Rosenkrieg in Poing:Frau fährt Verlobten an

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"Das ist dafür, dass du mich immer so schlecht behandelst": Weil er sie verfolgte, fuhr die 24-jährige Adile F. ihren Ex-Verlobten an.

Andreas Salch

Adile F., 24, ( Name geändert) hat ihren früheren Freund mit ihrem Auto angefahren. Mit Absicht. Am helllichten Tag, auf der Neufarner Straße in Poing, im April vergangenen Jahres. Passanten wollen sogar gehört haben, wie sie nach dem Zusammenprall, bei dem sich Kerem R., 30, ( Name ebenfalls geändert) das Wadenbein brach, schrie: "Das ist dafür, dass du mich immer so schlecht behandelst."

Das Amtsgericht Ebersberg verurteilte die in München lebende Industriekauffrau deshalb wegen eines vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 5400 Euro. Der Führerschein der 24-Jährigen wurde für die Dauer eines Jahres eingezogen. Am Donnerstag legte Adile F. vor dem Landgericht München II Berufung gegen das Urteil ein.

Seine Mandantin habe nicht vorsätzlich gehandelt, sagte ihr Verteidiger. Außerdem solle das Gericht den Entzug der Fahrerlaubnis zurücknehmen und eine mildere Strafe verhängen. Was in der Verhandlung detailliert zur Sprache kam, macht die ganze Geschichte begreiflich, die am Ende zu der Tat der jungen Frau führte:

Vor fünf Jahren hatte Adile F. ihren späteren Freund kennengelernt. Die beiden verliebten sich. Zwei Jahre später fand die Verlobung statt. Die Zeremonie vollzog ein islamischer Religionslehrer. Obwohl Adile F. sich schon bald von ihrem Verlobten trennte, ließ er offenbar nicht mehr von ihr ab. Wie der Anwalt der Frau schilderte, habe er sie am Telefon terrorisiert. Auch sei es zu sexuellen Übergriffen gekommen.

Ob sie Anzeige erstattet habe, fragte Richter Oliver Ottmann die Angeklagte. Worauf diese erwiderte: Kerem habe ihr gedroht, es werde dann alles noch schlimmer. Durch die Verlobung sei man nach islamischen Recht schon so gut wie verheiratet. Als sie schließlich doch Kerem R.s Vater anrief und diesem erzählte, was sein Sohn ihr antue, eskalierte die Situation:

Am Morgen des 22. April vorigen Jahres passte er sie auf dem Parkplatz ihres Arbeitgebers in München ab, riss sie an den Haaren, drückte ihren Kopf zwischen seine Beine und schlug mehrmals mit voller Wucht zu. Dann befahl er Adile F., sie solle nach der Arbeit nach Poing kommen. Sie gehorchte. Vor einem Geschäft in der Neufarner Straße kam es zum Streit.

Adile F. setzte sich wieder in ihr Auto, lenkte es auf den Gehsteig, wo Kerem R. neben ihr her rannte und sie ihn anfuhr. Später zahlte sie ihm aus freien Stücken Schmerzensgeld und besuchte ihn im Krankenhaus. "Ich wusste nicht mehr, was ich machen sollte, ich konnte nicht mehr klar denken", sagte die 24-Jährige vor dem Münchner Landgericht.

Doch dass sie ihren Ex-Partner nicht vorsätzlich angefahren habe, glaubte ihr das Gericht nicht. Diesem, der als Zeuge geladen war, empfahl Richter Ottmann, seine ehemalige Verlobte in Ruhe zu lassen, ansonsten werde er "richtig Probleme" bekommen. Zwar blieb es für Adile F. beim Entzug des Führerscheins und einer Verurteilung wegen eines vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Doch verringerte das Gericht die Geldstrafe von 5400 auf 2700 Euro.

© SZ vom 05.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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