Gut, dass die Stadt Grafing nicht im Rheinland liegt. Andernfalls gäbe es dort gerade sicherlich lautstarke Proteste. Zu diesem Schluss muss kommen, wer in diesen Tagen vor Fasching das Grafinger Amtsblatt durchblättert. Eine ganze Seite ist dort dem Unsinnigen Donnerstag gewidmet. "Nehmen Sie das Faschingstreiben nicht zum Anlass, um in dessen Umfeld möglichst viel Alkohol zu trinken", heißt es da. Wer erwischt wird, dem droht das Rathaus mit "Wegnahme der Gegenstände (...), Sicherstellung und Vernichtung".
Vernichtung von Alkohol? Auch wenn das bei dem Gebräu "Kölsch" nur angebracht wäre, rheinische Jecken würden diesen Strafenkatalog sicherlich nicht so ohne weiteres akzeptieren. Anscheinend ist aber Köln weit genug weg, sodass Grafing guten Gewissens eine Liste mit Spezialregeln für den Unsinnigen Donnerstag verbreiten kann. Acht Gebote sind darin vermerkt, nicht erlaubt ist danach etwa: das "Mitbringen alkoholischer Getränke, Niederlassungen zum Alkoholgenuss außerhalb der zugewiesenen Schankflächen und das Mitführen zerbrechlicher Schankgefäße".
In Grafing ist also verboten, was den Fasching in weiten Teilen Deutschlands ausmacht. Braucht's das? Grundlage für das strikte Regelwerk sind sicherlich die Konsequenzen aus den alljährlichen Szenen vom Grafinger Volksfest, die so verlässlich wiederkehren wie die Rosenmontagsumzüge und ihre Schnapsleichen. Und trotzdem: Wer mal über die närrischen Tage in Düsseldorf oder Köln war, für den muss sich der Fasching in Grafing wie zensiert anfühlen. So, als würde die Stadt München vor dem Oktoberfest eine Bierobergrenze einführen. Acht Gebote wider die Gaudi, wobei natürlich wie so oft das berühmte Zusatz-Gebot gilt: Lass dich halt nicht erwischen.