Tierschutz:Wenn Hunde aus dem Internet in der Auffangstation landen

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Tierfreunden zerreißt es das Herz beim Anblick eines weggesperrten Hundes. Schlimm sind Bilder aus ausländischen Tötungsstationen. Wer einen solchen Hund aus Mitleid spontan aufnimmt, ist schnell überfordert. (Foto: dpa)

Tiere aus Tötungsanlagen im Ausland werden auch in den Landkreis Ebersberg vermittelt. Doch die Rettungsaktionen enden nicht immer glücklich.

Von Annalena Ehrlicher

Einen kleinen Knick im Ohr, beige meliertes kurzes Fell und eine tragische Geschichte hat der vier Monate alte Mischlingsrüde Gouda. "Einfach auf der Straße entsorgt" wurde der niedliche Hund, so steht es in seiner Biografie auf der Tiervermittlungsseite "Pfotenretter Ungarn". Dennoch sei er "verspielt und freundlich" sowie kompatibel mit allen Artgenossen und Kindern.

Gouda ist einer von zahlreichen Straßenhunden, die im europäischen Ausland von Tierschutzorganisationen eingesammelt und aufgepäppelt werden - mit dem Ziel, im Anschluss in einem geeigneten Umfeld untergebracht zu werden. "Das Problem dabei ist jedoch, dass die Hunde, die übers Internet vermittelt werden, manchmal dann eben doch nicht so sind, wie die Familien sich das vorstellen", berichtet die Vorsitzende des Ebersberger Tierschutzvereins, Evelyn Bauer.

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So hat es in den letzten Jahren auch im Landkreis immer wieder Fälle gegeben, bei denen gut gemeinte Tierrettungsaktionen in Auffangstationen geendet seien. "Wir selbst haben hier aber gar keine Kapazitäten, Hunde zurückzunehmen", sagt Bauer, "wir haben nur die Notfallplätze für Streuner, deshalb kann ich dazu auch sonst nichts sagen." Woher die Auslandshunde kommen und über welche Seiten sie vermittelt werden, weiß sie nicht.

Ein Anruf im Veterinäramt Ebersberg bestätigt jedoch ein Gerücht, das auch Evelyn Bauer schon häufiger gehört hat: nämlich, dass im Gewerbegebiet Parsdorf Übergaben von geretteten Hunden stattfinden. Evelyn Schwaiger, Pressesprecherin des Landratsamtes, sagt: "Es gab in Parsdorf Anfang dieses Jahres eine Untersuchung von einem Hundetransporter, der aus Bulgarien kam." Von der Polizei verständigt, haben die Leiterin des Ebersberger Veterinäramtes Birgitt Huber und ihre Mitarbeiter die Papiere, beispielsweise Impfpässe, und den Zustand der Hunde im Transporter überprüft - das Ergebnis: alles in Ordnung.

Angelika Schöner, die seit mehr als sieben Jahren im Tierschutzverein Erding für Hunde verantwortlich ist, bestätigt das Ergebnis der Untersuchung: "Tatsächlich sind die aus Tötungsstationen im Ausland geretteten Tiere teilweise vollständiger geimpft als so mancher Inlandshund, der einem so unterkommt."

Sie hat aber die Erfahrung gemacht, dass Privatpersonen, die sich Hunde über eine zahlreichen Plattformen im Internet ausgesucht haben, mit ihren Schützlingen letztlich nicht klargekommen sind - das passiere aber ähnlich häufig mit innerhalb von Deutschland adoptierten Hunden. "Wichtig ist eben, den Hunden auch ein bisschen Zeit für die Eingewöhnung zu lassen - man muss da schon auf das Tier eingehen", sagt sie.

"Es fehlt das Durchhaltevermögen"

Grundsätzlich versteht sie zwar den Gedanken, dass man auch im Ausland Gutes tun wolle - "aber man darf sich eben nicht überschätzen." Für Schwierigkeiten mit den Findelhunden gebe es eine Reihe von Gründen, von traumatischen Erfahrungen bis hin zu schlichtweg fehlender Sozialisierung mit Kindern. Auch zu spät erfolgte Kastrationen bei Rüden können Auslöser für Probleme sein: "Die entwickeln dann manchmal mit zwei, drei Jahren ein extrem dominantes Verhalten, das man ihnen kaum mehr abgewöhnen kann."

Die Schwierigkeit sei jedoch, dass man Hunde, die bereits falsch sozialisiert wurden und deshalb innerhalb von Deutschland wieder abgegeben werden, im Grunde nicht mehr weitervermitteln könne. "Bei vielen ist der gute Wille da, aber es fehlt halt das Durchhaltevermögen, wenn es am Anfang eben doch schwierig ist", so Schöner.

Sind die Erwartungen, die mit süßen Hundebildern im Internet geweckt werden, doch ein Problem? "Nicht unbedingt - aber andersrum hat man eben, wenn man einen Hund aus der Region bei sich aufnimmt, den Vorteil, dass man selbst und vielleicht auch die Kinder, das Tier zunächst kennelernen können", so Evelyn Bauer. Und natürlich sei gegen seriöse Organisationen nichts einzuwenden.

"Ein viel größeres Problem sind die illegalen Welpen-Verkäufe aus dem Kofferraum raus", sagt Monika von Tettendorn vom Tierschutzverein München. "Aber dagegen gehen wir inzwischen ganz entschieden vor - es gibt sogar Privatpersonen, die sich als Käufer ausgeben und dann die Polizei einschalten." In Erding kennt man dieses Phänomen allzu gut: Angelika Schöner wurde bereits mehrmals nachts von der Polizei verständigt, weil ein Wurf Welpen sichergestellt wurde. "Die werden im Ausland gezüchtet und hier dann billig verkauft - natürlich ohne Gesundheitszeugnisse und Impfungen", erzählt sie. "Und die Welpen, die übrig bleiben, werden über den nächstbesten Zaun geworfen", fügt sie hinzu.

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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