Bunter Advent:Weihnachten unter Palmen

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Carolina Paytuvi aus Poing mit ihrer Familie und Hündin Disi. (Foto: Privat)

Carolina Paytuvi aus Poing erzählt von den Festtagen in Caracas, mit traditioneller Musik, Bescherung am Strand und verschiedenen Weihnachtsgerichten.

Von Merlin Wassermann, Poing

Der eine montiert die Deko schon, sobald irgendwo das erste Mal "Last Christmas" erklingt, die andere macht auf den letzten Drücker am 23. noch schnell ein paar Platzerl ... Wir haben für unsere Serie "Bunter Advent" Menschen aus dem Landkreis Ebersberg gefragt, wie sie die Tage ab dem ersten Dezember begehen und was auf keinen Fall fehlen darf.

So schön die Adventszeit auch sein mag, wer hat sich nicht schon einmal gewünscht, der nass-grauen Kälte dieser Breiten zu entfliehen und Weihnachten am Strand und unter Palmen zu verbringen? Carolina Paytuvi aus Poing erinnert sich an ebensolche Feiertage, als sie noch in der venezolanischen Hauptstadt Caracas lebte. "Damals konnte man zwar auch echte Nordmanntannen importieren, die standen dann zu Hause. Aber wenn man ein Häuschen am Strand hatte, hat man den Baum natürlich nicht mitgenommen, also haben wir da halt manchmal eine Palme mit Lichterketten geschmückt. Manchmal gab es dann auch da die Bescherung", sagt die Elektroingenieurin lachend.

Beschert werden die Kinder in Venezuela wie hier vom Christkind, vom "Niño Jesús", allerdings am Morgen des 25. Dezember. Vier Kerzen kennt die Adventszeit dort hingegen nicht, es gibt aber eine besondere Weihnachtsmesse, die "Misa de Gallo", wörtlich übersetzt die "Hahnenmesse". Sie wird immer um Mitternacht vom 23. auf den 24. Dezember abgehalten. Irgendwann sind Carolina Paytuvi und ihre Familie aber nicht mehr hingegangen - zu gefährlich: "Wenn man nachts mit dem Auto hinfährt, wird es einem direkt geklaut."

Neben Weihnachtsmessen sind auch Krippen in Caracas allgegenwärtig. Die wichtigste wird dort immer im Kinderkrankenhaus "San Juan de Dios", das für seine Polio-Station berühmt geworden ist, aufgestellt. "Die muss man immer besuchen, das gehört einfach dazu."

Ebenfalls dazu gehört in die Vorweihnachtszeit eine besondere Musik. "Das sind die Gaitas, das ist sehr wichtig für die Weihnachtszeit. Das sind traditionelle Musikinstrumente aus der Region um den See Maracaibo, an der Grenze zu Kolumbien. Diese Musik läuft dann den ganzen Dezember durch im Radio. Ich finde das toll, andere können es irgendwann nicht mehr hören", sagt Paytuvi und lacht. Gaita heißt übersetzt eigentlich Dudelsack, beschreibt hier aber ein Ensemble an unterschiedlichen Instrumenten, die zusammen ähnlich wie Salsa klingen, "aber wir können das unterscheiden. Wir tanzen dann auch sehr gerne dazu".

Noch wichtiger als die Gaitas sind aber fast die weihnachtlichen Gerichte in Venezuela. Hier kommt Carolina Paytuvi ins Schwärmen: "Wir haben ganz verschiedene Platos Navideños: Es gibt Pan de Jamón, also Schinken in Blätterteig; Spanferkel, das aber nicht wie hier in Biersauce serviert wird, sondern in seinem eigenen Sud mit Gewürzen; und natürlich die Hallacas." Letztere (sprich: "Ajakas") sind besonders wichtig. Auf ein Bananenblatt kommt Maismehl, darauf wiederum eine Art Eintopf aus Rind oder Schwein. Das Ganze wird zusammengebunden und gedämpft, heraus kommt eine schmackhafte Tasche.

"Da ist die ganze Familie immer mit beschäftigt, genügend herzustellen. Einer kümmert sich um die Blätter, ein anderer rollt, eine andere macht den Eintopf auf das Mehl und so weiter. Das ist wahnsinnig aufwendig, aber macht auch großen Spaß", erzählt Paytuvi. Ihre Oma habe ihr zudem die Geschichte des Gerichts näher gebracht: Es sei eine Mischung aus traditioneller indigener und afrikanischer Küche, ein Resteessen der Sklaven und Unterdrückten in Venezuela, die verwerten mussten, was sie kriegen konnten.

Anders als Palmen und traditionelle Musikinstrumente konnte Paytuvi die kulinarischen Bräuche - zumindest teilweise - mit nach Deutschland bringen: "Ich habe angefangen, die Hallacas mit ein paar Freundinnen zuzubereiten, sie sind schon richtige Profis."

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