Energiewende:"Wir denken einen Schritt weiter"

Lesezeit: 3 min

Vor zwei Jahren wurde das Heizwerk der Stadtwerke Dorfen erweitert. Von hier aus wird bereits ein beachtlicher Teil der Stadt mit Wärme versorgt. (Foto: Stephan Görlich)

Die Stadtwerke Dorfen bauen ihr Wärmenetz kontinuierlich aus und entwickeln es technisch weiter. Die Wärmesparte ist keine Pflichtübung, sondern ein Gewinnbringer. Das hofft auch Markus Lohmaier, der mit zwei Partnern in Isen ein privatwirtschaftliches Wärme-Unternehmen gegründet hat.

Von Florian Tempel, Dorfen

Die Stadtwerke Dorfen sind ein Traditionsunternehmen, dessen Geschichte bis ins Jahr 1904 zurückreicht. Zugleich sind die Stadtwerke Dorfen seit vielen Jahren aber auch Vorreiter bei der Energiewende. Das Dorfener Wärmenetz ist zwar nicht das erste im Landkreis Erding. Doch nirgendwo sonst setzt man seit Jahren so kontinuierlich auf seinen Ausbau. Und das hat nicht nur damit zu tun, dass Privatleute und Gewerbetreibende ihre Gebäude ans Dorfener Wärmenetz anschließen wollen, sondern auch, "weil wir ein hohes Interesse am Ausbau haben", wie Klaus Steiner, Geschäftsführer der Stadtwerke Dorfen, versichert. Das ist ein entscheidender Punkt, der klar macht, wo und wie Wärmenetze funktionieren können: wenn sie proaktiv forcierte unternehmerische Entscheidungen sind.

Steiner formuliert das so: "Bei den Stadtwerken Dorfen ist die Situation die, wie bei jedem anderen Versorgungsunternehmen auch, dass wir eine Transformation planen müssen." Als Steiner im vergangenen Oktober den Geschäftsbericht der Stadtwerke für das Geschäftsjahr 2021 im Stadtrat vorstellte, wurde klar, was er damit meint. Die frühere Cash Cow der Stadtwerke, die Stromsparte, bringt nichts mehr ein. Die jüngste Sparte hingegen, das eigene Glasfasernetz, an dem mehr als 2000 Betriebe und Haushalte angeschlossen sind, ist der größte Gewinnbringer. Und an zweiter Stelle trug 2022 die ökologische Dorfener Fernwärme zum Gewinn bei, noch vor der Sparte Erdgas, die dreimal so viele Abnehmer hat.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Das ist ein interessanter Blickwinkel, die Sache zu betrachten. Denn sehr oft stehen in der Diskussion, ob und wie sich Wärmenetze entwickeln und betreiben lassen, entweder die Energielieferanten im Fokus - wie zum Beispiel Biogasproduzenten, die Abwärme abzugeben haben - oder die potenziellen Abnehmer, die oft vor allem interessiert, was sie ein Anschluss an Wärmenetz einmalig und dauerhaft kostet.

In Isen gibt es kein kommunales Versorgungsunternehmen und doch steht auch hier der Bau eines Wärmenetzs an. Markus Lohmaier ist Landwirt und Waldbesitzer und sitzt für die Freien Wähler im Gemeinderat von Isen. Als dort die Sanierung der Schule auf der Tagesordnung stand, brachte er die Idee ein, sie statt mit Erdgas künftig mit Wärme aus einem Biomasseheizwerk zu beheizen und das dann auch als Startpunkt für ein Isener Wärmenetz zu nehmen. Die Gemeinde machte eine europaweite Ausschreibung für die Schulbeheizung. Lohmaier gründete mit zwei Geschäftspartnern die Isener Regionahwärme GmbH, bewarb sich und bekam den Zuschlag. Vor zwei Jahren wurde der Vertrag für die Wärmeversorgung der Schule unterschrieben. Aktuell wartet Lohmaier noch auf den staatlichen Förderbescheid für sein Projekt und dann kann es losgehen.

Auf dem Weg vom Heizkraftwerk, etwas außerhalb von Isen auf einem Bauernhof gelegen, bis zur Schule liegen jede Menge private Gebäude - alles potenzielle Kunden. Lohmaier ist zuversichtlich, dass viele auch tatsächliche Abnehmer seiner Nahwärme werden. Er habe etwa 50 konkrete Interessenten. Lohmaier hat sich aber auch ein interessantes Optionsmodell ausgedacht. Man wird sich, wenn die Hauptleitung verlegt wird, den Nahwärmeanschluss relativ günstig schon mal bis in sein Grundstück oder ins Haus legen lassen können, um erst zu einem späteren Zeitpunkt wirklich anzuschließen. "Da gibt es viel Interesse", sagt Lohmaier.

Klaus Steiner, Geschäftsführer der Stadtwerke Dorfen, bei der Inbetriebnahme des erweiterten Heizwerks vor zwei Jahren. (Foto: Stephan Görlich)

Die Stadtwerke Dorfen "haben schon Fakten geschaffen", wie es Steiner nennt, indem das Dorfener Wärmenetz stetig auf- und ausgebaut worden ist. Und es wird weitergehen. Ein aktuelles Projekt ist ein Wärmenetz in Oberdorfen. Dort ist das Gasnetz der Stadtwerke in die Jahre gekommen. Statt es zu erneuern, sollen die Hausbesitzer in Oberdorfen nun auf Fernwärme umsteigen. Die Stadtwerke haben in einem ersten Planungsbereich 85 Hausbesitzer angefragt, "90 Prozent wollen ans Wärmenetz", sagt Steiner, das zeige auch, wie hoch die Zustimmung in den unternehmerischen Kurs der Stadtwerke ist. "Wir sind mit Hochdruck dabei, das nun zu planen."

Die Stadtwerke wollen Wärmenetze zu einem Dorfener "Exportmodell" machen

Wie bei Lohmaier und seinen Partnern in Isen werden die Stadtwerke, wie bisher auch schon, mit Hackschnitzeln aus der Fortwirtschaft und Landschaftspflege einheizen. Doch Steiner sagt, dass sich auch dieser "klassische Weg" in den kommenden Jahren verändern werde. "Wir denken einen Schritt weiter, wie wir das noch auf ökologische Weise machen können." Möglich sind Solarthermie, Wärmepumpen und die Nutzung von industrieller Abwärme, die in bestimmten Betrieben beim Kühlen von Anlagen und Gebäuden entsteht.

Vom Knowhow, den Erfahrungen und den Fähigkeiten der Stadtwerke auf dem Gebiet der Wärmenetze sollen in Zukunft auch andere Kommunen profitieren können. "Wir wollen ein Stück in die Botschafterrolle gehen", sagt Steiner, und Wärmenetze gewissermaßen zu einem "Exportmodell" machen. Das erste Projekt in dieser Richtung ist die Kooperation mit der Gemeinde Wartenberg, wo die Dorfener Stadtwerke ein erstes und zukunftsweisendes Wärmenetz planen und aufbauen werden.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusDepressionen und Suizid
:"Niemand war da und er war weg. Für immer."

Felix hat oft Kopfschmerzen, fühlt sich schlapp. Seine Mutter sucht Ärzte auf, doch niemand weiß ihm zu helfen. Als er 17 Jahre alt ist, nimmt Felix sich das Leben. "Er ist einfach durch die Maschen eines Netzes gefallen", sagt sie heute. Ein Gespräch.

Interview: Regina Bluhme und Johannes Elle

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: