Ebersberger Krippenweg:Wo eine Fee die frohe Botschaft verkündet

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Ihr Kinderlein kommet: Hier bestaunen die Erstklässler eine Ruinen-Krippe aus Styropor. Zu finden ist sie am Marienplatz neben dem Buchladen. (Foto: Christian Endt)

Wie heißt der Papa vom Jesuskind? Und warum dürfen auch Schildkröten zur Krippe kommen? Die richtig wichtigen Details zur Weihnachtsgeschichte erfährt man, wenn Stadtführer Thomas Warg Kinder durch den Ebersberger Krippenweg lotst.

Von Franziska Langhammer, Ebersberg

Auf manche Fragen hat einfach jedes Kind eine Antwort parat. Eine davon ist: "Auf was freut ihr euch am meisten an Weihnachten?" An diesem grauen, milden Dezembertag mitten in Ebersberg sind die Antworten der Kinder so bunt wie ihre Jacken: "Geschenke!" "Familie!" "Ferien!" "Gutes Essen!" "Ich krieg ein Hundehalsband und eine Hundemarke!" "Und ich Hängeohrringe!" Aber Thomas Warg, der den Kindern die Frage gestellt hat, will gleich noch etwas wissen: Nämlich, wo denn die Geschenke liegen? Was für eine Frage, unter dem Christbaum natürlich! Und daneben, das erzählen ein paar Kinder, stehe bei ihnen zu Hause auch immer eine Krippe.

Die Kinder, allesamt Erstklässler von der Ebersberger Grundschule, gestalten an diesem Vormittag den katholischen Religionsunterricht mit ihrer Lehrerin Diana Kühnlein auf eine etwas andere Weise: Sie machen eine Krippenführung mit dem Kreisheimatpfleger. Auf der folgenden Erkundungstour, das verspricht Thomas Warg, wird es aber auch noch einige Überraschungen geben.

Weihnachten heißt nicht nur, Geschenke zu kriegen: Auch über die Geburt des Jesuskindes können die Kinder dem Stadtführer Thomas Warg viel erzählen. (Foto: Christian Endt)

Zuerst geht es zum Immobilienbüro von Poll an der Ulrichstraße. Jeder darf mal durchs Schaufenster gucken. Eine große Schafherde hat sich dort mitsamt Hirten vor einer höhlenartigen Krippe versammelt, eine goldene Sternschnuppe schmückt ihren Eingang. Der Stadtführer will von den Kindern jetzt wissen, was wichtig ist in so einer Krippe. "Christus", sagt ein Junge. "Und die Mutter von Christus, wer ist das?", fragt Warg. "Maria", weiß ein Mädchen. "Und der Vater von Jesus?", will der Stadtführer weiter wissen. "Gott", antwortet ein anderes Kind. Warg muss schmunzeln: "Ja, da hast du recht, aber wie heißt der Mann von Maria?" Jetzt gehen einige Finger in die Höhe: Josef, so heißt er doch!

Zum neunten Mal ist in Ebersberg zur Vorweihnachtszeit der Krippenweg aufgebaut. Zurück geht dieser auf eine Idee von Franz Kisters, einem ehemaligen Ebersberger, für den "das ganze Jahr Weihnachten ist", wie Warg erzählt. Dieses Jahr sind in 63 Geschäften, Praxen oder anderen Schaufenstern der Kreisstadt Krippen ausgestellt - große wie kleine, alte wie modernere. Unterstützt wird diese Aktion vom Bund der Selbstständigen. Neben Führungen für Erwachsene bietet Warg mit seinen beiden Kollegen Roswitha Hülser und Robert Bauer auch Touren für Kinder an.

Welche Figuren zu jeder Krippe gehören, das wissen die meisten Kinder: Neben der Heiligen Familie und den Weisen aus dem Morgenland sind das Hirten, Schafe, ein Ochs und ein Esel. "Und manchmal noch ein Häschen", fügt ein Mädchen überzeugt hinzu. "Und wer möchtet ihr sein beim Krippenspiel?", fragt Thomas Warg. Ganz viele wollen natürlich Maria oder Josef sein, einer will den Jesus spielen - und einer den Esel. Die Kinder kichern. "Der hatte eine tragende Rolle", lobt die Lehrerin.

Willkommen sind alle. Deswegen darf auch mal ein Plumpsklo in einer Krippenlandschaft auftauchen. Und wer entdeckt die Klapperschlange? (Foto: Christian Endt)

Dass es in einer Krippe auch bunt zugehen darf, untermauert Warg mit einer Geschichte: "Einmal hat ein Kind bei einer Führung gesagt: Ich möchte die Schildkröte sein. Zuerst habe ich gefragt: Hä?" Nach kurzem Nachdenken habe er dann aber gesagt: "Ok." Denn: An der Krippe sei jeder willkommen, weiße wie schwarze Schafe. "Braune auch?", fragt ein Kind. "Und braune", bestätigt Warg.

