Neue Kunstgalerie in Poing:Was der Zufall alles schafft

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Im "Zentrum in der Mitte" im Poinger Familienzentrum ist von Donnerstag an die "Galerie im ZiM" zu sehen. (Foto: Christian Endt)

Es sind mehrere Begegnungen und Gedanken, die Carolina Veranen-Phillips auf die Idee gebracht haben, in Poing eine Galerie zu öffnen. Zusammen mit fünf anderen Künstlern stellt die 49-Jährige nun in der "Galerie im ZiM" Werke im Familienzentrum aus.

Von Johanna Feckl, Poing

Noch sind an den Wänden des Zentrums in der Mitte (ZiM) im Poinger Max-Mannheimer-Bürgerhaus Bilder zu sehen, die kreative Kinderhände gemalt haben. Spätestens am Donnerstagabend, 29. Februar, wird es hier jedoch anders aussehen. Dann nämlich läutet eine Vernissage ein neues ZiM-Projekt ein: die "Galerie im ZiM". Noch immer werden also Bilder die Wände säumen, dann aber werden es Werke von sechs erwachsenen Künstlerinnen und Künstlern aus Poing und der Umgebung sein.

Die Idee dazu stammt von Carolina Veranen-Phillips, gemeinsam mit Georg Stahl und Stefani Kling hat die 49-jährige Poingerin die "Galerie im ZiM" dann organisiert. Nach der Vernissage werden einen Monat lang Werke aller sechs Kunstschaffenden zu sehen sein - neben den drei Organisatoren sind das Natalia Sirin, Martina Plote und Martin Köbele. Danach sind die Bilder jeweils für sechs Wochen in Einzelausstellung zu sehen. "Wir fangen mit sechs Künstlern an", sagt Veranen-Phillips. "Aber vielleicht können wir damit auch Türen für andere, weitere Künstler öffnen." Zunächst ist die Galerie für die Dauer von einem Jahr angesetzt.

Carolina Veranen-Phillips malt selbst erst seit gut fünf Jahren, "ich habe nicht viel Erfahrung, aber ich probiere vieles aus", sagt sie selbst. (Foto: Christian Endt)

Wer von Veranen-Phillips erfahren möchte, wie es zur Idee für die "Galerie im ZiM" gekommen ist, dem erzählt sie von einigen Zufällen: Raphaëlle Zaneboni, Flötistin, und Susanne Maßmann, Pianistin, verbanden auf ihren Konzerten bereits seit einiger Zeit Musik und Poesie, als sie auf Facebook eines der Gemälde von Veranen-Phillips gesehen haben - zufällig - und sie schließlich kontaktierten. Das war die Geburtsstunde der Veranstaltung "Luft - Licht - Klangbild", in der die drei Künstlerinnen nunmehr visuelle Elemente mit musikalischen und poetischen verbanden. Eines dieser Konzerte fand in Poing statt, da lernte Veranen-Phillips ihre heutigen Co-Organisatoren Stefani Kling und Georg Stahl kennen.

Aus dieser zufälligen Begegnung entwickelte sich bald mehr, nämlich der "Poinger Künstlerstammtisch". So lautet der Name der Whatsapp-Gruppe, in der sich die drei mit weiteren Künstlerinnen und Künstlern austauschen. "Wir treffen uns regelmäßig, geben einander Tipps und überlegen, wie wir zusammenarbeiten können", sagt Veranen-Phillips. So hat die Gruppe bereits gemeinsam im Poinger City-Center ausgestellt - nur ein paar Meter weiter vom ZiM.

An drei Wänden werden die Werke der sechs Künstlerinnen und Künstler zu sehen sein

Und weil sie selbst gerne das Münchner Café Lozzi besucht - ein Kulturcafé, wo es neben Kaffee und Kuchen auf den Tischen auch Kunst in wechselnden Ausstellungen an den Wänden gibt - da dachte sie sich irgendwann: Warum soll es so etwas nur in der Großstadt geben? Als möglicher Ort sei ihr schnell das ZiM im Familienzentrum in den Sinn gekommen. "Das ZiM hat die Wände, und wir haben die Bilder", sagt sie. Also hat Veranen-Phillips den "Poinger Künstlerstammtisch" für ihre Idee begeistert und Sylvie Schramm, Geschäftsleiterin des ZiM, kontaktiert.

Drei Wände stehen für das Projekt fortan zur Verfügung. Dabei wird es eine große Vielfalt zu sehen geben, von Öl- über Aquarellmalerei bis hin zu Fotografie. Auch wenn die Werke mit keinem Preisschild versehen sein werden, könnte sich bei Interesse eine Nachfrage beim jeweiligen Künstler durchaus lohnen.

