Neue Romane:Die besten Bücher in diesem Frühjahr

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Die Vaterstettener Vorleserin Ulrike Wolz hat für Adrenalin-Fans, Romantiker und alle anderen aktuelle Vorschläge parat.

Von Franziska Langhammer

Ohne Bücher geht es nicht: Die Vaterstettener Literaturexpertin Ulrike Wolz hat Tipps für jeden Lese-Typ. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit mehr als 30 Jahren liest sie ihrem Publikum vor: Die Vaterstettenerin Ulrike Wolz ist aus der Literaturszene der Region nicht mehr wegzudenken. In der SZ Ebersberg verrät sie die besten Literaturtipps für dieses Frühjahr - maßgeschneidert für die verschiedenen Lesetypen.

Der Couch-Leser lümmelt sich gern mal abends, wenn alle Arbeit getan ist, aufs Sofa und verabschiedet sich vom Tag mit einer Lektüre. Ob romantisch oder herzzerreißend, auf jeden Fall darf es leicht zu lesen und leicht verdaulich sein.

Ulrike Wolz: Er will eigentlich aus der Realität ein bisschen flüchten, da bieten sich historische Romane an. Zu diesem Typus würde ich vor allem Frauen zählen. Hier würde ich den Historienroman "Frau Merian und die Wunder der Welt" von Ruth Kornberger vorschlagen, der die Geschichte einer historischen Figur erzählt: Maria Sybilla Merian ist erfolgreiche Malerin und interessiert sich sehr für Insekten. Sie verwirklicht ihren Traum, in Surinam Schmetterlinge zu erforschen. Die Geschichte einer sehr emanzipierten, neugierigen Frau, die auch in der Liebe kompromisslos ist.

Der S-Bahn-Leser hat auf dem Weg zur Arbeit und zurück Zeit zu lesen. Ganz extreme S-Bahn-Leser sieht man auch manchmal auf Bahnsteigen auf und ab gehen, mit dem Buch vor der Nase. Historisches und Fantasy willkommen!

Da sind eher Taschenbücher gefragt, die man in die Handtasche stecken kann. Passend wäre etwa "Alte Sorten" von Ewald Arenz: Eine Ausreißerin befreundet sich mit einer mittelalten Frau, die einen Bauernhof bewirtschaftet und alte Sorten von Birnen züchtet - Unterhaltung mit Tiefgang. Und falls jemand das noch nicht gelesen haben sollte: "Der Gesang der Flusskrebse" von Delia Owens gibt es jetzt auch als Taschenbuch. Dieser Roman spielt in Amerika und erzählt von einer Naturbeobachterin und Forscherin, die von den Menschen enttäuscht und in einem Mordfall verdächtigt wird.

Der Verschlinger hat nicht oft Zeit zum Lesen, aber wenn ihn ein Buch gepackt hat, dann lässt er schon mal die Suppe anbrennen. Gänsehaut und Adrenalin stehen hier auf der Tagesordnung.

Für diesen Leser passen Familienromane und Krimis, die packen einen doch sehr. Ein Buch, das sehr lange bei mir nachgehallt hat, war "Der Verdacht" von Ashley Audrain, ein Familienkonstellationsroman. Darin bekommt eine Frau ein Baby, auf das sie sich sehr gefreut hat, entwickelt jedoch nach der Geburt eine Aversion gegen das Kind. Gibt es Menschen, die per se böse auf die Welt kommen? Oder ist es das Verhalten der Mutter, das provoziert? - Als Krimiautor kann ich Volker Kutscher empfehlen, der historische Ereignisse mit einer Kriminalgeschichte verknüpft. Absolut spannend ist sein Werk "Olympia" rund um die Morde bei den Spielen 1936 in Berlin.

Der Sachliche orientiert sich an den Bestsellern aus der Riege Sachbuch, hat auf jeden Fall Biografien und ein paar Harald Leschs im Regal stehen und macht auch vor gelegentlichen Ausflügen ins Politische nicht Halt.

Wer beim Lesen was lernen will, sollte unbedingt "Der Mann im roten Rock" von Julian Barnes lesen: die Biografie eines berühmten französischen Gynäkologen, der sich während der Belle Epoque mit Freunden aus Politik, Kunst und Wissenschaft umgibt. Am Schluss dieses Buchs gewinnt man dann sogar neue Einsichten über den Brexit.

Der Feinsinnige Leser freut sich an poetischen Satzverknüpfungen und dem Zauber der Sprache. Gerne greift er im Buchladen nach Lyrik, aber auch nach Künstlerbiografien und Philosophischem.

Da schlage ich Thea Dorns "Trost" vor. Darin beschäftigt sie sich mit dem Thema Corona: Die Mutter der Protagonistin ist daran gestorben, nun schreibt die Hauptfigur Briefe an einen Freund. Wo finden wir Trost in diesen trostlosen Zeiten? Sind wir denn noch ganz bei Trost? Am liebsten hätte ich die Autorin nach dem Lesen angerufen und mit ihr kontrovers diskutiert. Ein anderer Vorschlag hier ist "Der Fallmeister" vom Sprachakrobaten Christoph Ransmayr. Die Geschichte spielt in der Zukunft, in der ein Kampf ums Wasser entbrennt. Für mich war die Lektüre ein sprachlicher Hochgenuss.

Immer am Puls der Zeit und immer am Mitreden ist der Gegenwartsleser: Gesellschaftliche Themen, Diskussionsbeiträge in Buchform oder in Romanen verpackte Sittenbilder der Moderne stehen auf seiner Leseliste ganz weit oben.

Ganz klar ist hier mein Favorit "Mädchen, Frau etc." von Bernardine Evaristo. Schwarze Frauen unterschiedlichster sexueller Orientierung setzen sich hier mit Fragen rund um Herkunft und Identität auseinander. Nach dem ersten Kapitel bin ich verzweifelt, danach habe ich es verschlungen.

Der Urlaubs-Leser freut sich, endlich mal ein paar Tage Zeit zum Lesen zu haben und anspruchsvolle Unterhaltung auf hohem Niveau genießen zu können.

Hier ist Juli Zeh zu empfehlen mit ihrem neuen Buch "Über Menschen". Es liest sich leicht, hat aber Tiefgang. Ein Coronaroman, in dem eine junge Frau ihr Homeoffice in die brandenburgische Einsamkeit verlegt. Es ähnelt dem Vorgänger "Unter Leuten", kommt nur mit viel weniger Personal aus. Zeh bringt darin unglaublich viele aktuelle Themen auf den Punkt; etwa, rechtsnationale Typen als Individuum zu betrachten.

Weitere Buchtipps von Ulrike Wolz gibt es hier: www.literatur-lesung.de/index.htm

© SZ vom 30.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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