AfD-Politiker:Peter Junker wegen Volksverhetzung verurteilt

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Der stellvertretende Kreisvorsitzende Peter Junker wurde wegen Volksverhetzung, wegen Äußerungen beim Europaparteitag in Magdeburg, zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. (Foto: Screenshot Youtube)

Der Finsinger Gemeinderat und stellvertretende Kreisvorsitzende hat beim AfD-Europaparteitag queere Menschen diffamiert und beleidigt. Das Amtsgericht Magdeburg hat ihn dafür nun zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt.

Von Florian Tempel, Erding

Anfang August hat der AfD-Lokalpolitiker Peter Junker auf dem Europaparteitag seiner Partei in Magdeburg queere Menschen übel beleidigt. Sven Bäring, der Vorsitzende des Vereins QueerBw, der Interessenvertretung der lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans-, inter- und andersgeschlechtlichen Angehörigen der Bundeswehr, hatte ihn daraufhin angezeigt. Das Amtsgericht Magdeburg hat den 65-Jährigen aus Finsing nun wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Das Urteil ist als Strafbefehl ergangen, also auf rein schriftlichem Weg ohne eine mündliche Hauptverhandlung. Peter Junker hat den Strafbefehl akzeptiert und keinen Einspruch eingelegt, das Urteil ist damit rechtskräftig.

Beim Parteitag in Magdeburg hatte sich Peter Junker, der eigentlich nur als Delegierter dabei war, spontan um einen Platz auf der Europawahlliste der AfD beworben. Das war zwar völlig aussichtslos, brachte ihm aber neun Minuten Aufmerksamkeit. Nachdem er bekannte AfD-Thesen von sich gegeben hatte - die Menschen in Deutschland würden von den Medien seit Jahren belogen und manipuliert, als AfD-Mitglied werde man diskriminiert, und den Klimawandel gebe es nicht - ging er dazu über, queere Menschen zu diffamieren. Junker sagte: "Wenn meine vierjährige Tochter von einer Dragqueen belabert wird, sich ein Dragqueen-Märchenbuch vorlesen lassen muss und das noch für gut finden muss", dann müsse die AfD "Aufklärung" leisten: "Es gibt keine 132 000 Geschlechter, es gibt nur zwei Geschlechter, Mann und Frau, ohne Wenn und Aber. Also schützen wir das Beste, was wir haben, unsere Kinder, unseren Nachwuchs. Schützen wir sie vor Perversitäten, vor Abartigkeiten, vor staatlich geduldeten Kinderfickern."

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Mit diesen Äußerungen schaffte es Peter Junker in die abendlichen TV-Nachrichten und weitere Fernsehberichte. Es gab zwar viele extreme Redebeiträge beim AfD-Europaparteitag. Doch Junkers Äußerungen wurden in mehreren Zusammenschnitten stets am Ende gezeigt. So wie auch im ARD-Sommerinterview mit Alice Weidel, wo die AfD-Bundessprecherin auf die Frage, ob "offen radikal das neue Motto" ihrer Partei sei, lapidar erwiderte, in der AfD gebe es nun mal Meinungsfreiheit.

Peter Junker ist nur eine kleine Nummer in der AfD. Er ist seit fünf Jahren Mitglied, vorher war er 15 Jahre lang bei der CSU. Seit 2020 sitzt er im Gemeinderat des 4800-Einwohner-Orts Finsing. Als er 2021 als Bundestagskandidat im Wahlkreis Erding-Ebersberg antrat, bekam er 6,9 Prozent der Erststimmen. Junker ist stellvertretender Vorsitzender des AfD-Kreisverbands Erding und vierter Beisitzer im Bezirksvorstand Oberbayern, worauf er "sehr stolz" ist, wie er in einer zwei Jahre alten Videobotschaft auf seiner Facebook-Seite sagt.

Eine Videoaufzeichnung seiner Rede in Magdeburg findet sich mittlerweile nicht mehr auf seiner Facebook-Seite. Zunächst war er dabei richtig stolz gewesen, dass seine Rede ihn ein bisschen berühmt gemacht hatte. Er würde das genau so immer wieder sagen, hatte er auf Facebook gepostet und das Video dazugestellt.

Sven Bäring, Bundesvorsitzender von QueerBW. (Foto: UniBW)

Sven Bäring, Oberleutnant der Luftwaffe, seit 2019 Bundesvorsitzende von QueerBw und in diesem Jahr von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in den Beirat für Fragen der Inneren Führung berufen, hatte Junkers Äußerungen mehr oder weniger zufällig mitbekommen. Er hatte den AfD-Europa-Parteitag im Livestream auf Youtube mitverfolgt. Er hat nicht lange gezögert und noch am selben Abend bei der Polizei in Köln Anzeige erstattet. Die dortige Staatsanwaltschaft gab die Sache wegen der Zuständigkeit nach dem Tatortprinzip nach Magdeburg ab, wo das Verfahren zügig abgeschlossen wurde.

Das Amtsgericht Magdeburg wertete die Aussagen Peter Junkers als klare Straftat. In Paragraf 130 des Strafgesetzbuchs heißt es unter anderem, dass sich der Volksverhetzung schuldig mache, wer "die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er (...) Teile der Bevölkerung (...) beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet". Die Tagessatzhöhe wollte der Sprecher des Gerichts nicht nennen, weil das einen Rückschluss auf Junkers Einkommensverhältnisse zulassen würde. Das sei zu privat. 100 Tagessätze seien aber in jedem Fall "ein Pfund", sagte der Gerichtssprecher, und keine Bagatelle. Peter Junker gilt damit als vorbestraft und erhält einen Eintrag im Führungszeugnis.

Sven Bäring sieht den Ausgang des Verfahrens aus mehreren Gründen positiv. Er war durchaus skeptisch, ob seine Anzeige überhaupt Konsequenzen haben würde. "Ich bin eher davon ausgegangen, dass es eingestellt wird." Denn er habe sich gefragt, ob "der Staat eine Sensibilität für meine Anliegen und die meiner Community hat". Es sei für ihn und andere "bestärkend, dass es so ist". Bäring sagt zudem, dass er die Anzeige nicht nur aus "persönlicher Wahrnehmung" heraus erstattet habe: "Nach der Sprache kommt die Gewalt, daher ist es wichtig, dass man einschreitet."

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