Die intuitive Malerei - hier das Werk "Herrliches Chaos" - liegt Carolina Veranen-Phillips besonders am Herzen, für die 49-Jährige ist das wie Therapie. (Foto: Privat)

Dass die 49-Jährige selbst überhaupt zum Malen gekommen ist, auch das ist ein Weg, der aus vielen Zufällen besteht. Aufgewachsen in Portugal und Frankreich - die Mutter ist Französin, der Vater Finnländer -, studierte sie Biologie in Frankreich, ging dann für ein Au-pair in die USA und arbeitete danach in England, dazwischen besuchte sie auf einer Weltreise gut 20 Länder. In England lernte sie ihren späteren Mann - ein Australier - und Vater ihrer beiden Kinder kennen, heute 14 und 16 Jahre alt. Auch damals malte sie schon, "aber nur am Wochenende und nur aus Spaß".

Dass Kunst aber irgendwie doch mehr für sie ist als ein Hobby, das wusste sie eigentlich schon immer. "Als ich in New York für mein Studium ankam, ging mein erster Ausflug ins Museum of Modern Art", erzählt sie. Doch um aus ihrem Kunst- und Kulturinteresse mehr zu machen, fehlte ihr die Zeit - bis es ihren Mann beruflich nach Deutschland verschlug und die beiden dort eine Familie gründeten.

Die 49-Jährige hat mehrere Bücher geschrieben, bevor sie sich der Malerei zuwandte

Als Veranen-Phillips ihren ersten Sohn bekam, hörte sie auf, in ihrem bezahlten Job zu arbeiten. Aber dass sie nicht Vollzeitmutter und -hausfrau sein möchte, wurde ihr auch schnell klar, wie sie sagt. Sie begann zu schreiben: Aus den Tagebüchern aus der Zeit ihrer Weltreise entstand das Buch "Minztee bis Maori Tattoo!". Aus ihrem Engagement für Geflüchtete - sie initiierte den Poinger Helferkreis - entstand "Haltestelle Poing, die Asylbewerber und ich - eine Leidenschaft", beides veröffentlichte sie im Selbstverlag. Und als die vierköpfige Familie von 2018 bis 2020 in Japan lebte, schrieb die 49-Jährige auch darüber ein Buch.

In Japan war es auch, als die Malerei immer mehr Raum in ihrem Leben einnahm. "Ich hatte Zeit und wollte so viel wie möglich über das Land lernen", sagt sie. Sie beschäftigte sich mit Kalligrafie und der japanischen Schrift - für westliche Verhältnisse hat das allein ja schon viel mit Malen zu tun. Zurück in Poing besuchte Veranen-Phillips dann einige Kurse, seit gut fünf Jahren malt sie nun. Auch das ist alles irgendwie zufällig passiert. "Eigentlich ist mein ganzes Leben Zufall", sagt die Künstlerin und lacht.

Projekttag zum ersten Geburtstag
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Vor einem Jahr hat die Poinger Künstlerin Natalja Herdt ihr Social-Media-Projekt "Hoffnungsfalter around the world" gestartet. Seitdem sind Papierschmetterlinge in mehr als 80 Orten auf der ganzen Welt freigelassen worden. Zum Jubiläum lädt die 48-Jährige nun in ihr Atelier.

Von Johanna Feckl

Das Ziel der 49-Jährigen ist nun, dass sie und ihre Kollegen des Künstlerstammtisches ihre Bilder zeigen können. "Es ist so schön für einen Künstler, seine Werke mit anderen zu teilen." Kunst sei für sie wie eine Therapie mit Farbe und Schönheit. So fertigt sie selbst gerne Bilder im Bereich der sogenannten intuitiven Malerei an: nicht nachdenken, kein Motiv im Kopf haben - einfach drauflosmalen. "Man lernt, dass es gut sein kann, die Kontrolle zu verlieren." Das sei eine Methode, um Neues in sich selbst zu entdecken, sich selbst zu entwickeln. Mal sehen, ob sich die "Galerie im ZiM" zu einer festen Anlaufstelle in Poing für Kunst entwickelt - zu wünschen wäre es.

Die "Galerie im ZiM" eröffnet mit einer Vernissage am Donnerstag, 29. Februar, Beginn ist um 19 Uhr, der Eintritt ist frei. Die Öffnungszeiten sind montags, mittwochs und freitags von 15 bis 17.30 Uhr sowie donnerstags von 9 bis 12 Uhr.

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