Reichsbürger:Polizei prüft "Weltnetzseite"

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Diese Flagge mit dem Wappen der "Reichsbürger"-Gruppierung "Bundesstaat Bayern" wehte früher im nördlichen Landkreis Ebersberg. Der nun Angeklagte war ein führendes Mitglieder dieser Organisation. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Nach der Festnahme von zwei "Reichsbürgern" in Pliening am Dienstag suchen die Behörden jetzt nach Möglichkeiten, wie sie die Webseite des selbsternannten Bundestaates Bayern löschen können.

Von Anselm Schindler, Pliening

Inzwischen weht keine Fahne mehr über dem "Regierungssitz" des "Bundesstaates Bayern" im Plieninger Ortsteil Landsham. "Klar haben das hier alle mitbekommen, der Polizeieinsatz lief ja bis fünf Uhr abends", erklärt ein Mann, der in der Nachbarschaft des Hauses arbeitet, vor dem am Dienstagvormittag Polizeibeamte und schwer bewaffnete Spezialeinheiten anrückten. In dem Gebäude an der Erdinger Straße durchsuchten die Polizeibeamten die Räumlichkeiten der Plieninger "Reichsbürger", bundesweit berichteten Medien über den Einsatz.

"Eine Stunde lang war auch die Straße gesperrt", berichtet der Büroangestellte. "Angst haben wir aber nicht", sagt er. Waffen wurden in dem Haus keine gefunden, dafür nahmen die Beamten Dokumente, Urkunden-Formulare und Speichermedien mit. Und sie fanden mehrere tausend Euro, die laut Hans-Peter Kammerer, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord, "mutmaßlich aus Steuereinnahmen" und dem Verkauf von Urkunden der selbsternannten "Reichsbürger" stammen. Die Dokumente liegen der Polizei vor, gegen zwei Bewohner des Hauses wird deshalb wegen bandenmäßiger Urkundenfälschung ermittelt.

Pliening
:Razzia am "Regierungssitz"

250 Polizisten durchsuchen am Dienstagvormittag 15 Wohn- und Geschäftsräume von so genannten "Reichsbürgern", darunter auch ein Haus in Pliening

Von Anselm Schindler

Mit der Razzia in Landsham gelang der Polizei am Dienstag ein entscheidender Schlag gegen die mutmaßliche Führungsriege der "Reichsbürger"-Organisation des "Bundesstaates Bayern". Das Haus sei im Mittelpunkt der 15 Razzien gestanden, die unter Leitung des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord im Freistaat Bayern, in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz durchgeführt wurden, sagt Polizeisprecher Kammerer.

In Landsham hat die bayerische "Reichsbürger"-Organisation ihre Zentrale. Das wird auch auf der Internetseite des "Bundesstaates Bayern" so formuliert, die Homepage "Weltnetzseite" ist nach wie vor online. Neben diversen Dokumenten und Erklärungen werden dort regelmäßig Schreiben veröffentlicht, darunter diverse "Klarstellungen" zu Presseartikeln oder Briefe an mehrere Politiker. Auch dem neuen US-Präsidenten Donald Trump übermitteln die "Reichsbürger" in einem Schreiben an das Weiße Haus "im Namen der deutschen Völker" die "herzlichsten Glückwünsche zur Vereidigung".

Der Aufkleber mit dem Wappen der "Reichsbürger" ist verschwunden

Die Polizei prüft derzeit, ob und wie sie den Online-Auftritt sperren lassen kann - wegen illegaler Urkunden, die man sich dort herunterladen kann. Der Tatbestand der Urkundenfälschung sei auch dann erfüllt, wenn es sich um frei erfundene Dokumente handele, erklärt Kammerer. Dies sei zumindest dann der Fall, wenn diese den Anschein erwecken, von einer staatlichen Behörde zu stammen.

Zwei Bewohner des Hauses in Landsham hat die Polizei am Dienstag vorläufig festgenommen, es handelt sich dabei um die 48-jährige Monika S., die laut eigenen Angaben für den Bereich "Inneres" des "Bundesstaates Bayern" zuständig ist, sowie einen 50-jährigen Mann. Monika S. habe nach ihrer Festnahme "bis spät in die Nacht ausgesagt", berichtet Polizeisprecher Kammerer. Der andere Festgenommene habe allerdings die Aussage verweigert, beide wurden "erkennungsdienstlich behandelt". Von beiden wurden also Finger- und Handflächenabdrücke erstellt, zudem wurden Fotos gemacht.

Im Haus trafen die Beamten einen weiteren 50-Jährigen an, der laut Kammerer nicht in Pliening gemeldet sei. Der Mann, der von der Polizei ebenfalls der Reichsbürger-Bewegung zugeordnet wird, wohnt offenbar im Keller der beiden Festgenommenen. Zudem wohne in dem Haus noch eine "ältere Dame", so Kammerer. Bei ihr handelt es sich um die Mutter von einem der Festgenommenen.

Am Mittwochnachmittag regt sich nichts hinter den Fenstern des "Regierungssitzes", die Lichter sind aus. Auch auf Klingeln reagiert niemand. Als "unauffällig" bezeichnet ein Nachbar die "Reichsbürger" an der Erdinger Straße. Er streckt den Kopf aus dem Fenster: "Der Aufkleber am Auto ist mir schon immer aufgefallen, aber die Leute, die da wohnen, hab ich nie gesehen". Der Aufkleber mit dem Wappen des "Bundesstaates Bayern" ist inzwischen verschwunden, auch das Wappen am Briefkasten wurde abgerissen. Das allerdings hätten die "Reichsbürger" wohl freiwillig getan, heißt es bei der Polizei.

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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