Im Februar wird Edward Gardner die Neuproduktion von "Peter Grimes" an der Bayerischen Staatsoper dirigieren. Ein Vorgeschmack war nun in der Isarphilharmonie zu erleben, wohin Gardner mit dem London Philharmonic Orchestra gereist war. Als Chefdirigent hat er dort mit dieser Spielzeit Vladimir Jurowski beerbt, der - so schließen sich Kreise im Musikbetrieb - wiederum Generalmusikdirektor der Staatsoper geworden ist.
Mitgebracht haben die Londoner und ihr neuer Chef ein klassisches Tourneeprogramm: Beethovens "Egmont"-Ouvertüre, Robert Schumanns Klavierkonzert und Jean Sibelius' meistgespielte zweite Symphonie - Stücke, die, jedes auf seine Weise, für ein gewisses abgedroschenes Pathos anfällig sind. Doch Gardner gelingt eine überraschend frische Darstellung, indem er straff organisiert, immer die Übersicht wahrt. Dabei lässt er sich bei Bedarf durchaus Zeit, verliert aber nie die Proportionen aus dem Blick, schafft klare Kontraste und setzt Höhepunkte sehr genau. Die "Egmont"-Ouvertüre bringt das London Philharmonic mit schlankem, sehnigem Spiel auf den Punkt, bei Sibelius' Zweiter treten die Klanglandschaften in plastischem Relief hervor. Und mit Schumann zeigt sich Gardner auch als uneitler Begleiter, der dem Pianisten Jan Lisiecki viel Freiheit lässt.
Lisiecki nutzt sie immer wieder für ein gleichsam privates, wie aus dem Moment heraus erträumtes Klavierspiel. Wobei Träumerei nichts mit Weichheit, Konturverlust zu tun hat. Im Gegenteil überzeugt dieser noch immer sehr junge Pianist durch Klarheit und Schnörkellosigkeit, steigert gerade die Kadenz virtuos ins Furiose. Aber er nimmt sich Raum für eine sensible Agogik, um bald darauf wieder in fröhlichem Bund mit dem Orchester voranzustürmen. Die für Schumann typische Spaltung in Rückzug und Öffentlichkeit, in eine reflektierende und eine angriffslustige Seite wird so auch in der großen Form des Klavierkonzerts in seltenem Maß deutlich.