Trauerfeiern:Einsames Ende

Tisch

Leerstehendes Zimmer: Jeden Tag sterben in München rund fünf Menschen allein, die erst nach Tagen, Wochen oder Monaten entdeckt werden.

(Foto: vruyr martirosyan/ Unsplash)

Wann Sebastian A. starb, kann keiner genau sagen. Seine Trauerfeier dauerte sieben Minuten, die Besucherstühle blieben leer. Über den stillen Abschied von Menschen, die von niemandem vermisst werden.

Von Anna Hoben

Achtzig Stühle stehen in der Aussegnungshalle des Krematoriums am Ostfriedhof. Es ist neun Uhr morgens, der Himmel draußen war kurz zuvor noch klar und blau, nun ist er zugezogen. Es nieselt. Der Friedhofsmitarbeiter schließt die Tür, geht zum Musikpult und drückt einen Knopf. Eine Orgel spielt das Lied "So nimm' denn meine Hände". Dann ist Stille. Sie dehnt sich. Der Mann hustet. Dann drückt er noch mal einen Knopf, diesmal ertönt ein Chorstück, "Befiehl du deine Wege". Er öffnet die Tür, trübes Licht fällt herein. Die Trauerfeier ist beendet. Sie hat genau sieben Minuten gedauert.

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