Bahn:300 Meter, 560 Tonnen, 29 Achsen: Das Schienenungetüm lauert vor Pulling

Lesezeit: 2 min

Während der Sperrung der Bahngleise arbeitet im Freisinger Moos die Recycling-Planums-Verbesserungsmaschine, eine der größten Gleisbaumaschinen der Welt.

Von Alexandra Vettori, Freising

Irgendwo zwischen Neufahrn und Pulling, im Niemandsland inmitten staubiger Felder, steht sie: die RPMB, eine der größten Gleisbaumaschinen der Welt. Sie rattert, faucht und staubt, während sie vorne Gleise samt Betonschwellen einen halben Meter in die Luft hebt, den Schotter darunter mit der quer am Boden liegenden "großen Kette" erst in ihr Inneres transportiert, dann über Förderbänder weiter nach oben, dort siebt, spült und recycelt, was bei Gleisschotter das neuerliche Brechen der Kiesbrocken bedeutet. Nur so werden sie wieder schön scharfkantig und halten später den Kräften fahrender Züge stand und die Gleise fest. Sodann transportiert die RPMB den Kies wieder nach unten und spuckt ihn 30 Meter später wieder auf das Gleisbett.

50 bis 70 Prozent des Schotters können so wieder verwendet werden, das spart Geld und Material. RPMB, das heißt Recycling-Planums-Verbesserungsmaschine. Denn sie macht nicht nur den Schotter wieder scharfkantig, sondern ebnet auch noch den Boden und zieht bei Bedarf als Wasserdrainage auch noch ein textilartiges Gewebe als unterste Schicht ein. Hier im Freisinger Moos, wo der Boden feucht und schwammig und das Grundwasser hoch ist, ist diese Fähigkeit der RPMB öfter mal gefragt. Auch die Daten der Maschine, die für Laien wie eine Art Güterzug aussieht, sind beeindruckend: 300 Meter lang, 560 Tonnen schwer, 29 Achsen. Muss sie nur den Schotter erneuern, schafft sie 80 Meter am Tag, braucht es auch einen festen Untergrund, sind es nur 40.

Gleisarbeiten
:Sommer, Sonne, S-Bahn-Pause

Wer während der Ferien zum Flughafen will, muss mehr Zeit einplanen: Die Strecke von München nach Freising ist sechs Wochen lang komplett gesperrt - auch für Regionalzüge nach Ostbayern.

Von Andreas Schubert

Schon zum zweiten Mal in dieser Woche hat die Bahn zum Pressetermin geladen, nach der Monsteraufgabe Schienenersatzverkehr am Montag stellt sie nun vor, warum der ganze Aufwand überhaupt nötig ist. "Wir haben versucht, zu bündeln, und so viel wie möglich in diese sechs Wochen Sperrpause zu packen", erklärt Projektleiterin Maya Schuhmann.

Zusammen gekommen ist in der Tat einiges, was gemacht werden muss. Das sind zum einen die Gleise und Schwellen, die zum Teil seit 1956 im Boden liegen. Auf 33 Kilometern werden sie zwischen Freising und Feldmoching erneuert, dazu die Bahnhöfe Unterschleißheim und Lohhof behindertengerecht umgebaut. Der Zeitplan dort ist eng bemessen, wenn die Züge in fünfeinhalb Wochen wieder fahren, muss der Betrieb auf den derzeit fast völlig abgetragenen Bahnsteigen wieder möglich sein. Darüberhinaus werden in den Bahnhöfen Moosach, Unterschleißheim und Lohhof Schwellen erneuert und auf der Autobahn A 99 bei Feldmoching Brücken, was nur ohne Bahnbetrieb möglich ist.

Doch zurück zur RPMB. Wo sie mit dem neuen Schotterbett fertig ist, folgt in Kürze eine andere Maschine, die Schwellen und Gleise erneuert. Die alten landen im Recycling-Kreislauf, die Gleise werden eingeschmolzen und die Betonschwellen zumindest teilweise runderneuert. Wieder eingebaut werden sie zum Beispiel in Rangierbahnhöfen, wo die Belastung nicht so groß ist. 60 Millionen Euro kosten die Arbeiten in den sechs Wochen S-Bahn-Sperre. Ein Drittel entfällt auf die Gleisbauarbeiten, ein Drittel auf die beiden Bahnhöfe in Unterschleißheim und ein knappes Drittel auf sonstige Ertüchtigungen.

Bauleiter Hanno Große von der Firma Wiebe ist Herr der RPMB. Das gute Stück koste so um die 20 Millionen, erzählt er, die Maschine sei Eigentum von Wiebe. Hauptauftraggeber sei, logo, die Deutsche Bahn, "aber wir sind europaweit tätig, wenn auch am liebsten im deutschen Raum". Warum, liegt auf der Hand: Die RPMB zu transportieren, ist mühsam und funktioniert eigentlich nur auf dem Schienenweg. 300 Meter lang sei sie aber nicht immer, sagt er, die Kernmaschine sei nur 150 Meter lang, der Rest seien angehängte Wagen für Material. Eine der wichtigsten Aufgaben von Hanno Große ist, auf die Geschwindigkeit von 32 Metern pro Stunde zu achten, ein "richtig hohes Arbeitstempo", wie er betont. Projektleiterin Maya Schuhmann kann nur zustimmen: "Für die Fahrgäste sind die sechs Wochen Sperre lang, aber für uns ist es echt kurz."

© SZ vom 01.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

S-Bahn München
:Im 24-Stunden-Schichtbetrieb zur sanierten Stammstrecke

550 Arbeiter sind am Wochenende rund um die Uhr im Einsatz, um Schienen, Stromleitungen und Weichen zu warten - und das nicht zum letzten Mal in diesem Jahr.

Reportage von Dominik Hutter

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: