SZenario:"Das würden unsere Jungs wohl nicht hinkriegen"

Lesezeit: 3 min

Harry Kane vor der Vorstellung. (Foto: Florian Peljak)

Mathys Tel staunt, Alphonso Davies kann nicht mehr und am Ende applaudiert sogar Harry Kane. Die Bayern zu Besuch im Circus Roncalli.

Von Philipp Crone

Exakt um 18.30 Uhr zerreißt es Alphonso Davies dann. Er kann nicht mehr vor Lachen. Das liegt auch an seinem Nebensitzer Mathys Tel, vor allem aber an Anatoli Akerman, dem Hauptclown im Circus Roncalli. Hierhin hat der FC Bayern am Montagnachmittag geladen. Nicht nur seine Profimannschaft, sondern vor allem mehr als 1000 Kinder. Und wenn es einen Moment gibt, an dem man der Frage ein wenig auf den Grund gehen kann, ob diese finanziell und auch sonst dem Normalmünchner recht entrückten Fußballer vielleicht doch ganz normale Menschen sind, dann diesen: eine Zirkus-Vorstellung, bei der Kinder und Kicker nebeneinandersitzen und allesamt dasselbe vorgesetzt bekommen, eine Show, zu der der weiße Clown Gensi am Anfang wie immer sagt: "Werden Sie Kind." Also, wie viel Kind steckt in Davies, Tel oder Harry Kane?

Zunächst einmal ist am Nachmittag vor Beginn der vom FC Bayern gebuchten Sondervorstellung festzustellen: Wenn die Fußballer keine Trainingsanzüge anhaben und nicht gerade in einem Stadion kicken, ist schon ein großer Teil des schillernden Starseins dahin. Auch Eric Maxim Choupo-Moting sieht in zivil mit Frau und Kindern aus wie ein handelsüblicher Roncalli-Besucher. Und Thomas Tuchel hat ebenso wie alle anderen Probleme auf dem schweren Untergrund: grober Kies. Er hastet an dem kleinen Reportergrüppchen vorbei, das natürlich auch vor einem Zirkus lieber wissen will, ob das anstehende Pokalspiel nun abgesagt wird, wer bei der EM im Tor stehen sollte und wie es am Wochenende gegen Dortmund aussieht. Uli Hoeneß, seines Zeichens Ehrenpräsident und ausgewiesener Roncalli-Fan, moderiert das elegant ab. Und die Kinder, die vorfreudig über den Kies hopsen? Die interessieren sich weniger für Manuel Neuer oder Raphaël Guerrero als vielmehr für die laufenden Plüsch-Maskottchen Berni und Co.

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Auch Fitness-Chef Holger Broich wird unbestürmt ins Zelt gelassen und sagt auf dem Weg zur Frage nach den sportlichen Fähigkeiten der Zirkus-Artisten mit einem Grinsen: "Das würden unsere Jungs wohl nicht hinkriegen." Da ein Kollege aus der Presseabteilung neben ihm steht, schiebt er nach: "Aber die wahrscheinlich auch nicht, was unsere können." In dem Moment kommt Thomas Müller vorbei und greift nach dem Handy-Trick: Telefon ans Ohr und beschäftigt tuend die Fans und Fotografen passieren. Klappt auch und als er das Telefon vom Ohr nimmt, ist auf dem Display sein früherer Kollege Schweinsteiger samt einem herumtollenden Kind zu sehen.

Tel und Davies dürfen in eine Loge, Kane, Neuer und Kollegen sitzen in der Holzklasse. Sie hören zu Beginn von Roncalli-Chef Bernhard Paul, dass es zwar erstaunlich sei, wie man aus 54 Metern ein Tor erzielen könne, wie es Kane am vergangenen Wochenende geglückt ist. Das könne seine Zirkusmannschaft nicht, aber nur "weil unser Zelt zu klein ist". Kurzer Blick. Lacht da schon jemand? Noch nicht.

Mathys Tel mit jungen Fans. (Foto: Florian Peljak)

Bayern-Chef Herbert Hainer begrüßt dann noch einmal alle und freut sich nicht nur, dass sein Club so vielen zum Teil benachteiligten Kindern und Jugendlichen einen schönen Nachmittag bieten kann, sondern auch, dass "die gesamte Profi-Mannschaft" gekommen sei. Dann animiert er die Kinder zum Gebrüll, so dass es kurz ansatzweise so klingt wie vergangene Woche beim Auswärtsspiel in Istanbul, was Kane eher gelassen zur Kenntnis nimmt. Der englische Stürmer stützt sein Kinn auf die linke Hand und sieht sich das erst einmal in Ruhe an.

Handstand-Akrobatin Maria Sarach zeigt ihre Nummer, anschließend kommt Jongleur Danil Lysenko, der bereits drei Weltrekorde aufgestellt hat. Die jungen Kinder sind da längst ausgeflippt, als Lysenko fünf, sechs und am Ende zehn Ringe in der Luft hält, und die alten? Kanes Kinn ruht noch entspannt auf seiner Hand. Um 17.23 Uhr dann muss er zumindest grinsen. Da hat Clown Akerman gerade seinen Abwehrkollegen Davies verdonnert, mit einem roten Blaulicht auf dem Kopf eine Zeltstange zu halten. Aber Applaus? Nein. Könnte natürlich auch angespannte Faszination sein.

Zur zweiten Hälfte ist dann auch Manuel Neuer bei der Sache

In der Pause sind dann die Kinder weiterhin dauerbegeistert, in dem Fall von Gratis-Popcorn und den ebenfalls kostenlosen Gummibärchen, während die Fußballer sich in ein Nebenzelt zurückziehen. So ganz gleich sind sie eben dann doch nicht. Aber man kann es ihnen auch nicht verdenken, da vorhin auf dem Kies durchaus größere Fan-Trauben um Spieler herumhingen, so sie denn mal erkannt wurden.

Zur zweiten Halbzeit, also Hälfte, ist nun auch Manuel Neuer bei der Sache. Er klatscht, und die beiden Spieler in der Loge unten genießen den Abend ebenfalls immer mehr. Tel hilft Akerman mit einem Schubser in die Manege, es ist der Beginn eines kleinen Spaß-Duells. Eine Nummer später kommt Akerman, inzwischen als Frau verkleidet, wieder bei Tel vorbei und gibt ihm einen saftigen Schmatzer, dass der junge Franzose staunend stehen bleibt und Davies vor Lachen Tränen in den Augen hat.

Gut unterhalten im Circus Roncalli: Mathys Tel und Alphonso Davies. (Foto: Pool via FC Bayern München)

Zum großen Finale sind dann noch die kolumbianischen Brüder Charly und Wuilder alias Hermanos Aceros in der Manege. Tel bleibt der Mund offen, Davies schlägt die Hände vors Gesicht, als die beiden Kopf auf Kopf eine Treppe runterbalancieren. Die Fußballer staunen und gehen mit, genau wie die Kinder neben und hinter ihnen. Und was macht Kane? Er sitzt gerade, und ja, ganz zum Schluss, da ist es doch passiert. Da applaudiert selbst der stoische Stürmer.

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