Bei einer Krippe sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, das zeigt auch das Panorama unter den Arkaden im Schaufenster des Friseurladens Haarreif: Skifahrer sind da zu sehen, einer, der sich ein Spiegelei kocht, und ein Klohäusl mit Herz und Klapperschlange drauf. Die Besitzerin Evi Reif kommt mit einem Korb heraus, verteilt Gummibärchen an die Kinder und erzählt die Geschichte ihrer Krippe: Eigentlich hatte sie sich als junge Frau, kurz nach der Hochzeit, bei einem Ausflug nach München mit Töpfen und Geschirr eindecken wollen. Dort war sie dann aber auf den Christkindlmarkt gegangen. Statt mit Töpfen war Reif dann mit den Figuren der Heiligen Familie, ein paar Schafen und ein paar Hirten wieder nach Hause gekommen. "Jedes Jahr ist eine neue Figur dazu gekommen", erzählt sie. Einen ganzen Tag würde es dauern, diese große Krippe aufzubauen.

Manchmal ist es auch die halbe Arche Noah, die sich auf den Weg zum Christkind macht. (Foto: Christian Endt)

Eine ganz besondere Version ist als nächstes dran: eine Krippe in einem Geigenkasten, zu sehen im Fenster der Tierarztpraxis in der Sieghartstraße. Sie ist, wie der Stadtführer verrät, dessen Lieblingskrippe. "Auch wenn sie etwas abseits ist, gehe ich immer gerne hin. Sie ist unheimlich charmant." Und tatsächlich sind auch viele der Kinder begeistert von dem kleinen, aber feinen Schmuckstück. Dank des Geigenkastens sei auch das Aufbauen wenig aufwendig, sagt Warg: "Deckel auf!" "Und fertig!", ergänzt ein Mädchen. "Und wenn Weihnachten vorbei ist?", will der Stadtführer wissen. "Deckel zu!", rufen die Kinder im Chor.

Ein Kamel, ein Elefant, zwei Giraffen - all das können die Kinder in dem kleinen Geigenkasten entdecken. "Wie erfahren eigentlich die Heiligen Drei Könige von der Geburt des Jesuskindes?", fragt Thomas Warg. "Von der Fee!", ruft ein Mädchen eifrig. "Vom Engel, genau", sagt Warg und lächelt. Dann erörtert er mit den Kindern, was die weisen Männer dem Christkind als Geschenk mitgebracht haben. Ein Junge schlägt "Brot" vor. Das wäre sinnvoll gewesen, findet der Stadtführer.

Da hat sich der Krippenbauer selbst mit in die Krippe gebaut: Franz Kisters als kleiner Junge. Das daneben ist seine Schwester, die auf ihn aufpasst. (Foto: Franziska Langhammer)

Die letzte Station ist die große Stadtkrippe im Untergeschoss des Einkaufszentrums. Krippenweg-Initiator Franz Kisters hat die Krippe selbst gebaut und lange bei sich im Keller stehen gehabt, bevor er sie der Stadt Ebersberg schenkte. Viel Zeit bleibt den Schülern leider nicht mehr, die liebevoll zusammengesetzte Miniaturlandschaft zu betrachten, denn die nächste Unterrichtsstunde steht an. Auf ein Detail will Thomas Warg sie jedoch noch aufmerksam machen: "Seht ihr den kleinen Jungen da oben auf der Treppe? Das ist Franz Kisters selbst." Als Junge sei er recht wild gewesen, erzählt der Stadtführer, und seine Schwester habe auf ihn aufpassen müssen. Die Kinder schauen ungläubig auf die kleine Figur, die die Beine baumeln lässt. Vielleicht sieht sich so manches von ihnen auch selbst dort sitzen. Platz genug zum Träumen wäre nämlich da, in dieser einladenden Krippe, und das zum Glück auch noch ein paar Wochen lang.

Die nächste Führung durch den Ebersberger Krippenweg findet am Sonntag, 17. Dezember um 16 Uhr statt. Treffpunkt ist am Rathaus vor dem Bürgerbüro, eine Anmeldung an fuehrungen@ebersberger-krippenweg.de ist erwünscht. Nähere Informationen zu weiteren Terminen gibt es auf der Homepage Ebersberger Krippenweg (ebersberger-krippenweg.de) .

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