Branchen-Trend:Welthits, made in München

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Hat den Hit-Code raus: Matthias Schweighofer in "Army of Thieves". (Foto: Stanislav Honzik/Netflix)

Immer mehr deutsche Filme und Serien werden für Streaming-Anbieter gedreht, immer mehr Erfolge haben sie. Aber lohnt sich das auch für die Produzenten?

Von Josef Grübl, München

Mit den Kinozahlen des Jahres 2021 kann angesichts der monatelang geschlossenen Kinos niemand zufrieden sein, mit den Streaming-Zahlen dafür umso mehr: Vor allem Münchner Produzenten feierten große Erfolge, sogar Welthits landeten sie. Seitdem die Streaming-Plattformen herausgefunden haben, dass nationale Produktionen beim Publikum gut ankommen, lassen auch Amazon Prime, Sky Ticket oder Disney+ in Deutschland produzieren. Den größten Output hat derzeit aber Netflix, beim US-Streaming-Giganten erschien 2017 auch der erste deutsche Welterfolg: Die Mystery-Serie "Dark" war national ein Hit, international aber ein Riesenhit, mit Fans in Brasilien, Indien oder den USA. Produziert wurde sie von Max Wiedemann und Quirin Berg, ihre Münchner Firma arbeitet auch für anderen Online-Programmanbieter: Erst kürzlich erschienen bei Sky "Die Ibiza Affäre" oder "Blackout" bei Joyn - beide Serien sollen auch international reüssieren.

Das Münchner Produzentenduo Jakob Claussen und Uli Putz brachte im Sommer die zweite Staffel ihrer Netflix-Serie "Biohackers" heraus, Oliver Berben realisierte für Amazon Prime eine Serien-Version von "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo". Der Münchner Produzent Dan Maag setzte dagegen auf einen Spielfilm: Die Safeknacker-Story "Army of Thieves" von und mit Matthias Schweighöfer wurde in Tschechien, Österreich und Deutschland gedreht, Premiere hatte sie im Oktober. Gleich am ersten Wochenende war es der meistgesehene Film weltweit, in 87 Ländern erreichte er die Nummer eins der Netflix-Charts.

Veronika Ferres ist stolz auf ihr "Female-Power-Team"

Aber zahlt sich so ein Welterfolg auch finanziell aus? "Es ist kein Geheimnis, dass das Auftragsproduktionen sind", sagt Dan Maag am Telefon, "dass dann die Rechte weg sind an einem solchen Format, liegt im System." Die Sache ist also etwas zweischneidig: Einerseits erreichen Streaming-Produzenten ein so großes Publikum wie nie zuvor, andererseits profitieren sie bei Hits nicht so sehr wie etwa mit Kinofilmen. Bei Flops liegt das Risiko allerdings auch bei den Plattformen. Die Produktion gestaltet sich ebenfalls einfacher, da Netflix & Co. oft die komplette Finanzierung übernehmen. "Das ging alles superschnell", erzählt Maag. Nachdem ihm Netflix grünes Licht gegeben hatte, konnte er "Army of Thieves" innerhalb weniger Monate auf die Beine stellen.

Deutlich länger dauerte es für Christian Becker: Der Produzent steht mit seiner Münchner Firma Rat Pack Film hinter dem Spielfilm "Blood Red Sky", den in Deutschland fast 15 Jahre lang niemand finanzieren wollte. Netflix wollte aber - und landete im Sommer 2021 einen weiteren Welthit: Der blutige Vampir-Thriller wurde bereits kurz nach seinem Start in mehr als 50 Millionen Haushalten gesehen, in 57 Ländern erreichte er die Nummer eins der Netflix-Charts. Ob man so einen Erfolg wiederholen kann? Becker versucht es zumindest: Kurz vor Jahresende schickt er die Komödie "One Night Off" ins Rennen, dieses Mal bei Amazon Prime.

Sandra Bullock in der amerikanisch-deutschen Koproduktion "The Unforgivable". Produziert hat Veronika Ferres mit ihrer Münchner Produktionsfirma. (Foto: Kimberley French/Netflix)

Seine Publikumstauglichkeit schon unter Beweis gestellt hat "The Unforgivable": Die amerikanisch-deutsche Koproduktion lief kurz vor Weihnachten an und erreichte in 94 Ländern Platz eins der Netflix-Charts. Bereits jetzt gilt das Drama als einer der meistgesehenen Filme des Jahres. Neben seiner deutschstämmigen Hauptdarstellerin (Sandra Bullock) und seiner deutschen Regisseurin (Nora Fingscheidt) kann er auch eine deutsche Produzentin aufweisen: Mit ihrer Münchner Produktionsfirma steht Veronica Ferres hinter diesem Projekt, für die Schauspielerin könnte das der Beginn einer Hollywood-Produzentinnen-Karriere sein. Ferres hielt sich zuletzt in Los Angeles auf, von dort aus ließ sie ausrichten, dass sie stolz sei auf dieses "Female-Power-Team, das eine intensive Geschichte erzählt, die nun Millionen Menschen auf der Welt berührt".

Aber woran liegt es nun, dass gerade aus München so viele Streaming-Hits kommen? Das wundere ihn nicht, sagt Dan Maag, schließlich gebe es hier viele gute Kinoproduzenten: "Und da Streamer wie Netflix Möglichkeiten bieten, die sonst nur das Kino bietet, nutzt man diese natürlich auch."

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