münchner Filmfest ist eröffnet

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Regisseurin und ihre Darstellerin: Marie Kreutzer (links) und Vicky Krieps, die Kaiserin Elisabeth ganz anders spielt als man es bisher kannte. (Foto: Catherina Hess)

Endlich wieder ein Kinoereignis ohne strengere Auflagen. Beim Eröffnungsfilm zertrümmert die Schauspielerin Vicky Krieps als Kaiserin Elisabeth lustvoll alte Klischees.

Von Christian Mayer

Wenn der Sommer in der Stadt seinen Höhepunkt erreicht, dann herrscht an der Isar ein heiteres Gewusel. Am Ufer des Flusses sitzen Großstadtmenschen, die das berühmte Isarflimmern erleben wollen, ihren Grill anwerfen oder gerne kurz mal abtauchen im kühlen Wasser. Ähnlich lebhaft ist auch dieser Donnerstagabend ganz in der Nähe des Flauchers, im größten Kultursaal der Stadt - denn erstmals findet die Eröffnung des Münchner Filmfests in der Isarphilharmonie statt, mit 1500 sommerlich gestimmten Gästen.

Die Stimmungslage ist eindeutig: Endlich wieder ein Kinoereignis ohne strengere Auflagen, endlich wieder Lebensfreude und Prosecco-Seligkeit, Bussi-Begrüßung und das klare Bekenntnis, dass München eine einzige Bühne ist, die man gefälligst zu bespielen hat. Am besten möglichst prominent.

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Im vergangenen Jahr konnte Festivalchefin Diana Iljine zwar bereits das - noch etwas zaghafte - Comeback des Kinos ausrufen, damals im Gasteig mit der bayerischen Krimikomödie "Kaiserschmarrndrama" als Köder. Doch erst jetzt hat sich die Pandemielage so weit entspannt, dass man richtig feiern kann. Und der diesjährige Eröffnungsfilm "Corsage" der Regisseurin Marie Kreutzer hat das Zeug, nach der Weltpremiere in Cannes auch das Münchner Publikum zu begeistern - mit einer eigenwilligen Mischung aus Gesellschaftskritik, glamourösen Bildern, einer Auseinandersetzung mit dem Blick auf den weiblichen Körper und einer originellen Hauptdarstellerin: Vicky Krieps spielt die österreichische Kaiserin Elisabeth, die früh zur Ikone wurde.

Aber was für ein himmelweiter Unterschied zu allen früheren Versuchen der bundesrepublikanischen Filmindustrie, der tragischen Überfigur "Sisi" oder "Sissi" ein Denkmal zu setzen - denn Vicky Krieps zeigt die Leiden und Leidenschaften einer realen, nicht mehr jungen Frau, die sich lieber selbst ins Korsett zwängt, als sich von anderen zwängen und drängen zu lassen, und dann den großen Ausbruch wagt. So traurig, trotzig, stolz, egozentrisch und freigeistig hat man Elisabeth noch nie gesehen. Schön angezogen, sehr ungezogen.

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Großer Applaus also für diesen Auftritt - schließlich hat das Filmfestteam erst mit zielstrebigem Charme erreicht, dass der vielbeschäftigte Weltstar Vicky Krieps trotz Dreharbeiten zur Premiere anreisen konnte. An das Münchner Festival hat Krieps ohnehin schöne Erinnerungen, 2014 erhielt die Luxemburgerin den Förderpreis Deutscher Film für ihre Darstellung in "Das Zimmermädchen Lynn", kurz bevor es dann richtig losging mit ihrer internationalen Karriere. Jetzt kehrt sie triumphal zurück - von allen Zwängen befreit.

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