E-Mobilität:Stadtwerke erhöhen Strompreise für Elektrofahrzeuge deutlich

Ladestationen oder Ladesäulen für Elektroautos in der Maximilianstraße

Bisher lädt meisten derjenige am günstigsten, der die größte Reichweite mit der schnellsten Ladezeit kombinieren kann.

(Foto: Florian Peljak)

Von Andreas Schubert

Die Strompreise an Ladesäulen für Elektroautos werden für viele Kunden in München deutlich teurer. Am 1. April stellen die Stadtwerke München (SWM) ihr Abrechnungssystem von einem Zeittarif auf einen Abnahmepreis für die tatsächlich getankte Menge Strom um. Künftig werden pro abgenommener Kilowattstunde (kWh) 55 Cent fällig. Vorher zahlten Kunden für die Ladekarte einen monatlichen Grundpreis von 10,12 Euro plus 1,80 Euro je angefangene Stunde an der Ladesäule. Das, sagt ein Fachmann für Elektromobilität, sei "ein Aprilscherz".

Der Experte, der nicht mit Namen genannt werden will, hält die künftigen Preise für deutlich zu hoch. Er selbst fährt einen BMW i3. Seiner Ansicht nach hätten sich die Stadtwerke an den Haushaltspreisen für Stromkunden orientieren können, die etwa beim Tarif "M-Ökostrom Flex" bei 27,24 Cent pro Kilowattstunde liegt - den jährlichen Grundpreis von 105,53 Euro nicht eingerechnet. Er zeigt sich sicher: Die Stadtwerke werden Kunden verlieren, da sich viele wohl einen anderen Anbieter suchen werden.

Den Vorwurf, der Preis sei zu hoch, lassen die Stadtwerke so aber nicht gelten. Im verbrauchsabhängigen Ladepreis enthalten seien neben dem Ladestrom auch der Parkplatz, die Infrastruktur sowie der Service. Durch die öffentlichen Ladesäulen solle Kunden eine Möglichkeit geboten werden, bei Bedarf unterwegs zu laden. Es gehe nicht um ein möglichst günstiges Laden im öffentlichen Raum, bevorzugt sollten Elektroautos dort geladen werden, wo sie am längsten stehen, also am Arbeitsplatz oder zuhause.

Die SWM machten überdies mit der öffentlichen Ladeinfrastruktur keinen Profit - und dürften das auch gar nicht. "Alle Einnahmen, die über die Kostendeckung hinausgehen, kommen dem weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur zugute", so Stadtwerke-Sprecher Michael Solić. Zudem müssten Kunden künftig keinen monatlichen Grundpreis mehr zahlen, sondern nur noch einmalig fünf Euro für eine Ladekarte. Wer selten lädt, so Solić, zahle also künftig nicht mehr, ohne tatsächlich Strom bezogen zu haben.

Die SWM stellen die Abrechnung um, weil sie per Gesetz dazu verpflichtet sind und vom 1. April an der Preisangabenverordnung des Bundeswirtschaftministeriums und der Landeseichbehörden entsprechen müssen. Sprich: Es muss nachvollziehbar sein, wie viel Strom tatsächlich beim Ladevorgang aufgenommen wurde. Der bisherige Zeittarif der SWM war immer wieder kritisiert worden. Bisher lädt meistens derjenige am günstigsten, der die größte Reichweite mit der schnellsten Ladezeit kombinieren kann.

Die Besitzer günstigerer elektrischer Kleinwagen sind die Verlierer, und sollen nun vom neuen Abrechnungsmodus profitieren. Bisher rechnen nur wenige Anbieter nach Verbrauch ab. Zum Vergleich: Der Anbieter Innogy, der allerdings nicht in München präsent ist, verlangt an seinen Säulen 30 Cent pro kWh, dafür aber einen monatlichen Grundpreis von 4,95 Euro. Und um das Ganze noch komplizierter zu machen: Diese Abrechnung nach kWh geht nur an Normalladesäulen (AC), nicht aber an DC-Schnellladesäulen, weil es für diese noch keine eichrechtskonforme Abrechnung gibt. Hier darf vorerst weiterhin ein Pauschalpreis verlangt werden.

Preisvergleich für Ladestrom fällt

Abtrünnige SWM-Kunden in München können auch anderswo Strom tanken, da die Ladesäulen der Stadtwerke im Ladenetzverbund sind. Der kritische Fachmann etwa hat bei den Stadtwerken Konstanz eine Ladeflatrate für 20 Euro im Monat, mit der er auch in München bisher sein E-Auto unbegrenzt aufladen konnte, ohne extra für den Strom zu bezahlen. Doch die Stadtwerke Konstanz wollen das Angebot für Nicht-Kunden einstellen. Auch Roaming-Gebühren werden bei den rund 200 Verbundpartnern keine fällig. "Warum sollte ich mehr zahlen, als ich muss?", fragt sich der Experte für Elektromobilität. Er vermutet, dass sich auch bei anderen Anbietern die Preise auf einem ähnlichen Niveau einpendeln werden.

Zudem glaubt er, dass sich die Parksituation an den 360 Ökostrom-Ladesäulen mit ihren je zwei Ladepunkten wieder verschärfen werde. Der Zeittarif habe die Kunden dazu getrieben, die Ladestelle schnell wieder frei zu machen, um nicht unnötig Geld auszugeben. Jetzt werde es vermehrt zu Dauerparkern an den Säulen kommen, glaubt er.

Der Preisvergleich für Ladestrom fällt schwer. Fast jede der rund 12 500 Ladesäulen in Deutschland funktioniere anders, kritisiert der ADAC. Mal brauche der E-Autofahrer eine Ladekarte, mal müsse er das Laden mit einer App aktivieren. Mal zahlten Nutzer mit dem Smartphone, mal komme die Rechnung am Ende des Monats per Post. Wie viel die einzelne Kilowattstunde am Ende koste, so die Schlussfolgerung des Automobilklubs, sei oft unklar und je nach Anbieter unterschiedlich. Da die tatsächliche Stromabnahme bei einem Zeittarif von der Batterieleistung des Autos abhängt, lässt sich der Preis nicht einheitlich in Cent pro Kilowattstunde umrechnen.

Genau dies soll sich am 1. April ändern. Doch manche Kunden kritisieren, dass sie bei ihrer Fahrleistung mit einem Diesel besser weggekommen wären. Die Rechnung sei einfach, ist zu hören. 100 Kilometer i3 Fahren koste künftig zehn Euro Strom. Dieselfahren schlägt auf der gleichen Distanz bei einem Verbrauch von sechs Litern bei einem Spritpreis von 1,25 Euro mit nur 7,50 Euro zu Buche. "Das macht doch keinen Sinn, zumal tagtäglich über Fahrverbote geredet wird", sagt der Experte. "Wie soll man diese Tatsache potenziellen Interessenten noch positiv verkaufen?" Inzwischen haben die Stadtwerke auf Bitte von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) eingelenkt.

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